Rn 18
Über § 14 II, IIa TzBfG, § 21 BEEG, § 6 PflegeZG und das WissZeitVG hinaus kann ein sachlicher Grund (§ 14 I 1 TzBfG) die Befristung rechtfertigen. Bei mehreren Befristungen ist zwar formal nur die Wirksamkeit der letzten Befristung zu prüfen (BAG NZA 16, 949; 11, 34 [BAG 17.11.2010 - 7 AZR 443/09 (A)]), zur Vermeidung von Missbrauch sind jedoch auch Zahl und Dauer der befristeten Verträge nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs (§ 242) zu berücksichtigen (BAG NZA 17, 1600, Anm Krieger ArbR 17, 545; 17, 382; 16, 354 [BAG 24.02.2016 - 7 AZR 182/14]; EuGH NZA 16, 1323 – Popescu; NJW 12, 989 – Kücük). Bei einer Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses von mehr als 8 Jahren oder mehr als 12 Verlängerungen, oder von 6 Jahren bei mehr als 9 Verlängerungen muss der AN idR weitere Umstände für einen Missbrauch vortragen; bei einer Gesamtdauer von über 10 Jahren oder mehr als 15 Vertragsverlängerungen oder von mehr als 8 Jahren und über 12 Vertragsverlängerungen ist dies indiziert (BAG NZA 17, 1600 [BAG 17.05.2017 - 7 AZR 420/15]; 17, 382 [BAG 26.10.2016 - 7 AZR 135/15]). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prognose ist der Vertragsschluss, späterer Wegfall des Sachgrundes schadet nicht (BAG NZA 17, 1340 [BAG 17.05.2017 - 7 AZR 301/15]). § 14 I TzBfG nennt nicht abschließend (BAG NZA 18, 663) und tarifdispositiv (II 3, BAG NZA 13, 515 [BAG 05.12.2012 - 7 AZR 698/11]) folgende Befristungsgründe:
Rn 19
(1.) § 14 I 2 Nr 1 TzBfG: vorübergehender betrieblicher Bedarf an der Arbeitsleistung (kein Dauerbedarf: BAG NZA 19, 1709; 14, 150 [BAG 11.09.2013 - 7 AZR 107/12]): 2 Fallgruppen: a) vorübergehender Mehrbedarf, zB vorübergehender Anstieg der Daueraufgabe, zeitweise übernommene Zusatzaufgabe (BAG NZA 10, 633 [BAG 17.03.2010 - 7 AZR 640/08]), zeitbegrenztes Projekt (BAG NJW 16, 3388 [BAG 27.07.2016 - 7 AZR 545/14]; NZA 15, 301 [BAG 24.09.2014 - 7 AZR 987/12]), Saisonarbeiten (BAG NZA 20, 374 [BAG 19.11.2019 - 7 AZR 582/17]), zB Bademeister, Ernte, Weihnachts-, Urlaubsgeschäft, Inventur, Jahresabschlussarbeiten, oder b) absehbarer Minderbedarf, zB Einführung einer neuen technischen Anlage, Ablauf eines Projektes ohne Folgeaufträge (BAG NJW 08, 538), nicht: Betriebsteilübergang (BAG NZA 09, 723 [BAG 30.10.2008 - 8 AZR 855/07]). Maßgeblich ist die Prognoseentscheidung bei Vertragsschluss, nach der der Mehrbedarf wegfällt, sobald das Arbeitsverhältnis ausgelaufen ist (BAG NZA 19, 1709; 15, 362; 14, 480). Prognosefehler ist unschädlich, solange Sachgrund nicht vorgeschoben ist (BAG DB 08, 2598).
Rn 20
(2.) § 14 I 2 Nr 2 TzBfG: einmalige (BAG DB 08, 131) Befristung im Anschluss an Ausbildung oder Studium: soll dauerhafte Übernahme in ein Beschäftigungsverhältnis erleichtern (BTDrs 14/4374, 19). Nahtloser Übergang von Studium in Aufnahme der Tätigkeit ist nicht erforderlich, wohl aber enger zeitlicher Zusammenhang (drei bis vier Monate, Annuß/Thüsing/Maschmann § 14 Rz 31).
Rn 21
(3.) § 14 I 2 Nr 3 TzBfG: vorübergehender Vertretungsbedarf besteht, wenn der ArbG mit der Rückkehr eines vorübergehend ausfallenden Mitarbeiters zB durch Krankheit, Urlaub, Abordnung (BAG NZA 17, 1253 [BAG 12.04.2017 - 7 AZR 436/15]; 14, 26 [BAG 10.07.2013 - 7 AZR 761/11]) Schwangerschaft oder Elternzeit, § 21 BEEG, rechnet (BAG NZA 16, 2057; 11, 1155 [BAG 06.10.2010 - 7 AZR 397/09]). Erforderlich ist eine Prognose des ArbG über den voraussichtlichen Wegfall des Vertretungsbedarfs durch Rückkehr des Vertretenen (BAG NZA 15, 928; 14, 430). Unerheblich ist, ob der Zeitpunkt des Ablaufs der Befristung (›wann‹) mit dem der Wiederkehr der Stammkraft übereinstimmt, es sei denn, der ArbG hat erhebliche Zweifel an der Rückkehr der Stammkraft (›ob‹) (BAG NZA 15, 928 [BAG 29.04.2015 - 7 AZR 310/13]). Bloße Unsicherheit über die künftige Auftragsentwicklung, vorgesehener Einsatz von Leiharbeitnehmern (BAG NZA 07, 566 [BAG 17.01.2007 - 7 AZR 20/06]) oder durch Stammpersonal auf Dauer nicht gedeckter Bedarf (BAG NZA 10, 633 [BAG 17.03.2010 - 7 AZR 640/08]) reichen nicht aus. Ausfall des Vertretenen muss für Einstellung der Vertretung kausal sein (BAG NZA 18, 858, 1003), aber nach außen erkennbare ›gedankliche Zuordnung‹ der Aufgaben zu Vertretenem reicht aus (BAG NZA 18, 858, 1003); auch Vertretungsketten sind zulässig (BAG NZA 16, 354 [BAG 07.10.2015 - 7 AZR 944/13]; 14, 430 [BAG 06.11.2013 - 7 AZR 96/12]).
Rn 22
(4.) § 14 I 2 Nr 4 TzBfG: die Befristung wegen Eigenart der Arbeitsleistung ist typisch bei programmgestaltenden Mitarbeitern von Rundfunkanstalten (BAG NJOZ 18, 1223; NZA 14, 1018 [BAG 04.12.2013 - 7 AZR 457/12]), künstlerischen Berufen (Schauspieler, Tänzer etc; Opolony NZA 01, 1351) und Sportlern (Bundesliga-Lizenzspieler, BAG NZA 18, 703), nicht dagegen bei Führungskräften (auch hochrangigen) oder leitenden Angestellten (BAG NZA 22, 1525 [BAG 01.06.2022 - 7 AZR 151/21]).
Rn 23
(5.) § 14 I 2 Nr 5 TzBfG: für eine Probezeit kann die Befristung sachlich gerechtfertigt sein. Die Dauer muss sich am Befristungsgrund orientieren, kann im Einzelfall ...