Rn 1
§ 631 definiert die im Synallagma stehenden werkvertraglichen Leistungspflichten (zur Rechtsnatur des Werkvertrages iE: Vor §§ 631 bis 651 Rn 1 ff), ohne deren Inhalt näher festzulegen. Die Vorschrift bestimmt solcherart also lediglich den Rahmen, in dem die Vertragsparteien privatautonom darüber entscheiden, worin der geschuldete Werkerfolg bestehen soll und welche Vergütung hierfür als Gegenleistung zu zahlen ist. Das führt in der Praxis dann zu erheblichen Problemen, wenn – wie insbes im Baugeschäft üblich – der Besteller über die bloße Festlegung des Werkergebnisses hinaus im Wege einer konkreten Leistungsbeschreibung Vorgaben dazu macht, welche Leistungen im Einzelnen ausgeführt werden sollen, um den erstrebten Werkerfolg zu erreichen (vgl dazu: BGH NJW 02, 265 [BGH 05.09.2001 - XII ZB 121/99]). Dann stellt sich oft die Frage, ob und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen der Unternehmer auch solche (Teil-)Leistungen erbringen muss, die über den vom Besteller vorgegebenen Leistungsumfang hinaus zur Verwirklichung eines den Vorstellungen der Vertragsparteien entspr, funktionierenden Werkes erforderlich sind. Insoweit erlangt der Grundsatz besondere Bedeutung, dass der Unternehmer den vereinbarten Erfolg (BGH BauR 03, 236, 238) und nicht (nur) die Abarbeitung der Ausführungsvorgaben in der Leistungsbeschreibung des Bestellers schuldet (BGHZ 139, 244 = BGH NJW 98, 3707; BGH NJW-RR 00, 465; zuletzt: BGH BauR 08, 344 = NJW 08, 511). Wird der funktionale Erfolg trotz vollständiger und mangelfreier Umsetzung der Leistungsbeschreibung verfehlt, so haftet der Unternehmer nach den Vorschriften des werkvertraglichen Sachmängelhaftungsrechts (§§ 634 ff), wenn er den Besteller nicht rechtzeitig und ausreichend auf für ihn erkennbare Unzulänglichkeiten der Leistungsbeschreibung und die sich hieraus für die Realisierung des Bauvorhabens ergebenden Konsequenzen hingewiesen hat (vgl §§ 13 III, 4 III VOB/B, deren Regelungsgehalt über § 242 auch auf den BGB-Bauvertrag Anwendung findet – BGH BauR 87, 86; Ddorf BauR 94, 762; iE zu Prüfungs- und Hinweispflichten des Unternehmers: Rn 27 und § 633 Rn 22). Diese Grundsätze gelten nach der jüngeren Rspr des BGH trotz verändertem Mangelbegriff (dazu: § 633 Rn 20 ff) uneingeschränkt auch für das neue Schuldrecht (BGH BauR 08, 344 = NJW 08, 511; zu einem durch vertragliche Abreden bedingten Sonderfall der Unmöglichkeit bei Verfehlung der Funktionalität: BGH BauR 2014, 1291 – Nickelsulfid).
Rn 2
Noch schwieriger zu beantworten ist in derartigen Fällen die Frage, ob der Unternehmer für solche zusätzlichen Leistungen ein besonderes Entgelt erhält. Dafür ist zunächst – ggf im Wege der Vertragsauslegung (§§ 133, 157 – eingehend hierzu: BGH BauR 06, 2040; BauR 11, 503 – kein Mehrvergütungsanspruch für Leistungen, die bereits nach dem Ausgangsvertrag geschuldet sind; zur Auslegung einer funktionalen Ausschreibung: BGH BauR 08, 1131; vgl auch: Leupertz BauR 19, 409 ff; Markus Jahrbuch Baurecht 04, 1 ff; zur Bedeutung der VOB/C für die Ermittlung des geschuldeten und verpreisten Leistungsumfangs bei öffentlichen Bauaufträgen: BGH BauR 12, 490; BauR 13, 1126; BauR 13, 2017) – der nach dem Vertrag vergütungspflichtige Leistungsumfang zu ermitteln, der nach obigen Grundsätzen nicht notwendig dem tatsächlich erforderlichen Leistungsumfang entspricht. Dabei gehen die Vertragsparteien iR ihrer nach allg Grundsätzen zur Geschäftsgrundlage zu rechnenden Äquivalenzerwartung in Ermangelung gegenteiliger tatsächlicher Anhaltspunkte regelmäßig davon aus, dass bereits die Erbringung der nach der Leistungsbeschreibung vorgesehenen Leistungen zur Erreichung des Bauerfolges führen wird und dass die hierfür vereinbarte Vergütung eine adäquate Gegenleistung für diese Leistungen darstellt (vgl: Leupertz BauR 05, 775, 788 mwN). Die vertraglich vereinbarte Vergütung deckt allerdings nur den nach obigen Grundsätzen verpreisten Leistungsumfang ab. Zusätzlich für die Erreichung des Werkerfolgs notwendig werdende Leistungen sind nach dem auch für den BGB-Werkvertrag geltenden Konsensprinzip nur dann gesondert zu vergüten, wenn und soweit die Parteien eine entsprechende rechtsgeschäftliche Vereinbarung nach Maßgabe der §§ 631, 632 treffen. Anders ist es beim VOB/B-Vertrag, wo dem Besteller durch §§ 1 III, IV VOB/B mit den durch §§ 2 V, VI, VII VOB/B festgelegten Folgen für die (Nachtrags-)Vergütung ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht eingeräumt ist. Und für nach dem 1.1.18 geschlossene Bauverträge iSd § 650a enthält das Gesetz nun in §§ 650b–650d Sonderregelungen zum Anordnungsrecht des Bestellers und die daran anknüpfende Preisanpassung (s die Kommentierung dort), die allerdings nicht für solche Werkverträge gelten, die auch Bauleistungen zum Gegenstand haben, ohne als Bauvertrag eingestuft werden zu können (zur Abgrenzung s § 650a Rn 3 ff). Für (solche) Werkverträge gilt also weiterhin, dass ein aus Treu und Glauben hergeleitetes einseitiges Anordnungsrecht des Bestellers nach hM nur in Ausnahmefällen anz...