Rn 1
Das Recht auf Abschlagszahlungen wurde durch das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen v 30.3.00 in das BGB eingefügt (BGBl I 330; BTDrs 14/1246 1). Der hiermit geschaffene § 632a war in dieser Fassung auf alle seit dem 1.5.00 abgeschlossenen Werkverträge anzuwenden (Art 229 § 1 II, 1 EGBGB). Durch das FoSiG (Vor §§ 631 bis 651 Rn 24) ist § 632a mit Wirkung für alle nach dem 1.1.09 geschlossenen Verträge (Art 229 § 19 I EGBGB – zeitlicher Anwendungsbereich) stark geändert und erweitert worden. § 632a I ist unter Fortfall der Voraussetzung, Abschlagszahlungen nur für in sich abgeschlossene Teile des Werkes beanspruchen zu können, völlig neu gefasst worden; § 632a II–IV wurden neu angefügt. Sachlich erfasst § 632a weiterhin alle Arten von Werkverträgen.
Rn 2
Im Zuge der Einführung des neuen gesetzlichen Bauvertragsrechts hat der Gesetzgeber § 632a abermals überarbeitet. Die wichtigste Neuerung besteht darin, dass der Unternehmer auch bei wesentlichen Mängeln nur einen Einbehalt des Bestellers in Höhe der Mängelbeseitigungskosten zzgl. Druckzuschlag gem § 641 III hinnehmen muss. Die Sondervorschiften für Abschlagsforderungen beim Bauträgervertrag in II aF und für Verbraucherverträge in III aF sind entfallen und mit Modifikationen nun in § 650v und § 650m untergebracht (s dort). IV aF findet sich jetzt in II und ist an den neuen Regelungsgehalt angepasst worden.
I. Zweck.
Rn 3
Ohne Abschlagszahlungen muss der vorleistungspflichtige Unternehmer oft teure Materialien und Personal über einen längeren Zeitraum vorfinanzieren. Durch § 632a soll er einen Ausgleich für die hierdurch bedingten wirtschaftlichen Nachteile erhalten (BGH NJW 85, 1840 [BGH 21.02.1985 - VII ZR 160/83]). Abschlagszahlungen sind in Abgrenzung zu Vorauszahlungen, die nicht unter § 632a fallen, Zahlungen auf bereits erbrachte Teilleistungen (zB entsprechend dem Baufortschritt). Vorauszahlungen sind als Vorleistung auf den Anspruch aus § 632a anzurechnen, iRd Schlussrechnung sind sie wie Abschlagszahlungen auszugleichen.
II. Begriff.
Rn 4
Abschlagszahlungen stellen keine abschließende Vergütung des Teilgewerks dar, sondern von einer Abnahme unabhängige Anzahlungen für das Gesamtwerk (BGH NJW 99, 2113). Sie sind ihrer Natur nach vorläufige Zahlungen auf der Grundlage vorläufiger Berechnung (BGH BauR 04, 1146). Daraus resultiert die Pflicht des Unternehmers, die Bauleistung nach deren Fertigstellung endgültig abzurechnen (zur Frage der Fälligkeitsvoraussetzung § 641 Rn 3). Aufgrund ihres vorläufigen Charakters sind Abschlagszahlungen grds auch nicht als (Teil-)Abnahme der Werkleistung zu werten. Der Anspruch auf Abschlagszahlung ist nicht mehr durchsetzbar ab dem Zeitpunkt, in dem der Unternehmer seine Leistung vollständig erbracht hat (zum Begriff der ›Fertigstellung: BGH BauR 09, 1724, 1730 f, Tz 53 ff), diese abgenommen ist und er seine Schlussrechnung stellen kann (BGH BauR 09, 1724, 1729 f – beim VOB/B-Vertrag mit Ablauf der Frist des § 14 III VOB/B; BauR 04, 1146; Hamm NJW-RR 99, 528; Ddorf NJW-RR 92, 1373 – nach Kündigung), erst recht, wenn er sie schon gestellt hat (BGH BauR 09, 1724, 1728 f; BauR 91, 81; BauR 85, 1840; Hamm BauR 99, 776). Er wird vom Gesamtvergütungsanspruch ebenso verdrängt, wenn der Unternehmer die Erfüllung endgültig verweigert (Ddorf NJW-RR 00, 231 [OLG Düsseldorf 07.05.1999 - 22 U 226/98]), wenn der Vertrag gekündigt wird (BGH NJW-RR 87, 724 [BGH 26.02.1987 - VII ZR 217/85]; Ddorf NJW-RR 92, 1373 [OLG Düsseldorf 05.06.1992 - 22 U 235/91]) oder wenn das Werk durch einen Dritten endgültig fertiggestellt wird (Nürnbg NZBau 00, 509). Im Prozess darf der Unternehmer indes auch nach Fertigstellung der Leistung den Anspruch auf Abschlagszahlung hilfsweise für den Fall geltend machen, dass er die Abnahme(reife) und damit die Fälligkeit seines Schlusszahlungsanspruchs nicht nachweisen kann (BGH BauR 02, 1482). Der Anspruch auf Abschlagszahlung unterliegt der dreijährigen Regelverjährung der §§ 195, 199. Zu den prozessualen Besonderheiten für die Geltendmachung von Abschlagsforderungen s Rn 13.
III. Abweichende Vereinbarungen.
Rn 5
Von der Regelung in § 632a kann grds sowohl zugunsten des Bestellers (zB Ausschluss von Abschlagszahlungen oder Zahlung nur gegen Stellung einer Vertragserfüllungsbürgschaft) als auch zugunsten des Unternehmers (Abschlagszahlungen ohne die Voraussetzungen des § 632a) abgewichen werden. Die Grenze bilden § 138, bei AGB zudem §§ 307 ff, wobei formularmäßige Abweichungen vom gesetzlichen Leitbild des § 632a idR der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle nicht standhalten. Das gilt insbes für einen völligen Ausschluss von Abschlagszahlungen in AGB des Bestellers (Kniffka ZfBR 00, 227, 229; zurückhaltender: BeckOKBGB/Voit § 632a Rz 29); bei Verbraucherverträgen ist eine isoliert in AGB des Unternehmers getroffene Vereinbarung über Fälligkeit und Höhe der ersten Abschlagszahlungen schon deshalb gem § 307 I, II unwirksam, weil sie nicht auf die nach § 632a III gesetzlich geschuldete Sicherheitsleistung des Unternehmers eingeht (BGH BauR 13, 946). Eine Klausel in ...