I. Die Verletzungshandlung.
Rn 10
Die Verletzungshandlung muss über das zu duldende Verhalten (BGH NZM 09, 658 [BGH 14.07.2009 - VIII ZR 165/08]) hinausgehen, aber nicht das Maß der Pflichtverletzung erreichen, das zu einer außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigt, sind deren Voraussetzungen (§ 543) aber erfüllt, kann auch – hilfsweise – eine fristgemäße ordentliche Kündigung erklärt werden; str. LG Berlin ZMR 18, 38. Diese wird bei Zahlungsverzug (BGH NJW 07, 428) und gleichzeitiger ständig unpünktlicher Mietezahlung (LG Aachen ZMR 13, 797; zu Bagatellverstoß LG Berlin NZM 18, 36; Samstag ist kein Bank- und auch kein Werktag BGH ZMR 10, 948, das gilt auch für Altverträge; Oldbg ZMR 91, 427 = WuM 91, 467, anders wenn unverschuldet KG DWW 09, 26) auch nicht durch Nachzahlung des Mieters innerhalb der 2-monatigen Schonfrist unwirksam (Salaw-Hanslmaier/Hanslmaier, ZMR 23, 17; BGH ZMR 23, 101, ZMR 05, 356 m Anm Schläger; zur streitigen Minderungshöhe LG Freiburg ZMR 13, 347; LG Krefeld ZMR 13, 354; Häublein/Lehmann-Richter JZ 23, 89). Ist jedoch die Heilung einer fristlosen Kündigung nach §§ 543, 569 erfolgt, kann zeitlich später nicht auf denselben Zahlungsverzug eine ordentliche Kündigung nach § 573 II Nr 1 gestützt werden (LG Berlin GE 94, 399). Eine ordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzugs ist auch unterhalb der für die fristlose Kündigung geltenden Grenze des § 543 II Nr 3 (BGH MDR 22, 227; zu § 543 vgl Fleindl ZMR 23, 425) möglich, sofern der Mietrückstand zumindest eine Monatsmiete übersteigt und die Verzugsdauer mehr als einen Monat beträgt (für Bagatellforderung BGH GE 21, 241; auch § 569 III Nr 3 gilt hier nicht (BGH ZMR 13, 104; aA LG Berlin GE 12, 548). Kündigt der Mieter einen separaten Betreuungsvertrag, liegt darin noch kein Kündigungsgrund (LG Neubrandenburg WuM 12, 455). Auch das längere Nichtweiterleiten von Transferleistungen (vgl Ramm ZMR 18, 401) für Betriebskostennachzahlungen genügt (LG Berlin GE 12, 831); falsche Mieterselbstauskunft (LG Lüneburg ZMR 19, 868). Erheblichkeit der Pflichtverletzung kann fehlen, wenn der Vermieter selbst vertragswidrig vorher agierte (LG Berlin DWW 18, 304). Geringe Verstöße gegen die Mülltrennung reichen nicht (AG Hambg-Blankenese ZMR 23, 470).
Rn 11
Bei einer Mehrheit von Mietern, von denen nur einer stört, ist eine Teilkündigung unzulässig und eine Gesamtkündigung berechtigt; der Mitmieter muss sich über § 278 das Verhalten des Störers zurechnen lassen. Der Vermieter kann jedoch nach § 242 seinerseits verpflichtet sein, dem vertragstreuen Mieter den Abschluss eines neuen Mietvertrages ggf zu den bisherigen Bedingungen anzubieten (LG Darmstadt ZMR 83, 308), wenn der Wegfall des zweiten Mieteschuldners zumutbar ist oder kompensiert wird.
II. Abmahnungsnotwendigkeit.
Rn 12
Nach dem Gesetzeswortlaut ist eine Abmahnung nicht erforderlich (so auch BGH ZMR 08, 196). Die Fortsetzung eines an sich nicht erheblichen vertragswidrigen Verhaltens trotz erfolgter Abmahnung kann dieses Verhalten jedoch zu einem erheblichen machen (BGH ZMR 21, 31; LG Berlin ZMR 21, 883 für Lärm; LG München I ZMR 18, 770; LG Hambg WuM 77, 30, LG Köln WuM 90, 154). Im Einzelfall scheitern jedoch Kündigungen an der fehlenden Abmahnung (AG Pinneberg NZM 09, 432, LG Lüneburg WuM 95, 706, BGH ZMR 08, 196, sowie Looff ZMR 08, 680 und N. Fischer WuM 08, 251).
III. Verschulden.
Rn 13
Der Mieter hat – wenn er keinen unverschuldeten Rechtsirrtum (LG Berlin GE 09, 1126) beweist – Vorsatz und Fahrlässigkeit nach § 276 zu vertreten. Er haftet für Erfüllungsgehilfen nach § 278 (BGH ZMR 07, 103). Nach einer Entscheidung des KG (ZMR 00, 822) soll immer eigenes Verschulden des Mieters erforderlich sein, die Zurechnung des Verschuldens eines Erfüllungsgehilfen ausgeschlossen (aA MüKo/Häublein § 573 Rz 63). Wiederholtes bewusstes Dulden des Fehlverhaltens der Angehörigen stellt aber eigenes Verschulden dar. Verantwortungsfähigkeit auf Seiten des Mieters ist notwendig. Bei gravierendem Fehlverhalten und fehlender Schuldfähigkeit kommt eine Kündigung über § 573 I in Betracht (Kompensation fehlenden Verschuldens durch schwereren Vertragsverstoß).
IV. Einzelfälle möglicher ordentlicher Kündigung.
Rn 14
Zahlungsverzug des Mieters (zB mit einer Monatsmiete, vgl Hinz, 10 Jahre MietRRefG S 758) kann auch unterhalb der Werte von § 543 II 1 Nr 3 zur ordentlichen Kündigung berechtigen. Zur Kombination von fristloser Zahlungsverzugs- und hilfsweise erklärter ordentlicher Kündigung bei Schonfristzahlung vgl LG Berlin ZMR 18, 590; BGH ZMR 19, 13; aA LG Berlin ZMR 18, 38. Überbelegung der Wohnung (LG Bonn NJW-RR 91, 846; LG Köln WuM 81, 161). Für den Fall weiterer drei Kinder vgl Hamm ZMR 83, 66. Grds genügt eine erhebliche Überbelegung durch Zuzug von Kindern des Mieters allein nicht (BGH ZMR 93, 508), unerlaubte Untervermietung ohne Anfrage an Vermieter (BGH ZMR 11, 453; LG Berlin GE 18, 511).
Rn 15
Schwere Geruchsbelästigung (AG Bonn ZMR 15, 38) im Gegensatz zum Rauchen (LG Ddorf ZMR 16, 873), wiederholte Verletzung der Obhutspflicht (mehrfacher Wasserschaden; BGH ZMR 16, 523) trotz Abmahnung (AG Achern DWW 74, 237; AG Köln WuM 80, 13...