I. Erwerb (§ 577a Ia 1 Nr 1).
1. Sinn und Zweck.
Rn 15
§ 577a Ia 1 Nr 1 (dazu LG München I WuM 19, 657; DNotI-Report 21, 41) beendet das ›Münchener Modell‹, mit dem bislang unbeanstandet (vgl ua BGH NJW-RR 12, 237 Rz 21; NJW 09, 2738 Rz 13 = ZMR 10, 99; NJW 07, 2845 Rz 12) § 577a I im Ergebnis umgangen wurde. Nach dem Münchener Modell erwirbt eine Personengesellschaft oder erwerben Mehrere (Miteigentümergemeinschaft) die Mietsache und machen für einen ihrer Gesellschafter oder einen von den Miteigentümern berechtigte Interessen nach § 573 II Nr 2 oder Nr 3 geltend. Nachdem der Gesellschafter bzw der weitere Erwerber die Mieträume inne hat, wird die Mietsache dann nach § 8 oder § 3 WEG – wie geplant – in Wohnungseigentum umgewandelt ohne dass § 577a I entgegensteht (Klühs RNotZ 12, 555; Bruns ZMR 12, 933, 936). § 577a Ia erfordert nicht, dass zusätzlich zu der nach Überlassung an den Mieter erfolgten Veräußerung an eine Personengesellschaft an dem vermieteten Wohnraum Wohnungseigentum begründet worden ist oder der Erwerber zumindest die Absicht hat, eine solche Wohnungsumwandlung vorzunehmen (BGH ZMR 18, 569).
2. Entsprechende Anwendung der Sperrfrist.
Rn 16
Durch § 577 Ia 1 Nr 1 ist die erwerbende Personengesellschaft bzw sind die Erwerber gehindert, innerhalb der Frist § 577a I berechtigte Interessen eines Gesellschafters oder Miteigentümers – an denen der Sache nach nicht gerührt wird – geltend zu machen. Dass Vermietermehrheiten bzw eine Personengesellschaft eine Kündigung wegen Eigenbedarfs eines Miteigentümers bzw Gesellschafters auszusprechen können (Rn 15), gilt weiterhin (BTDrs 17/10485, 26) – wenn die Erklärung auch unwirksam ist, vgl Rn 13. Bereits der Erwerb vermieteten Wohnraums, also die Eigentumsumschreibung durch eine Personengesellschaft (GbR, OHG, KG) oder eine präsumtive Miteigentümergemeinschaft iSv §§ 741 ff, 1008 ff, löst indes gem § 577a IIa Var 1 die Sperrfrist des § 577a I aus (Fleindl NZM 12, 57, 62). Ob die Absicht besteht, die Mietsache in Wohnungseigentum umzuwandeln, ist unerheblich (aA Bruns ZMR 12, 933, 936).
II. Entziehung vertragsgemäßen Gebrauchs (§ 577a Ia 1 Nr 2).
Rn 17
§ 577 Ia 1 Nr 2 sorgt dafür, dass die Sperrfrist des § 577a nicht über andere rechtliche Konstruktionen als gerade den Erwerb durch eine Personengesellschaft oder Miteigentümergemeinschaft umgangen werden kann. Zu den angesprochenen dinglichen Rechten, durch deren Ausübung dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch entzogen wird, s § 567 Rn 3.
Rn 18
Die Sperrfrist beginnt gem § 577a IIa Var 2 bereits mit der Belastung des Grundstücks. Ob die Absicht besteht, die Mietsache in Wohnungseigentum umzuwandeln, ist auch hier unerheblich.
III. Ausnahmen (§ 577 Ia 2).
1. Familien und Haushaltsprivileg (§ 577 Ia 2 Var 1).
Rn 19
§ 577 Ia 1 ist gem § 577 Ia 2 Var 1 nicht anzuwenden, wenn die (= sämtliche) Gesellschafter oder Erwerber derselben Familie (bejahend für Cousin: LG Berlin NZM 24, 37, zumindest bis zum Inkrafttreten des MoPeG zum 1.1.24) oder demselben Haushalt angehören (BGH, ZMR 21, 29 für geschiedene Eheleute). § 577 Ia 2 Var 1 drängt für diese das Schutzinteresse des Mieters zurück, weil das Interesse, den Mieter zu verdrängen, insoweit vorrangig erscheint (BTDrs 17/10485, 26). Gesellschafter einer OHG und KG ist, wer nach § 106 II Nr 2a HGB im Handelsregister eingetragen ist oder als Treugeber die Stellung eines ›Quasigesellschafters‹ hat (dazu BGH NZG 11, 1432 [BGH 11.10.2011 - II ZR 242/09] Rz 17 = MDR 12, 40). Die Frage, wer Gesellschafter einer GbR ist, kann nur im Einzelfall beantwortet werden. Entsprechendes gilt für den Erwerberkreis. Abzustellen ist jeweils auf den Zeitpunkt des Erwerbs (= Umschreibung im Grundbuch) der vermieteten Räume durch die Personengesellschaft oder Miteigentümergemeinschaft (wie hier Abramenko § 6 Rz 15). Spätere Veränderungen im Gesellschafterbestand sind für die Privilegierung unbeachtlich – es sei denn, diese waren von Anfang an zur Umgehung des § 577a Ia vorgesehen. Zum Begriff ›Haushaltsangehörige‹ bzw ›Familie‹ s § 555d Rn 4 und § 573 Rn 19 und Rn 20.
2. Wohnungseigentum war schon begründet (§ 577 Ia 2 Var 2).
Rn 20
Der Mieter bedarf nicht des Schutzes nach § 577a I und zusätzlich nach § 577a Ia. § 577 Ia 2 Var 2 stellt vor diesem Hintergrund klar (BTDrs 17/10485, 26), dass § 577 Ia 1 nicht anzuwenden ist, wenn an der Mietsache bereits vor Überlassung an den Mieter Wohnungseigentum nach §§ 3, 8 WEG begründet worden war.