I. Grundlagen/Voraussetzungen.
Rn 16
Vor der Abnahme ist der Vergütungsanspruch vorbehaltlich der unter Rn 5 ff dargestellten Ausnahmen nicht fällig und damit nicht (gerichtlich) durchsetzbar. Es bedarf also keines Leistungsverweigerungsrechts des Bestellers, um Zahlungsansprüche des Unternehmers abzuwehren (vgl allerdings Rn 7 zur Klage auf Leistung nach Empfang der Gegenleistung bei Annahmeverzug des Bestellers).
Rn 17
Nach der Abnahme besteht der Erfüllungsanspruch des Bestellers nicht mehr; er ist auf die Mängelrechte gem § 634 verwiesen und der Vergütungsanspruch des Unternehmers ist fällig. Erst in dieser Konstellation ist dem Besteller zur Realisierung seines Nacherfüllungsanspruchs (§§ 634 Nr 1, 635) ein mangelbedingtes Leistungsverweigerungsrecht zuzubilligen, dessen rechtliche Grundlage sich in § 320 findet und das durch § 641 III inhaltlich konkretisiert wird (vgl zur dogmatischen Herleitung: AnwK/Herdy/Raab § 641 Rz 39 f mwN). Abweichende vertragliche Regelungen sind zulässig (in AGB iRd §§ 307 ff). Ein vollständiger Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts in AGB ist jedoch unwirksam (BGH BauR 05, 1010).
Rn 18
Das Leistungsverweigerungsrecht des Bestellers aus § 320 besteht auch dann fort, wenn der Besteller mit der Entgegennahme tauglicher Nacherfüllung in Annahmeverzug gerät (Celle BauR 05, 600; Hamm BauR 96, 123, 126; Köln NJW-RR 96, 499; Schlesw BauR 01, 115, 116; aA: Hamm OLGR 94, 194, 195; Schlesw IBR 01, 183). Allerdings entfällt dann nach zutreffender Auffassung der Druckzuschlag gem § 641 III und der Besteller darf die Bezahlung der Vergütung nur noch in Höhe der einfachen Mängelbeseitigungskosten verweigern (BGH BauR 02, 1403; Celle BauR 06, 1316; BauR 04, 884; vgl auch: Werner/Pastor Rz 2991 mwN zum Meinungsstand).
Rn 19
Die Vertragsparteien können schon im Vertrag einen Sicherheitseinbehalt (vom Schlussrechnungsbetrag) für evtl Mängel des Unternehmergewerkes vereinbaren (s § 17 II, VI VOB/B; ausf hierzu sowie zu den sich va um das Austauschrecht des Unternehmers rankenden Problemen: Ingenstau/Korbion/Joussen Teil B, § 17 Abs 6 Rz 1 ff – Einbehalt; und § 17 Abs 3 Rz 1 ff – Austauschrecht). Solche Vereinbarungen können auch formularmäßig getroffen werden (vgl Ddorf BauR 03, 1585). Sie sind dann allerdings an § 307 zu messen und solcherart unwirksam, wenn dadurch die Fälligkeit eines erheblichen Teils des Werklohns ohne angemessenen Ausgleich für unverhältnismäßig lange Zeit hinausgeschoben wird (BGHZ 136, 27) oder wenn sie unklar sind (BGH NJW 00, 1863). Die einbehaltene Sicherheit lässt das Leistungsverweigerungsrecht nebst Druckzuschlag des Bestellers nicht entfallen, ist allerdings bei der Bemessung des nach §§ 320, 641 III einzubehaltenden Betrages mit zu berücksichtigen (BGH NJW 82, 2494 [BGH 08.07.1982 - VII ZR 96/81]; BGH NJW 81, 2801 [BGH 09.07.1981 - VII ZR 40/80]; s.a. Rn 19).
Rn 20
Die erfolgreiche Geltendmachung des Leistungsverweigerungsrechts setzt voraus, dass dem Besteller ein Nacherfüllungsanspruch aus §§ 634 Nr 1, 635 zusteht. Ist dieser ausgeschlossen, erloschen, unmöglich geworden oder aufgrund berechtigter Nacherfüllungsverweigerung (s § 635 Rn 7 ff) bzw wegen eines unterlassenen Mängelvorbehalts (§ 640 II) entfallen, besteht auch kein Leistungsverweigerungsrecht (BGH NJW 04, 502, 506; es soll insoweit eine Abrechnung stattfinden s.a. BGH BauR 03, 88). Str ist, ob dies auch bei Verjährung des Nacherfüllungsanspruchs gilt (§ 634a; bej: MüKo/Busche § 641 Rz 32; abl: Grüneberg/Retzlaff § 641 Rz 14). Das Leistungsverweigerungsrecht besteht grds nur nach Abnahme oder Eintritt einer Abnahmefiktion (§ 640 I 3; s Rn 14 f). Anders hingegen bei fälligen Abschlagszahlungen, für die gem § 632a I 3 bei unwesentlichen Mängeln der Teilleistung § 641 III entsprechend gilt (so entgegen dem Wortlaut des § 641 III ›nach Abnahme‹ auch schon für § 632a aF: BGH BauR 79, 159 – zu § 16 I VOB/B; BGH NJW 81, 2801).
II. Höhe.
Rn 21
Gem § 641 III aF durfte der Besteller als sog Druckzuschlag ›mindestens‹ das Dreifache der für die Mängelbeseitigung erforderlichen Kosten einbehalten. Von dieser starren Regelung hat der Gesetzgeber für nach dem 1.1.09 geschlossene Werkverträge Abstand genommen. Maßgebend ist nun idR das Doppelte der Mängelbeseitigungskosten. Ein höherer Betrag kann gerechtfertigt sein (BGHZ 26, 337 – das 4 fache), insbes bei mehrfach fehlgeschlagenen Nachbesserungsversuchen (bedenklich: Oldbg NJW-RR 96, 817 – das 21 fache), ein geringerer Betrag wohl nur in besonders gelagerten Einzelfällen, etwa bei im Verhältnis zum Wert der Werkleistungen besonders hohen Nachbesserungskosten unterhalb der Unverhältnismäßigkeitsgrenze des § 635 III oder bei Annahmeverzug des Bestellers (eingehend zum Ganzen: Messerschmidt/Voit/Messerschmidt § 641 Rz 270 ff). Die für die Mängelbeseitigung voraussichtlich erforderlichen Kosten sind im Prozess ggf zu schätzen. Ein vereinbarter Sicherungseinbehalt (s Rn 17) kann sich auf die Höhe des Einbehalts auswirken (BGH NJW 81, 2801); jedoch soll der Besteller hinsichtlich der Leistungsverweigerung nicht au...