Rn 39
Beim Pauschalpreisvertrag ist die Vergütung im Unterschied zum Einheitspreisvertrag betragsmäßig bestimmt. Das beantwortet freilich nicht die Frage, für welche Leistungen der solcherart festgelegte Werklohn geschuldet ist. Insoweit kommt es auf die Struktur des Pauschalvertrages an. Es ist zu unterscheiden zwischen Detail- und Globalpauschalverträgen.
Rn 40
Dem Detailpauschalvertrag liegt – ebenso wie dem Einheitspreisvertrag (Rn 38) – eine detaillierte Leistungsbeschreibung mit konkreten Ausführungsvorgaben zugrunde. Allerdings ist die vertraglich geschuldete Vergütung im Unterschied zum Einheitspreisvertrag durch die Pauschalierung des Gesamtpreises von den tatsächlich für die vertragsgerechte Bauausführung erforderlichen Mengen und Massen abgekoppelt. Mengenabweichungen haben also keinen Einfluss auf den pauschalierten Vertragspreis (vgl § 2 VII Nr 1 VOB/B). Abw davon soll auch der vereinbarte Pauschalpreis nur die sich aus der detaillierten Leistungsbeschreibung ergebenden Mengenvorgaben (Vordersätze) abdecken, wenn der Unternehmer trotz Verlangen vom Besteller keine Mengenermittlungsgrundlagen mitgeteilt bekommt und er deshalb den Preis nicht verlässlich kalkulieren kann (sog ›Scheinpauschale‹ – Kapellmann/Messerschmidt/Markus Teil B, § 2 Rz 484). Das erscheint problematisch und ist mit dem Ergebnis eines ›verkappten Einheitspreisvertrages‹ nur dann gerechtfertigt, wenn die Auslegung des Vertrages im Einzelfall ergibt, dass die Vertragsparteien keine Pauschalierung ioS gewollt haben. Denn es darf nicht übersehen werden, dass es den Vertragsparteien nach allg Grundsätzen der Rechtsgeschäftslehre frei steht, auch unkalkulierbare Risiken zu übernehmen (BGH BauR 97, 126 – ›Kammerschleuse‹). Lässt der Unternehmer sich auf eine Pauschalpreisvereinbarung ein, kann er sich später in aller Regel nicht darauf berufen, er habe den Preis nicht zutr kalkuliert bzw kalkulieren können. Demgegenüber bleibt es auch für den Detailpauschalvertrag bei dem Grundsatz, dass nach dem Vertrag nicht vorgesehener Mehraufwand nicht vom Vertragspreis umfasst ist (s Rn 2, 38). Soweit der Unternehmer solchen Mehraufwand zur Verwirklichung des vom Besteller vorgegebenen funktionalen Bauerfolgs (Erfolgssoll) erbringen muss, kann er hierfür idR vom Besteller die Erteilung eines entsprechenden entgeltlichen Zusatzauftrages verlangen (s Rn 2, 38 mwN). In der Praxis versuchen Besteller häufig, das ihnen nach obigen Grundsätzen auch bei Abschluss eines Detailpauschalvertrages verbleibende Risiko betreffend den Leistungsumfang durch sog Komplettheitsklauseln auf den Unternehmer abzuwälzen. Solche Klauseln sind beim Detailpauschalvertrag jedenfalls dann unwirksam, wenn sie vom Besteller als AGB in den Vertrag eingeführt werden und auch die der Leistungsbeschreibung zugrunde liegende Ausführungsplanung von ihm stammt. Denn der Besteller möchte sich auf diese Weise von den in seine Planungsverantwortung fallenden Folgen einer fehlerhaften Leistungsbeschreibung auf Kosten des Unternehmers befreien, der seinerseits mit unkalkulierbaren Risiken belastet wird (Brandbg BauR 03, 716, 718; München NJW-RR 87, 621; BauR 90, 776; ausf Kapellmann/Messerschmidt/Markus Teil B, § 2 Rz 492 u 520 ff, jew mwN).
Rn 41
Werden solche Komplettheitsklauseln hingegen individuell vereinbart, sind sie wirksam und es entsteht ein (einfacher) Globalpauschalvertrag, durch den der Unternehmer kraft rechtsgeschäftlicher Abrede auch das kalkulatorische Planungsrisiko und damit das Risiko übernimmt, selbst dann alle zur Realisierung des Bauerfolgs erforderlichen Leistungen zum Vertragspreis erbringen zu müssen, wenn hierfür nach dem Vertrag nicht vorgesehener Mehraufwand erforderlich ist. Das freilich nur in dem Umfang, in dem er sich vernünftigerweise bereit erklärt hat, die vergütungsrechtlichen Folgen von Divergenzen zwischen den Leistungsvorgaben des Bauvertrages und dem tatsächlichen für die Verwirklichung des funktionalen Bauerfolgs erforderlichen Aufwand zu tragen (so zutr insbes: Kapellmann/Messerschmidt/Markus Teil B, § 2 Rz 492 mwN). Hierfür ist die Auslegung des Vertrages maßgebend (grdl hierzu: BGH BauR 06, 2040), die regelmäßig zu der Erkenntnis führen wird, dass der Unternehmer jedenfalls nicht für Planungsfehler des Bestellers einstehen will (vgl BGH BauR 97, 126; BauR 99, 37). Dass iÜ planänderungsbedingter Mehraufwand nicht vom Vertragspreis umfasst ist, ergibt sich bereits nach allg Grundsätzen (BGHZ 176, 23 – ›Bistro‹; s Rn 2, 35).
Rn 42
Beim komplexen Globalpauschalvertrag lösen sich die Vertragsparteien völlig von einer detaillierten Beschreibung des für die Herstellung des Werkes erforderlichen Leistungsumfangs. Stattdessen beschreibt der Besteller die Bauleistung zielorientiert mit funktionalen Leistungsvorgaben, die lediglich die Beschaffenheit des fertigen Bauwerks definieren. Eine solche funktionale Ausschreibung mit Leistungsprogramm sieht § 7 XIII bis XV VOB/A für die öffentliche Bauvergabe ausdrücklich als eine Art der Leistungsbeschreibung vor. ...