I. Voraussetzungen für die Kündigung aus wichtigem Grund (Abs 1, 3).
Rn 4
Der BGH hat bereits für vor dem 1.1.18 geschlossenen Bauverträge in stRspr entschieden, dass die Vertragsparteien den Vertrag außerordentlich aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung kündigen dürfen, wenn ihnen nicht zugemutet werden kann, den Vertrag unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles fortzusetzen (BGH BauR 96, 704; BauR 99, 1469 – Kündigung des Bestellers; BGH BauR 83, 459 – Kündigung des Unternehmers; vgl zum alten Recht mwN: Kniffka/Koeble, 4. Aufl., Teil 7 Rz 28 ff und Teil 8 Rz 33). Die hierfür maßgeblichen Voraussetzungen hat der Gesetzgeber nunmehr in Anlehnung an die für Dauerschuldverhältnisse geltende Regelungen in § 314 gesetzlich für alle Arten von Werkverträgen normiert. Danach gilt hier wie dort, dass der Werkvertrag beidseitig aus wichtigem Grund gekündigt werden kann, wenn dem kündigendem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur Fertigstellung des Werks nicht zugemutet werden kann. Für die Wertung der insoweit maßgeblichen tatsächlichen Umstände kann demnach auch für die Anwendung des § 648a auf die umfangreiche Rspr zur Kündigung aus wichtigem Grund nach altem Recht zurückgegriffen werden.
Rn 5
Der Gesetzgeber hat bewusst darauf verzichtet, besondere Kündigungsgründe zu normieren. Ob der Vertrag aus wichtigem Grund gekündigt werden darf, sollen die Gerichte durch eine bewertende Beurteilung der feststellbaren Umstände im jeweiligen Einzelfall entscheiden. Darauf folgt nicht, dass andernorts bspw. in §§ 8 und 9 VOB/B angezogene Kündigungsründe nicht gegeben sein können. So weist der Gesetzgeber ausdrücklich darauf hin, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Unternehmers idR dessen Unzuverlässigkeit indiziert. Ob dem Besteller deshalb die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht zugemutet werden könne, müsse allerdings unter Berücksichtigung der sonstigen Umstände des Streitfalles entschieden werden (BTDrs 18/8486 S 51). Dafür kann auf die zu § 314 entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden (vgl die Kommentierung dort).
Rn 6
III 1 bestimmt, dass § 314 II und III auf die Kündigung des Werkvertrages entsprechend anwendbar sind. Damit wird klargestellt, dass die Kündigung des Bestellers erst nach Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig ist, wenn der Kündigungsgrund in der Verletzung einer vertraglichen (Leistungs-)Pflicht besteht. Für die Entbehrlichkeit einer Fristsetzung verweist III 2 darüber hinaus auf § 323 II (s die Kommentierung dort). Aus diesem Regelungszusammenhang wird man den allgemeinen Grundsatz ableiten können, dass bei einer Kündigung aus wichtigem Grund, die auf die nicht rechtzeitige oder nicht vertragsgerechte Erbringung von Vertragsleistungen gestützt wird, die Wertungen des Rücktrittsrechts als Mindestanforderungen berücksichtigt werden müssen (so zutreffend: Kniffka BauR 17, 1747, 1774). Aus der Verweisung auf § 314 III ergibt sich, dass der Berechtigte die außerordentliche Kündigung des Werkvertrages – anders als beim Rücktrittsrecht – innerhalb einer angemessenen Frist ausüben muss, nachdem er von den Kündigungsgründen Kenntnis erlangt hat.
Rn 7
Der Besteller muss den wichtigen Grund für die Kündigung darlegen und beweisen (BGH NJW-RR 90, 1109 [BGH 10.05.1990 - VII ZR 45/89]). Maßgebend für die Unzumutbarkeit der Vertragsfortführung ist eine anhand der hierfür bedeutsamen Umstände vorzunehmende Abwägung der Parteiinteressen. Sie wird nach der insoweit weiter geltenden Rspr des BGH zur Rechtslage vor dem 1.1.18 insbes dann vorliegen, wenn der Vertragszweck erheblich und auf Dauer gefährdet wird, so bei hartnäckiger Nichteinhaltung von verbindlichen Vertragsfristen (BGHZ 144, 242; NJW 03, 1600), bei ungerechtfertigter Kündigung (BGH NJW 00, 807) oder bei unberechtigter endgültiger Leistungsverweigerung (BGH NJW 89, 1248; Brandbg IBR 05, 302 [OLG Brandenburg 09.02.2005 - 4 U 128/04] – Unternehmer macht Arbeitsaufnahme von der Bewilligung eines nicht gerechtfertigten Nachtrages abhängig), die uU in der Weigerung des Architekten bestehen kann, seine Planung dem verbindlich vereinbarten Kostenrahmen anzupassen (BGH NJW 99, 3554, 3556 [BGH 24.06.1999 - VII ZR 196/98]; Karlsr IBR 05, 268 [BGH 24.02.2005 - VII ZR 201/04]; Ddorf NZBau 02, 686 [OLG Düsseldorf 30.04.2002 - 23 U 182/01]). Dem Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund kann die Grundlage entzogen sein, wenn nach den Umständen zu erwarten ist, dass der Unternehmer sich in Zukunft (wieder) vertragstreu verhalten wird (BGH NJW-RR 99, 19, 20 [BGH 17.09.1998 - IX ZR 291/97]). Hat der Besteller selbst zur Zerrüttung des Vertragsverhältnis maßgeblich beigetragen, ist ein Kündigungsrecht ebenfalls ausgeschlossen (Ddorf NJW-RR 96, 730, 731 [OLG Düsseldorf 27.06.1995 - 21 U 219/94]; Saarbr MDR 98, 899). Seine unwirksame (Teil-)Kündigung aus wichtigem Grund kann als schuldhaft vertragswidriges Verhalten ggü dem Unternehmer zu ...