Rn 6
Problematisch sind die Fälle, bei denen der Unternehmer sowohl Liefer- als auch werkvertragliche Herstellungsverpflichtungen übernimmt. Kaufrecht gilt für Verträge, bei denen der Veräußerer lediglich eine Montageverpflichtung übernommen hat, die als werkvertragliche Nebenpflicht von untergeordneter Bedeutung einzustufen ist, dh den Charakter des Vertrags nicht prägt (BGH BauR 86, 437; BauR 99, 39; BauR 04, 882; Schlesw BauR 07, 1939 – Windkraftanlage). Bildet die Einbauleistung hingegen den Schwerpunkt des Vertrags, findet Werkvertragsrecht Anwendung. Bei der Bestimmung der Bedeutung ist anhand einer Gesamtbetrachtung der Schwerpunkt der Leistungen zu ermitteln. Maßgeblich sind dabei insbes deren Wertverhältnis und die Art des Liefergegenstands (BGH BauR 04, 882). Auch die Besonderheiten des geschuldeten Ergebnisses sind zu berücksichtigen (BGH BauR 04, 850). Daher findet Kaufrecht Anwendung bei nur geringen Änderungen und Montageleistungen, die auch vom Käufer selbst durchgeführt werden könnten; nicht jedoch bei aufwändiger Anpassung oder umfangreicher Einbauleistung. Werkvertrag wurde bej, wenn der mit der Tätigkeit zu erbringende Erfolg wesentlich über die Herstellung und Verschaffung einer beweglichen Sache hinausgeht und im Vordergrund steht (s zu § 651 aF BGH NJW 98, 3197; Hamm NJW-RR 01, 1309). Die Rspr zu dieser Abgrenzungsfrage war bislang uneinheitlich. Sie hat Kaufrecht angenommen beim Einbau speziell für Parkhauszufahrten gefertigten Heizmatten (Frankf BauR 00, 423), bei einem Hausbausatzvertrag (Lieferung zum – durch einen Fachmann betreuten – Selbsteinbau durch den Käufer mit Zusatzleistung Planerstellung, Ddorf NJW-RR 02, 14), Verkleidung eines Wohnhauses mit Kunststoffelementen (Hamm NJW-RR 86, 1053); Werkvertrag hingegen bei Einpassung einer Serieneinbauküche (BGH BauR 90, 351; Frankf BauR 08, 1494) oder dem Verkleben eines zu liefernden Teppichbodens (BGH BauR 91, 603). Insbes aus den beiden letztgenannten Entscheidungen wird erkennbar, dass bei der Ermittlung des Schwerpunkts der Leistung dem Kriterium der Funktionalität der zu liefernden Sache für den vereinbarten Erfolg entscheidende Bedeutung zukommt (vgl zum Ganzen auch Leupertz BauR 06, 1648, 1649 mwN).
Rn 7
Bisher nicht endgültig geklärt ist, ob die soeben erörterten Kriterien für die Abgrenzung zwischen Werk- und (reinem) Kaufvertrag auch dann gelten, wenn der Unternehmer die zu liefernde Sache nicht nur montieren, sondern auch herstellen soll, so dass der Regelungsbereich des § 650 tangiert ist. Das ist zu bejahen (Nürnbg BauR 07, 122 – Türen nach speziellem Aufmaß; offengelassen von BGH BauR 09, 1581, 1583 Tz 14). Denn die durch den Einbau regelmäßig kraft Gesetzes nach § 946 vollzogene Lieferverpflichtung tritt auch dann unter den gleichen Voraussetzungen in ihrer Bedeutung für die Verwirklichung des vertraglich vereinbarten Leistungszwecks hinter der auf die Realisierung des Werkerfolgs gerichtete Montageleistung zurück, wenn diese nach den rechtsgeschäftlichen Vorstellungen der Vertragsparteien den Schwerpunkt der Leistungsverpflichtung des Unternehmers/Herstellers bildet (näher hierzu: Leupertz BauR 06, 1648, 1650; ebenso: BeckOKBGB/Voit § 650 Rz 6; NK-BGB/Linz § 650 Rz 28; Teichmann JuS 02, 417, 423; aA: Thode NZBau 02, 360, 361). Eine Anwendung des § 650 bei Baustofflieferungen mit Einbau in ein Bauwerk/Grundstück wird zT mit der Begründung abgelehnt, dass eine die Lieferung kennzeichnende Übereignung in den Fällen des gesetzlichen Eigentumserwerbs über § 946 durch Einbau fehle (Voit BauR 02, 145; BeckOKBGB/Voit § 650 Rz 8). Das überzeugt schon deshalb nicht, weil sich der Eigentumsübertragungsakt bei derartigen Geschäften geradezu typisch nach §§ 946 ff vollzieht und die soeben erörterten Fallkonstellationen zeigen, dass es für die Anwendbarkeit des § 650 nicht auf die Rechtsnatur des Eigentumsübertragungsaktes ankommen kann. IÜ liefe die vom Gesetzgeber offenbar bewusst aufgenommene Verweisung auf § 442 I 1 weitgehend leer, wenn die Anwendbarkeit des § 651 nur bei Stellung eines untergeordneten Teils des für die Herstellung benötigten Materials eröffnet wäre (vgl zum Ganzen: Mankowski MDR 03, 854, 855; Leupertz BauR 06, 1648, 1651; ebenso: Grüneberg/Retzlaff § 650 Rz 5; – mit Verweis auf europarechtliche Vorgaben Hagen JZ 04, 713; Röthel NJW 05, 625).