1. Voraussetzungen.
Rn 2
Im Ausgangspunkt enthält § 637 I eine Selbstverständlichkeit. Natürlich steht es dem Besteller frei, etwaige Mängel des abgenommenen Werks selbst zu beseitigen oder beseitigen zu lassen. Der Regelungsgehalt der Vorschrift betrifft also eigentlich (nur) die Frage, wer die hierdurch bedingten Kosten zu tragen hat. Die allg tatbestandlichen Voraussetzungen für diesen Aufwendungsersatzanspruch entsprechen denen der Minderung und des Rücktritts: Die Werkleistungen müssen also im Zeitpunkt der Abnahme mit einem Mangel behaftet gewesen sein, der auch nach Ablauf einer angemessenen Nacherfüllungsfrist nicht beseitigt ist. Dann kann der Besteller grds frei zwischen den sich aus § 634 Nr 2–4 ergebenden Mängelrechten wählen (s § 634 Rn 3 ff), wobei allerdings die Geltendmachung von Schadensersatz zusätzlich ein Verschulden des Unternehmers voraussetzt. Für die Entbehrlichkeit einer fristgebundenen Nacherfüllungssaufforderung gelten ebenfalls die gleichen Voraussetzungen wie beim Rücktritt, was sich aus der inB genommenen Vorschrift des § 323 II und aus § 636 ergibt (hierzu iE: § 636 Rn 5 ff). Das Recht zur Selbstvornahme ist gem § 637 I aE ausgeschlossen, wenn der Unternehmer die Nacherfüllung gem §§ 275, 635 III verweigern darf (iE hierzu: § 635 Rn 7 ff) und tatsächlich verweigert. Sonst liefe die Freistellung von der Nacherfüllungspflicht leer, weil er dann die – bei der Ersatzvornahme idR sogar höheren – Kosten hierfür tragen müsste. Eine erneute Aufforderung zur Nacherfüllung mit Fristsetzung ist erforderlich, wenn der Unternehmer die nach erstmaliger Fristsetzung vereinbarte Nachbesserungsmaßnahme nicht oder nicht tauglich ausführt (vgl Köln BauR 05, 439 = SFHK § 637 BGB Nr 1).
2. Rechtsfolgen – Allgemeines.
Rn 3
Der ergebnislose Ablauf der Nacherfüllungsfrist stellt eine wichtige zeitliche Zäsur dar. Der Unternehmer kann die Nacherfüllung nicht mehr erzwingen, der Besteller kann sie unbeschadet der Geltendmachung etwaiger bereits entstandener Verzögerungsschäden (§§ 280 I, II, 286) aber noch gestatten (s § 634 Rn 3 – BGH BauR 03, 693; BauR 04, 501) und va zunächst auch weiterhin verlangen. Sind die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Selbstvornahme mangels Fristsetzung nicht erfüllt oder schreitet der Besteller schon vor Ablauf einer angemessenen Frist zur Selbstvornahme, so steht ihm kein Kostenerstattungsanspruch aus § 637 I zu, und zwar unabhängig davon, ob er die Mängel selbst beseitigt hat oder von einem Dritten hat beseitigen lassen. Evtl Ansprüche aus GoA und Bereicherungsrecht sind ausgeschlossen, weil § 637 eine abschließende Sonderregelung darstellt (BGHZ 46, 242, 246; HP/Voit § 637 Rz 17; Grüneberg/Retzlaff § 637 Rz 4; MüKo/Busche § 637 Rz 7). Die insbes für das Kaufrecht heftig diskutierte Frage, ob der Besteller nach unberechtigter (vorzeitiger) Selbstvornahme analog § 326 II S 2 die Anrechnung der vom Verkäufer ersparten Aufwendungen für die Mängelbeseitigung auf den Kaufpreis verlangen oder den bereits gezahlten Kaufpreis in dieser Höhe zurückfordern kann, hat der VIII. ZS des BGH mit nämlicher Begründung (Sonderregelung) ausdrücklich verneint und dabei hervorgehoben, dass diese Grundsätze auch für das Werkvertragsrecht zu gelten hätten (BGHZ 162, 219 = BauR 05, 1021; anders noch kurz zuvor derselbe Senat zu § 324 I 2 aF – BGH NJW-RR 05, 357; Dauner-Lieb/Dötsch NZBau 04, 233, 235 ff; Dötsch MDR 04, 975; aA: Lorenz NJW 03, 1417; Grüneberg/Retzlaff § 637 Rz 4; für eine Vorteilsanrechnung aus dem Rechtsgedanken des § 649 II 2: AnwK/Raab § 637 Rz 24f).
Rn 4
Nach berechtigter Selbstvornahme kann der Besteller die hierfür erforderlichen Aufwendungen erstattet verlangen – § 637 I. Das gilt – anders als beim Auftrag – auch für Eigenleistungen, die der Besteller für die Beseitigung des Mangels erbringt, weil er sonst entgegen § 637 I faktisch die Mängelbeseitigungskosten doch tragen müsste (BGH NJW 73, 46 [BGH 12.10.1972 - VII ZR 51/72]). Der Aufwendungsersatzanspruch ist abtretbar (§ 398). Zur Frage der Aufrechnung mit Vergütungsansprüchen vgl § 387.
3. Erforderliche Aufwendungen.
a) Grundlagen.
Rn 5
Vom Erstattungsanspruch umfasst sind alle Aufwendungen, die objektiv erforderlich waren, um die Mängel und deren Erscheinungsformen zu beseitigen (BGH NJW 73, 46 [BGH 12.10.1972 - VII ZR 51/72]). Weil die Selbstvornahme in der Sache nichts anderes ist als die – nun vom Besteller übernommene – Nacherfüllung (§ 635), lassen sich für den Umfang der Kostenerstattungspflicht die dort geltenden Maßstäbe heranziehen (iE § 635 Rn 5). Dementspr sind außer den eigentlichen Kosten der Mängelbeseitigung auch die Aufwendungen für erforderliche Vor- und Nacharbeiten (BGH NJW 91, 1604 [BGH 23.01.1991 - VIII ZR 122/90]) einschließlich der Beseitigung von nachbesserungsbedingten Schäden am sonstigen Eigentum des Bestellers (Karlsruhe BauR 05, 1485) sowie solche für die Ermittlung der Mangelursachen (BGHZ 113, 251, 261) und die Überwachung der von einem Ersatzunternehmer ausgeführten Mängelbeseitigungsarbeiten (BGH NJW-RR 91, 789) erstattungsfähig. Anwalts- und Gutachterkosten, die nicht im Zusamme...