I. Gesicherte Forderungen.
Rn 3
Das Pfandrecht sichert alle Forderungen ›aus dem Vertrag‹. Gemeint ist der Vertrag des Unternehmers mit dem Besteller, also der Werkvertrag. Um einen solchen handelt es sich nicht, soweit die Rechtsbeziehungen der Vertragsparteien nach § 650 dem Kaufrecht unterliegen (s Rn 2, auch zu einer analogen Anwendung des § 647). Der Begriff der ›Forderungen‹ iSd § 647 ist weit zu fassen. Er umfasst die Vergütungsansprüche des Unternehmers, auch diejenigen nach Kündigung des Vertrages aus § 649 2 oder aus §§ 645 I 1 und 2, 643. Darüber hinaus sind die aus der Vertragsabwicklung resultierenden Sekundäransprüche des Unternehmers aus §§ 280 ff, 286 (Schadensersatz; auch Vertragsstrafenanspruch), § 642 (Entschädigung) und § 645 I 1 (vergütungsgleicher Aufwendungsersatz) sowie die sich aus der mangelbedingten Rückabwicklung des Vertrages (Rücktritt und Schadensersatz statt der ganzen Leistung) ergebenden Forderungen des Unternehmers sicherungsfähig (ebenso zum Ganzen: AnwK/Raab § 647 Rz 4; HP/Voit § 647 Rz 3; Staud/Peters § 647 Rz 2). Auf außervertragliche Ansprüche aus GoA, Delikt und Bereicherungsrecht findet § 647 hingegen keine Anwendung (AnwK/Raab § 647 Rz 4; HP/Voit § 647 Rz 3; Grüneberg/Retzlaff § 647 Rz 2).
II. Pfandgegenstand.
1. Bewegliche Sache.
Rn 4
Das Pfandrecht des Unternehmers entsteht nur an beweglichen Sachen iSd § 90 (s Kommentierung zu § 90), die von ihm hergestellt oder ausgebessert werden sollen. Dazu gehören folglich nicht die zur Ausführung der Arbeiten vom Besteller zur Verfügung gestellten Gerätschaften, das von ihm beigestellte Material erst, wenn es mit der dem Unternehmer zur Bearbeitung ebenfalls überlassenen Hauptsache iRd Werkausführung verbunden (§ 946) oder zu einer solchen zusammengefügt wird (§ 950; iE ebenso: Erman/Schwenker § 647 Rz 3; zu der sich hieraus im Zusammenspiel mit § 650 ergebenden Problematik: Rn 2, 6).
2. Besitz des Unternehmers.
Rn 5
Das Gesetz knüpft die Entstehung des Pfandrechts an den Besitz des Unternehmers, der ebenfalls nach allg Vorschriften (§§ 854 ff) zu beurteilen ist. Mittelbarer Besitz (§ 868) – bspw des Hauptunternehmers an der dem Subunternehmer zur Bearbeitung überlassenen Sache – reicht aus (HP/Voit § 647 Rz 6; Grüneberg/Retzlaff § 647 Rz 3). Führt der Unternehmer die Werkleistungen an einer im unmittelbaren Besitz des Bestellers verbliebenen Sache aus, entsteht idR bereits kein Besitzmittlungsverhältnis iSd § 868. Nur wenn der Unternehmer nach dem Vertrag berechtigt ist, die Sache unter Ausschluss der Einwirkungsmöglichkeiten des Bestellers aus dessen Machtbereich zu entfernen, greift § 647 (ähnl: Staud/Peters § 647 Rz 6).
3. Eigentum des Bestellers.
Rn 6
Der Besteller muss Eigentümer der zum Zwecke der Werkausführung in den Besitz des Unternehmers gelangten Sache(n) sein. Daran fehlt es, wenn der Unternehmer die Sache aus von ihm zu beschaffenden Stoffen herstellen soll, weil er dann über § 950 Eigentümer der hergestellten Sache wird und das Eigentum hieran bis zur Ablieferung behält (iÜ gilt dann § 650, s Rn 2). Stammen die für die Herstellung erforderlichen Stoffe hingegen (überwiegend) vom Besteller, wird dieser unter den sich aus § 950 ergebenden Voraussetzungen Eigentümer der hergestellten Sache, nach Auffassung des BGH (BGHZ 14, 114, 117; 20, 159, 163 f; mit Recht krit im Hinblick auf § 650 nF: Hagen JZ 04, 713, 718 ff) sogar unabhängig vom Wertverhältnis zwischen Verarbeitung und Material. Damit wäre der Anwendungsbereich des § 647 grds für die Zeit ab Fertigstellung der Sache (s Rn 4) eröffnet. Gleichwohl kommt nur eine entspr Anwendung des § 647 auf die dann wegen § 650 dem Kaufrecht unterliegenden Rechtsbeziehungen der Beteiligten in Betracht (s Rn 2 mwN).
Rn 7
Führt der Unternehmer vereinbarungsgemäß Werkleistungen an einer ihm vom Vorbehaltskäufer übergebenen Sache aus, erstreckt sich das Pfandrecht nach allg Grundsätzen auf das an der Sache bestehende Anwartschaftsrecht des Bestellers/Vorbehaltskäufers (AnwK/Raab § 647 Rz 9; HP/Voit § 647 Rz 9; Grüneberg/Retzlaff § 647 Rz 4 – unter Hinweis auf BGH NJW 65, 1475 [BGH 31.05.1965 - VIII ZR 302/63] – Vermieterpfandrecht). Demggü entsteht grds kein Unternehmerpfandrecht an bestellerfremden Sachen. Das ist für den Unternehmer misslich, wenn bspw an Miet- oder Leasingfahrzeugen Reparaturen ausgeführt werden sollen. Einem gutgläubigen Erwerb des gesetzlichen Pfandrechts steht die stRspr des BGH zu § 1257 entgegen (s Rn 3 mN zum Meinungsstand). Dann bleibt nur der Weg über die Einwilligung des Eigentümers in die Übergabe der Sache an den Unternehmer zum Zwecke der Ausführung von Werkleistungen und die hieran entspr §§ 183, 185 geknüpfte Entstehung des Pfandrechts (str; iE hierzu mwN: AnwK/Raab § 647 Rz 12; abl: BGHZ 34, 122, 125f).
III. Anwendung der Regeln über das Vertragspfandrecht.
Rn 8
Für die Verwertung und das Erlöschen des gesetzlichen Pfandrechts nach § 647 gelten gem § 1257 die Regeln über das vertraglich begründete Pfandrecht. Maßgebend für die Verwertung sind also die §§ 1228 ff (s Kommentierung zu §§ 1228 ff); das Verwertungsrecht des Unternehmers entsteht demnach mit der Fälligkeit der gesicherten Forderung (§ 1228 II), hängt also davon...