I. Anwendungsbereich.
Rn 2
Für den zeitlichen Anwendungsbereich des § 634a ist Art 229 § 6 EGBGB zu beachten. Danach gilt neues Verjährungsrecht auch für bereits vor dem 1.1.02 geschlossene Verträge, soweit die Verjährung noch nicht eingetreten ist. Der Beginn, die Hemmung, die Ablaufhemmung und der Neubeginn der Verjährung bestimmen sich gem Art 229 § 6 I 2 Alt 1 EGBGB für den Zeitraum vor dem 1.1.02 hingegen grds nach altem Recht. In den Überleitungsfällen nach Art 229 § 6 IV S 1 EGBGB ist der Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist nach § 195 nF unter Einbeziehung der subjektiven Voraussetzungen des § 199 I nF zu ermitteln; dementspr beginnt die Regelverjährung in diesen Fällen nur dann am 1.1.02, wenn der Gläubiger in diesem Zeitpunkt Kenntnis von seinem Anspruch hat oder diese nur infolge grober Fahrlässigkeit nicht hat (BGH BauR 07, 871, 873 mwN; BauR 07, 1044; zuletzt: BGH BauR 08, 351 = NJW-RR 08, 258).
Rn 3
Sachlich betrifft die werkvertragliche Mängelverjährung die in § 634 Nr 1, 2, 4 genannten Mängelansprüche (Nacherfüllung, Selbstvornahme, Schadensersatz und Aufwendungsersatz), über §§ 634a IV, V; 218 mit entspr Auswirkungen auf Rücktritt und Minderung. Sofern hierauf anwendbar (s Rn 2) ist auch ein Schadensersatzanspruch nach § 635 aF umfasst (BGH BauR 11, 1032 = NJW 11, 1224). Nicht umfasst sind Ansprüche des Unternehmers (Vergütung) und Schadensersatzansprüche des Bestellers ohne Mangelbezug, etwa aus Verzug (§§ 280 I, II; 286), für Folgeschäden aus vom Unternehmer schuldhaft herbeigeführter Kündigung des Bestellers aus wichtigem Grund bei Dauerschuldverhältnissen (unabhängig davon, ob Mängel als Kündigungsgrund eine Rolle spielen, BGH MDR 19, 1496 [BGH 10.10.2019 - VII ZR 1/19]) oder aus dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen nicht leistungsbezogene Nebenpflichten (Sorgfalts-, Fürsorge und Obhutspflichten – s § 631 Rn 30 ff; Mansel/Budzikiewicz § 5 Rz 212; HP/Voit § 634a Rz 2; Grüneberg/Retzlaff § 634a Rz 3; ebenso bei selbstständiger Garantie), und zwar auch dann nicht, wenn der Besteller in einem solchen Fall über §§ 282, 280 I, 241 II zum Schadensersatz statt der Leistung gelangt (Lenkeit BauR 02, 196, 207). Insoweit gilt die Regelverjährung gem §§ 195, 199, ebenso für die aus der Ausübung von Minderung oder Rücktritt resultierenden Ansprüche (§§ 346, 323, 638 IV; vgl BGHZ 170, 31 zum Rücktritt beim Kauf) und die Rückgewähransprüche aus §§ 635 IV, 281 V (AnwK/Raab § 634a Rz 16). Nach der gesetzlichen Systematik stehen dem Besteller die Mängelrechte aus § 634 Nr 1–4 grds erst ab dem Zeitpunkt der Abnahme zu (iE hierzu: § 633 Rn 5 ff). Damit korrespondiert die Vorschrift des § 634a II, die den Beginn der Mängelverjährung an eben diesen Zeitpunkt knüpft. Soweit der Besteller ausnahmsweise ohne Abnahme zur Geltendmachung von Mängelrechten berechtigt ist (s § 633 Rn 6 f), unterliegen die sich so ergebenden Ansprüche jedoch ebenfalls der Verjährung gem § 634a (s Rn 13).
Rn 4
Für Ansprüche aus unerlaubter Handlung ist zu differenzieren: Soweit die Rechtsgutverletzung in der mangelhaften Herstellung des Werks selbst liegt, besteht kein deliktischer Anspruch, weil hier kein Integritätsinteresse betroffen ist (vgl BGH BauR 05, 705; Dresd NJW-RR 13, 270). Soweit es um Schadensersatz neben der Leistung (aufgrund von Mängeln) geht, ist jedoch fraglich, ob die Frist des § 634a auch auf deliktische Ansprüche angewandt werden kann, um den vom Gesetzgeber angestrebten Gleichlauf der Verjährung aller mangelbedingten Ansprüche zu stärken (verneinend Kniffka/Jurgeleit/Jurgeleit § 634a Rz 269 mN zum Streitstand).
II. Systematik (Abs 1).
Rn 5
§ 634a I unterscheidet hinsichtlich Verjährungsfrist und -beginn nach der Art der geschuldeten Werkleistungen (§ 634a I). § 634a III durchbricht dieses Prinzip für arglistig verschwiegene Mängel zugunsten einer Verweisung auf die Regelverjährung und der damit einhergehenden Anknüpfung an subjektive Umstände für den Verjährungsbeginn. Nach der gesetzlichen Systematik geht § 634a I Nr 2 (bauwerksbezogene Werkleistungen) als speziellere Regelung § 634a I Nr 1 (sachbezogene Werkleistungen) vor, der wiederum Vorrang vor § 634a I Nr 3 (sonstige Werkleistungen) hat. Beim Zusammentreffen von Arbeiten mit unterschiedlichen Verjährungsfristen in einem einheitlichen Vertrag ist – wenn keine Trennung möglich oder vereinbart ist – regelmäßig die längere Frist maßgeblich (Ddorf NJW-RR 00, 1336 [OLG Düsseldorf 12.05.2000 - 22 U 194/99]).
III. Bauwerksbezogene Werkleistungen (Abs 1 Nr 2).
Rn 6
Die fünfjährige Verjährungsfrist des § 634a I Nr 2 greift, wenn Gegenstand der vertraglich geschuldeten Werkleistungen entweder ein Bauwerk oder Planungs- oder Überwachungsleistungen hierfür sind. Bauwerk idS ist nach weiter geltender Begrifflichkeit eine unbewegliche, durch Verwendung von Arbeit und Material iVm dem Erdboden hergestellte Sache (grundlegend: BGHZ 57, 60, 61 mwN). Für eine solche Verbindung reicht es aus, wenn das fertige Werk (auch technische Anlage) wegen seiner Größe und seines Gewichts nur mit großem Aufwand vom Grundstück getrennt werden kann u eine dauernde Nutzung beabsichti...