1. Allgemeine Wirksamkeitsvoraussetzungen.
Rn 3
Für die Wirksamkeit der Kündigung nach § 648 gelten die allg Grundsätze. Erforderlich ist eine Kündigungserklärung, die dem Unternehmer zugehen muss. Sie bedarf keiner Form und kann deshalb grds auch konkludent erfolgen (Grüneberg/Retzlaff § 648 Rz 3). Allerdings muss der Besteller klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass er den Vertrag vorzeitig beenden will; der Verwendung des Begriffes ›Kündigung‹ bedarf es hierfür nicht (Ingenstau/Korbion/Vygen Teil B, §§ 8 und 9 Rz 7). Die Kündigung ist ein Gestaltungsrecht und deshalb bedingungsfeindlich (Ingenstau/Korbion/Joussen/Vygen Teil B, §§ 8 und 9 Rz 7). Sie kann wirksam nur ›bis zur Vollendung des Werkes‹ erklärt werden. Das ist in erster Linie bei vollständiger Fertigstellung der Werkleistungen iSd § 646 (MüKo/Busche § 648 Rz 11), uU auch bei Vorhandensein von Mängeln der Fall, wenn diese nicht mehr behoben werden können (MüKo/Busche § 648 Rz 11; RGRK/Glanzmann § 649 Rz 2). Nach zutreffender Auffassung entfällt die Kündigungsmöglichkeit des § 648 mit der Abnahme (BGH BauR 1975, 280; Ingenstau/Korbion/Joussen/Vygen Teil B Vor §§ 8 und 9 Rz 5), und zwar auch dann, wenn die Werkleistungen in diesem Zeitpunkt mit (behebbaren) Mängeln behaftet sind (NK-BGB/Lührmann/Raab § 648 Rz 9; BeckOKBGB/Voit § 648 Rz 3; aA: MüKo/Busche § 648 Rz 11; Erman/Schwenker § 649 Rz 8).
Rn 4
Inhaltlich unterliegt die freie Kündigung grds keiner Beschränkung. Eine Teilkündigung ist möglich. Sie muss sich aber auf einen abgrenzbaren Teil der Werkleistungen beziehen. Wegen der gleichgerichteten Interessenlage kann insoweit die für die Kündigung aus wichtigem Grund geltende Vorschrift in § 648a Abs 2 entspr herangezogen werden (Kniffka/Jurgeleit/Schmitz § 648 Rz 22; BeckOKBGB/Voit § 649 Rz 9). Teilweise wurde bis zur Einführung des § 648a Abs 2 in Anlehnung an III VOB/B auch für die freie Kündigung gefordert, dass die Teilkündigung sich auf einen in sich abgeschlossenen Teil der vertraglichen Leistung beziehen muss (München BauR 08, 1474; vgl Leidig/Hürter NZBau 09, 106). Jedenfalls diese strenge Sichtweise erscheint mit Rücksicht auf die strengen Voraussetzungen, nach denen sich eine ›in sich abgeschlossene Teilleistung‹ gem § 8 III VOB/B ergeben kann (grundl BGH NJW 09, 3717 [BGH 20.08.2009 - VII ZR 212/07]), nicht gerechtfertigt.
2. Allgemeine Rechtsfolgen.
Rn 5
Die wirksam erklärte Kündigung beendet den Bauvertrag für die Zukunft. Der Unternehmer muss das Werk nicht fertig stellen, kann aber hinsichtlich der bis zur Kündigung vertragsgerecht erbrachten Leistungen (Teil-)Abnahme verlangen (BGH BauR 03, 689). Durch die wirksame Kündigung erlischt das Recht des Unternehmers aus § 632a, Abschlagszahlungen auf den Werklohn verlangen zu dürfen (Hamm BauR 02, 1105, 1106); er muss schlussrechnen und eine auf Abschlagszahlungen gerichtete Klage dementspr umstellen (vgl BGH NJW-RR 87, 724; BGH BauR 00, 1482). Hinsichtlich der bis zur Kündigung erbrachten Leistungen stehen dem Besteller die allg Sachmängelrechte weiterhin zu; der Auftragnehmer ist andererseits durch die Kündigung nicht gehindert, verlangte Nachbesserungsarbeiten auszuführen, um seine bis zur Kündigung erbrachten Leistungen in einen vertragsgerechten Zustand zu bringen (BGH BauR 89, 462; Ingenstau/Korbion/Joussen/Vygen Teil B, Vor §§ 8 und 9, Rz 10).