1. Änderung des Werkerfolgs (Abs 1 S 1 Nr 1).
Rn 7
Die Vereinbarung eines vom Unternehmer geschuldeten Erfolgs gehört zu den essentialia negotii für den wirksamen Abschluss eines Werkvertrags und prägt damit dessen Inhalt, § 631 II. Dass gleichwohl eine Änderung des geschuldeten Erfolgs gegen den Willen des Unternehmers möglich sein soll, gründet sich in den typischen Problemen des Bauvertrags: Die Komplexität und Dauer des Vorhabens führt in der Praxis nicht selten zu dem Bedürfnis, eine Korrektur des vereinbarten Werkerfolgs vorzunehmen. Dieser Sinn zeigt zugleich auf, dass eine Änderung isd Vorschrift nicht mehr gegeben sein dürfte, wenn sie zu einem Austausch des Vertragsgegenstandes und damit zu einem gänzlich anderen Vertrag führen würde (Kniffka/Jurgeleit/von Rintelen, Bauvertragsrecht § 650b Rz 42 mwN). Nicht erforderlich ist jedoch, dass im Einzelfall die Entscheidung des Bestellers auf der vom Gesetzgeber (BTDrs 18/8486, S 53) zu Recht als typisch vorausgesetzten Situation beruht.
Rn 8
Zu beachten ist, dass der Werkerfolg nicht nur in einem ausdrücklich oder konkludent vereinbarten Endziel oder der Funktionalität des gesamten Werks besteht. Vielmehr liegt gerade in einer mehr oder weniger detaillierten zum Vertragsgegenstand gewordenen Leistungsbeschreibung (Leistungsverzeichnis, Baupläne oä) idR zugleich die Festlegung bestimmter zu erreichender Vorgaben, also Erfolge iSv § 631 II (zB zur Verwendung bestimmter Materialien oder Konstruktionsmethoden) (Kniffka/Jurgeleit/von Rintelen Bauvertragsrecht § 650b Rz 38 mwN).
Rn 9
Aus § 650b I 2, letzter Hs; II 2 folgt als Voraussetzung für Rechte des Bestellers aus § 650b I 1 Nr. 1, dass dem Unternehmer die Ausführung der geänderten Leistung zumutbar ist. Ob diese Voraussetzung vorliegt, ist eine Frage des Einzelfalls. Soll sich aus betriebsinternen Vorgängen für den Unternehmer eine Unzumutbarkeit ergeben, trägt dieser hierfür die Darlegungs- u Beweislast (I 3), iÜ (nach allg Grds u im Umkehrschluss) der Besteller. Nach der Gesetzesbegründung sollen die Maßstäbe nicht denen von § 275 entsprechen (BTDrs 18/8486 S 53f). Hieraus ist jedenfalls abzuleiten, dass nicht nur die Art der auszuführenden Leistung selbst, sondern gerade auch der Umstand, dass eine nachträglich u idR kurzfristig zu erbringende Leistung gefordert wird, in die notwendige Gesamtabwägung einzustellen ist (vgl ausf zu Abwägungskriterien Kniffka/Jurgeleit/von Rintelen, Bauvertragsrecht § 650b Rz 47 ff; D/L/O/P/S/Oberhauser, § 2 Rz 53 ff).
2. Sonstige Änderung (Abs 1 S 1 Nr 2).
Rn 10
Eine sonstige Vertragsänderung, die zur Erreichung des schon vereinbarten Werkerfolgs notwendig ist, kommt prinzipiell (zu einer Ausnahme s Rn 14) nur in Betracht, wenn der Vertrag über eine funktionale Erfolgsbeschreibung hinaus weitere Vereinbarungen enthält. Solche sind nicht notwendig, im Bauvertrag jedoch die Regel.
a) Widersprüche.
Rn 11
Nicht selten kommt es dabei vor, dass Bauverträge unbeabsichtigt Widersprüche derart enthalten, dass bestimmte geschuldete Funktionalitäten oder Ergebnisse mit den ebenfalls vereinbarten weiteren Vorgaben (etwa zur Beschaffenheit bestimmter Materialien) nicht erreicht werden können. Das daraus resultierende Problem ließe sich theoretisch mit den Werkzeugen des allgemeinen Vertrags- und Schuldrechts lösen. Bei nicht aufzulösender Widersprüchlichkeit ist ein Vertrag wegen sog Perplexität unwirksam. Denkbar wäre auch eine Lösung nach den Regeln der Unmöglichkeit, indem man annimmt, dass es unmöglich ist, die beschriebene Leistung zu erbringen. Beide Wege werden zu Recht regelmäßig nicht beschritten. Vielmehr nimmt man (dogmatisch gesehen im Wege der Auslegung wegen der Erfolgsbezogenheit eines Werkvertrags) an, dass der Unternehmer selbst dann zur Herstellung eines voll funktionstauglichen Werks verpflichtet ist, wenn dies durch die vertraglichen Vorgaben zur Ausführung der Werkleistungen nicht erreicht werden kann (s § 631 Rn 1, § 633 Rn 22). Allerdings darf er auch nicht eigenmächtig von den weiteren Vorgaben abweichen, denn ein solches Werk wäre ebenfalls mangelhaft.
Rn 12
Diese Fälle will § 650b I 1 Nr 2 erfassen (vgl BTDrs 18/8486, S 53). Entsprechend zur gerade genannten ohnehin bestehenden Pflicht des Unternehmers zur (mangelfreien) Erreichung des Werkerfolgs muss dieser deshalb alle notwendigen vom Besteller angeordneten Änderungen im Ergebnis ausführen; Probleme werden sich häufig erst bei der Frage einer Vergütungsanpassung stellen.
b) Unvollständigkeit.
Rn 13
Eine weitere wichtige Fallgruppe ist folgende: Für die Erreichung des durch Auslegung des Bauvertrags zu ermittelnden geschuldeten Erfolgs (s Rn 8) sind die im Vertrag erwähnten Leistungen nicht ausreichend, sondern weitere sind notwendig. Hier ist zu unterscheiden: Ebenfalls durch Auslegung ist zu ermitteln, ob das Schweigen im Vertrag bedeutet, dass sie nicht vorgesehen waren, oder ob es Sache des Unternehmers ist, zusätzlich zu den ausdrücklich erwähnten Arbeiten auch diese für den Erfolg notwendigen Arbeiten durchzuführen. Im ersten Fall besteht – wie oben Rn 11 – ein Widerspruch im Vertrag, der mit der Anordnung nach § 650b I 1 Nr 2 au...