Gesetzestext
(1) 1Der Behandelnde ist verpflichtet, den Patienten über sämtliche für die Einwilligung wesentlichen Umstände aufzuklären. 2Dazu gehören insbesondere Art, Umfang, Durchführung, zu erwartende Folgen und Risiken der Maßnahme sowie ihre Notwendigkeit, Dringlichkeit, Eignung und Erfolgsaussichten im Hinblick auf die Diagnose oder die Therapie. 3Bei der Aufklärung ist auch auf Alternativen zur Maßnahme hinzuweisen, wenn mehrere medizinisch gleichermaßen indizierte und übliche Methoden zu wesentlich unterschiedlichen Belastungen, Risiken oder Heilungschancen führen können.
(2) 1Die Aufklärung muss
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mündlich durch den Behandelnden oder durch eine Person erfolgen, die über die zur Durchführung der Maßnahme notwendige Ausbildung verfügt; ergänzend kann auch auf Unterlagen Bezug genommen werden, die der Patient in Textform erhält, |
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so rechtzeitig erfolgen, dass der Patient seine Entscheidung über die Einwilligung wohlüberlegt treffen kann, |
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für den Patienten verständlich sein. |
2Dem Patienten sind Abschriften von Unterlagen, die er im Zusammenhang mit der Aufklärung oder Einwilligung unterzeichnet hat, auszuhändigen.
(3) Der Aufklärung des Patienten bedarf es nicht, soweit diese ausnahmsweise aufgrund besonderer Umstände entbehrlich ist, insbesondere wenn die Maßnahme unaufschiebbar ist oder der Patient auf die Aufklärung ausdrücklich verzichtet hat.
(4) Ist nach § 630d Absatz 1 Satz 2 die Einwilligung eines hierzu Berechtigten einzuholen, ist dieser nach Maßgabe der Absätze 1 bis 3 aufzuklären.
(5) Im Fall des § 630d Absatz 1 Satz 2 sind die wesentlichen Umstände nach Absatz 1 auch dem Patienten entsprechend seinem Verständnis zu erläutern, soweit dieser aufgrund seines Entwicklungsstandes und seiner Verständnismöglichkeiten in der Lage ist, die Erläuterung aufzunehmen, und soweit dies seinem Wohl nicht zuwiderläuft. Absatz 3 gilt entsprechend.
A. Normzweck.
Rn 1
Im Zusammenhang mit der Einwilligung dient die Aufklärungspflicht dem Schutz des Selbstbestimmungsrechts (Art 2 I iVm. Art 1 I GG) des Patienten.
B. Selbstbestimmungsaufklärung.
I. Inhalt.
1. Aufklärung ›im Großen und Ganzen‹.
Rn 2
Die Selbstbestimmungsaufklärung ist Grundlage der Einwilligung (§ 823 Rn 210). Sie verpflichtet den Behandelnden zur patienten- und eingriffsbezogenen Aufklärung über alle Umstände, die für die Entscheidung über die Durchführung der Behandlung wesentlich sind (Geiß/Greiner C. Rz 4 ff, 18 ff, 85 ff; Laufs/Kern/Rehborn/Kern § 66 Rz 16 ff). I 2 führt idS nicht abschließend diejenigen Aspekte an, mit denen der Patient ›im Großen und Ganzen‹ (BGH NJW 71, 1887; MedR 11, 809, 810 [BGH 22.12.2010 - 3 StR 239/10]) darüber zu unterrichten ist, was mit ihm geschehen soll. Die Aufklärungspflicht des Behandelnden über die Möglichkeit schädlicher Folgen eines Eingriffs ist dabei umso weitgehender, je weniger der Eingriff aus der Sicht eines vernünftigen Patienten vordringlich oder geboten erscheint. Die Verpflichtung zur Aufklärung entfällt daher nicht deswegen, weil die Wahrscheinlichkeit erheblicher Folgen des Eingriffs zahlenmäßig sehr gering ist (BGH NJW 72, 335; NJW-RR 17, 533 [BGH 11.10.2016 - VI ZR 462/15]); wobei sich die Wahrscheinlichkeitsangaben grds nicht an den in Beipackzetteln für Medikamente verwendeten Häufigkeitsdefinitionen zu orientieren haben (BGH NJW 19, 1283, 1284f [BGH 29.01.2019 - VI ZR 117/18]). Vielmehr kommt auch bei potentiell geringeren Risiken eine Aufklärung über diese Folgen umso eher in Betracht, je mehr die Behandlung nicht medizinisch indiziert, sondern rein kosmetischer Natur ist (BGH NJW 72, 335, 337 [BGH 16.11.1971 - VI ZR 76/70]; 77, 337). Strenge Anforderungen an die Aufklärung gelten überdies bei altruistischen Eingriffen, wie Blutspenden (BGHZ 166, 336, 340), erst recht bei Lebendorganspenden (BGH NJW 19, 1076, 1081; 20, 2334; BeckOKBGB/Katzenmeier Rz 22). Über Risiken, die im Zeitpunkt der Behandlung noch nicht bekannt waren, besteht keine Aufklärungspflicht (BGH NJW 18, 3652, 3654). Sofern der Behandelnde eine nicht allg eingeführte Methode mit neuen, noch nicht abschließend geklärten Risiken anzuwenden gedenkt, hat er den Patienten auch darüber aufzuklären und darauf hinzuweisen, dass unbekannte Risiken derzeit nicht auszuschließen sind. In diesem Falle gebietet es erneut das verfassungsrechtlich geschützte Selbstbestimmungsrecht, den Patienten in die Lage zu versetzen, für sich sorgfältig abzuwägen, ob er sich nach der herkömmlichen Methode mit bekannten Risiken operieren lassen möchte oder nach der neuen Methode unter besonderer Berücksichtigung der in Aussicht gestellten Vorteile einerseits und der noch nicht in jeder Hinsicht bekannten Gefahren andererseits (BGHZ 168, 103, 109; BGH NJW-RR 21, 886 Rz 11). Zu Einschränkungen der Selbstbestimmungsaufklärung unter dem Aspekt des sog humanitären Prinzips bzw therapeutischen Privilegs, Erman/Rehborn/Gescher § 630c Rz 5; § 823 Rn 210.
2. Aufklärung über Behandlungsalternativen.
Rn 3
Ob der Behandelnde bei der Selbstbestimmungsaufklärung über Alternativen zur Behandlung informiert, liegt angesichts der Therapiefreiheit grds in seinem Ermessen (BGH NJW 82, 2121, 2122; BGHZ 172, 254, 257; BG...