a) Im Arbeitsrecht.
Rn 16
Selbstständig ist, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (vgl § 84 I 2 HGB). Dies gilt allg für die Abgrenzung von freien Dienstverhältnissen und Arbeitsverhältnissen (BAG NZA 20, 1470 [BAG 17.06.2020 - 7 AZR 398/18]; iE BLDH/Lingemann Kap 9 Rz 1 ff). Die Vertragsfreiheit geht nicht so weit, dass ein Vertragsverhältnis, das aufgrund objektiver Würdigung der Einzelumstände als Arbeitsverhältnis zu beurteilen ist, als freies Dienstverhältnis vereinbart werden kann (BAG NZA 13, 903 [BAG 17.04.2013 - 10 AZR 272/12]). Ist indes ein Arbeitsverhältnis vereinbart, kommt es auf die tatsächliche Ausübung des Weisungsrechtes nicht an (BAG NZA 14, 1293 [BAG 17.09.2014 - 10 AZB 43/14]; 07, 580 [BAG 25.01.2007 - 5 AZB 49/06]).
Rn 17
Wenn sich der Status nicht aufgrund des Vertrages und der tatsächlichen Durchführung einordnen lässt, ist der im Vertrag niedergelegte Wille der Parteien maßgeblich (BAG NZA 20, 1470 [BAG 17.06.2020 - 7 AZR 398/18]; NZA-RR 16, 288). Maßgebliche Kriterien für ein Arbeitsverhältnis sind: Weisungsgebundenheit hinsichtlich Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit (§ 611a I 2; BAG NZA 13, 903) bzw weisungsgebundene fremdbestimmte Arbeit in persönlicher Abhängigkeit aufgrund Vertrages (BAG NZA 21, 552; NJW 13, 1692 [BAG 27.09.2012 - 2 AZR 838/11]). Indizien sind evtl auch Einrichtung eines Arbeitsplatzes für den Dienstverpflichteten (BAG ArbRAktuell 10, 173), überhaupt Eingliederung in eine Betriebsorganisation (BAG NZA 13, 903 [BAG 17.04.2013 - 10 AZR 272/12]; 12, 731 [BAG 15.02.2012 - 10 AZR 301/10]), Pflicht, die Leistung grds persönlich zu erbringen (BAG NZA 21, 552; 02, 787 [BAG 12.12.2001 - 5 AZR 253/00]) und Überwachung des Dienstverpflichteten, soweit dies für ihn mit nachteiligen Konsequenzen verknüpft ist (BAG NZA-RR 07, 424 [BAG 14.03.2007 - 5 AZR 499/06]; NZA 00, 1102 [BAG 19.01.2000 - 5 AZR 644/98]). Gegen ein Arbeitsverhältnis und damit für ein freies Dienstverhältnis spricht: fehlende oder eingeschränkte Weisungsgebundenheit (s.o.); weitere Indizien können sein: freie Entscheidung des Dienstverpflichteten über die Annahme von Aufträgen des Dienstherrn (BAG NZA 92, 835 [BAG 29.01.1992 - 7 ABR 25/91]), Möglichkeit, sich nach eigenem Ermessen von anderen Personen vertreten zu lassen (BAG NZA-RR 16, 288; 11, 112) sowie eigenes Unternehmerrisiko (BSG NZA 91, 907 [BSG 12.12.1990 - 11 RAr 73/90]). Indiz für die Einordnung kann auch die Eigenart der jeweiligen Tätigkeit sein, wobei allerdings manche Tätigkeiten sowohl abhängig als auch frei erbracht werden können (BAG NZA-RR 16, 288 [BAG 11.08.2015 - 9 AZR 98/14]). Bei untergeordneten, einfachen Arbeiten wird eher eine Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation angenommen als bei gehobenen Tätigkeiten (BAG NZA 21, 552; 00, 447; DB 97, 2437; BFHE 169, 154; 144, 225).
b) Im Steuerrecht.
Rn 18
Wird steuerrechtlich ein Arbeitsverhältnis angenommen, begründet dies die Pflicht des ArbG zur Abführung von Lohnsteuer (§ 41a I 1 EStG). Die Abgrenzung folgt im Wesentlichen den vorgenannten (Rn 17) Kriterien.
c) Im Sozialversicherungsrecht.
Rn 19
Nicht identisch, aber im Wesentlichen deckungsgleich mit dem Arbeitsverhältnis ist das sozialversicherungsrechtliche Beschäftigungsverhältnis gem § 7 I SGB IV. Es begründet die Pflicht des ArbG zur Abführung der Sozialversicherungsbeiträge (Renten-, Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung). Im Vordergrund steht, ob der Dienstnehmer ein eigenes Unternehmerrisiko trägt, dem entsprechende unternehmerische Chancen gegenüberstehen (BSG NZS 19, 785 [BSG 04.06.2019 - B 12 R 2/18 R]; 17, 664, 784 [BSG 31.03.2017 - B 12 R 7/15 R]). Zu Vorstand und Geschäftsführer s Rn 31 f. Die Beteiligten können gem § 7a SGB IV zur Klärung des sozialversicherungsrechtlichen Status eine Statusfeststellung beantragen (Rn 23).