Gesetzestext
(1) Behandelnder und Patient sollen zur Durchführung der Behandlung zusammenwirken.
(2) 1Der Behandelnde ist verpflichtet, dem Patienten in verständlicher Weise zu Beginn der Behandlung und, soweit erforderlich, in deren Verlauf sämtliche für die Behandlung wesentlichen Umstände zu erläutern, insbesondere die Diagnose, die voraussichtliche gesundheitliche Entwicklung, die Therapie und die zu und nach der Therapie zu ergreifenden Maßnahmen. 2Sind für den Behandelnden Umstände erkennbar, die die Annahme eines Behandlungsfehlers begründen, hat er den Patienten über diese auf Nachfrage oder zur Abwendung gesundheitlicher Gefahren zu informieren. 3Ist dem Behandelnden oder einem seiner in § 52 Absatz 1 der Strafprozessordnung bezeichneten Angehörigen ein Behandlungsfehler unterlaufen, darf die Information nach Satz 2 zu Beweiszwecken in einem gegen den Behandelnden oder gegen seinen Angehörigen geführten Straf- oder Bußgeldverfahren nur mit Zustimmung des Behandelnden verwendet werden.
(3) 1Weiß der Behandelnde, dass eine vollständige Übernahme der Behandlungskosten durch einen Dritten nicht gesichert ist oder ergeben sich nach den Umständen hierfür hinreichende Anhaltspunkte, muss er den Patienten vor Beginn der Behandlung über die voraussichtlichen Kosten der Behandlung in Textform informieren. 2Weitergehende Formanforderungen aus anderen Vorschriften bleiben unberührt.
(4) Der Information des Patienten bedarf es nicht, soweit diese ausnahmsweise aufgrund besonderer Umstände entbehrlich ist, insbesondere wenn die Behandlung unaufschiebbar ist oder der Patient auf die Information ausdrücklich verzichtet hat.
A. Normzweck.
Rn 1
Kern der Vorschrift ist die Konkretisierung des Verhältnisses der Vertragsparteien. Zur Sicherung einer möglichst optimalen Behandlung dient I der Begründung und Fortentwicklung des zwischen den Vertragsparteien bestehenden Vertrauensverhältnisses. Die therapeutische und wirtschaftliche Information nach II und III sollen gewährleisten, dass der Patient schon zu Beginn der Behandlung in verständlicher Weise über die für ihn wesentlichen Aspekte aufgeklärt wird (BTDrs 17/10488 S 21).
B. Mitwirkungsobliegenheit.
I. Inhalt.
Rn 2
Das Zusammenwirken der Parteien ist als bloße Soll-Vorschrift ausgestaltet. Im Sinne des dem PatientenRG zugrunde liegenden Partnerschaftsgedankens (›Compliance‹; BTDrs 17/10488 S 21; Olzen/Metzmacher JR 12, 271, 273) sind die Vertragsparteien zur effektiven Unterstützung der Behandlung angehalten, wobei den Patienten vorrangig die Obliegenheit (nicht Pflicht) trifft, für die Behandlung relevante Umstände über seine Person und körperliche Verfassung zeitnah mitzuteilen und durch Befolgung der Anordnungen und Ratschläge des Behandelnden am Heilungsprozess mitzuwirken.
II. Rechtsfolgen.
Rn 3
Ein Verstoß gegen die Mitwirkungsobliegenheit kann im Schadensfalle als Mitverschulden nach § 254 gewertet werden (Erman/Rehborn/Gescher Rz 3).
C. Sicherungsinformation.
I. Begriff.
Rn 4
II kodifiziert die sog therapeutische bzw Sicherungsaufklärung. Zur begrifflichen Unterscheidung von der sog Selbstbestimmungsaufklärung (§ 630e) spricht die Norm allerdings von der ›Information‹ des Patienten, ohne dass sich durch diese begriffliche Änderung der Inhalt der richterrechtlich geprägten Verpflichtung zur Sicherungsaufklärung ändern soll (BTDrs 17/10488 S 21; BGH NJW 21, 2364 [BGH 27.04.2021 - VI ZR 84/19] Rz 10).
II. Inhalt.
Rn 5
Die Aufzählung ist nicht abschließend (›insbesondere‹). Ausgerichtet am Zweck der Sicherungsinformation hat sich die Information auf alle Aspekte zu beziehen, die für die Sicherung der Behandlung und die Gewährleistung der notwendigen Mitwirkung des Patienten am Heilungsprozess erforderlich sind (Geiß/Greiner B. Rz 95 ff; § 823 Rn 214). Hierzu gehören bspw die Information über die Dringlichkeit der Maßnahme und die Folge ihres Unterbleibens (BGH NJW 21, 2364 Rz 11), über die Einnahme von Medikamenten und über die mit diesen verbundenen Nebenwirkungen (BGHZ 162, 320), der Hinweis, bei Auftreten bestimmter Symptome erneut einen Arzt aufzusuchen (BGH NJW 05, 427, 428 [BGH 16.11.2004 - VI ZR 328/03]) oder die Aufklärung über Versagerquoten bei Sterilisationen (BGH NJW 08, 2846, 2849). Zur Sicherungsinformation zählt darüber hinaus auch die Pflicht des Behandelnden, eine Patientin, der zur Vorbeugung gegen eine Antikörperbildung Immunglobulin injiziert wurde, darauf hinzuweisen, dass sich bei ihr dennoch Antikörper bilden und daraus schwerwiegende Risiken für eine erneute Schwangerschaft erwachsen können (BGH NJW 89, 2320 [BGH 28.03.1989 - VI ZR 157/88]). Den Behandelnden kann überdies eine Verpflichtung zur nachträglichen Sicherungsinformation bei späteren Behandlungen nicht nur ggü dem Patienten, sondern ebenfalls ggü zum Zeitpunkt der ersten Behandlung noch unbekannten Angehörigen bzw Ehe-/Lebenspartnern treffen (BGH NJW 08, 2846, 2849; BGHZ 163, 209).
III. Zeitpunkt und Form.
Rn 6
Die Informationspflicht trifft den Behandelnden zu Beginn und ggf zusätzlich im Laufe der Behandlung. Die Information hat in einer für den Patienten verständlichen Art und Weise zu erfolgen. Eine bestimmte Form der Sicherungsaufklärung i...