Rn 4
Der Nacherfüllungsanspruch ist ein modifizierter Erfüllungsanspruch, der die vertraglichen Leistungspflichten des Unternehmers auf die Zeit nach der Abnahme erstreckt und auf das in diesem Zeitpunkt bestehende Werk konkretisiert (Grüneberg/Retzlaff § 634 Rz 11; zur zeitlichen Abgrenzung zwischen werkvertraglichen Mängelrechten und den allg Vorschriften des Leistungsstörungsrechts – § 633 Rn 4 ff). Nacherfüllung bedeutet entweder Neuherstellung oder Mangelbeseitigung (§ 635 I), wobei der Unternehmer grds zwischen beiden Varianten wählen kann (anders § 439 I für den Kauf = Wahlrecht des Käufers). Darüber hinaus unterliegt es seiner Entscheidung, auf welche Weise er Mängel beseitigt, solange seine Nachbesserungsbemühungen zu einem vertragsgerechten Werk führen (BGH BauR 04, 501; BGHZ 61, 42). Dabei wird in der gerichtlichen Praxis von allen Beteiligten oft übersehen, dass die – auch nachhaltige – Beseitigung von Mangelerscheinungen und Mangelfolgen nicht notwendig zur Herstellung einer vertragsgerechten Leistung führt (Bsp: Der Unternehmer hat ein Flachdach entgegen den vertraglichen Vorgaben mit nicht ausreichendem Quergefälle hergestellt. Die dadurch bedingte Pfützenbildung kann durch den nachträglichen Einbau von Ablauföffnungen ohne nachteilige Auswirkung auf die Funktionstauglichkeit des Daches verhindert werden. Der Unternehmer bleibt dennoch zur Herstellung eines Daches mit ausreichendem Gefälle verpflichtet; vgl auch: BGH BauR 06, 1468 – schimmelpilzbefallene Holzkonstruktion). Der Besteller kann sich im Wege einer rechtsgeschäftlichen Einigung über die Art und Weise der Nachbesserung (kein Verzicht auf weitergehende Mängelrechte und Neuherstellung für den Fall des Fehlschlagens – BGH BauR 02, 472, 473) auf solche – oft von Bausachverständigen aus Kostengründen vorgeschlagene – Sanierungsmaßnahmen einlassen, er muss es aber nicht (BGH BauR 09, 1295; 03, 1209; zur ausnahmsweisen Verpflichtung, eine der vertraglich geschuldeten Leistung gleichwertige Nachbesserung auszuführen: BGH BauR 89, 462). Anderseits ist der Besteller grds nicht befugt, dem Unternehmer eine bestimmte Art der Nachbesserung vorzuschreiben. Auch das Gericht begeht einen schweren, das Wahlrecht des Unternehmers ignorierenden Tenorierungsfehler, wenn es ihm bestimmte Ausführungsvorgaben macht, anstatt es bei der Verurteilung zur Beseitigung des freilich konkret (nach seinen Erscheinungsformen) zu bezeichnenden Mangels zu belassen (zu den Auswirkungen eines solchen Urteils = fortbestehender Nachbesserungsanspruch: Hamm NJW 03, 3568). Nur in Ausnahmefällen ist der Unternehmer zur Neuherstellung oder zu einer bestimmten Art der Mängelbeseitigung verpflichtet, wenn sich der vertragsgerechte Zustand nur auf solche Weise erreichen lässt (BGH BauR 11, 1336 mwN; gleiches gilt für die schon vor der Abnahme bestehende Verpflichtung des § 4 VII S 1 VOB/B: BGH NJW 13, 1528 [BGH 07.03.2013 - VII ZR 119/10]). Der Nacherfüllungsanspruch besteht auch nach Ablauf einer vom Besteller bestimmten Nacherfüllungsfrist (s § 634 Rn 7) fort, bis dieser von seinen vertragsumgestaltenden Mängelrechten (§§ 634 Nr 3–4) wirksam Gebrauch macht (s § 634 Rn 3 ff) oder den Mangel erfolgreich im Wege der Selbstvornahme beseitigt (s § 634 Rn 3 ff). Außerdem kann eine schuldhafte Verletzung der Nacherfüllungspflicht zu Schadensersatzansprüchen des Bestellers gem §§ 280 I, 241 II und §§ 280 I, II, 286 führen (AnwK/Raab § 635 Rz 16 mwN).