Rn 15
III enthält eine Zahlungsregel, mit der die Liquidität des Unternehmers gesichert werden soll. Durch die Einführung der 80 % Regel in III 1 möchte der Gesetzgeber den Zahlungsfluss sicherstellen und dem Unternehmer eine effiziente Möglichkeit eröffnen, zeitnah seine Mehrvergütungsansprüche als Abschlagsforderungen zu realisieren (iE dazu: Leupertz/Preussner/Sienz/Althaus/Kattenbusch § 650c Rz 141 ff).
Rn 16
Danach gilt: Gelangen die Vertragsparteien nicht gem § 650b I 1 zu einer Einigung über die Höhe der Nachtragsvergütung, darf der Unternehmer einen Pauschalbetrag von 80 % seines Nachtragsangebots gemäß § 650b I 2 als Abschlagsforderung durchzusetzen, ohne darlegen und ggf beweisen zu müssen, dass die von ihm erbrachten Mehrleistungen tatsächlich vertragliche Mehrvergütungsansprüche nach I, II in geltend gemachter Höhe rechtfertigen. Weil er demnach in der Bemessung seines Angebots frei ist, besteht eine starker Anreiz für den Unternehmer, durch ein überhöhtes Nachtragsangebot die Voraussetzungen für die Einziehung einer ebenso überhöhten Abschlagsforderung zu schaffen. Der Besteller wiederum wird sich gegen eine in seinen Augen ungerechtfertigte Abschlagsforderung des Unternehmers auf Basis der 80 %-Regel durch die Beantragung des Erlasses einer einstweiligen Verfügung nach III 1 iVm § 650d wehren (müssen).
Rn 17
Bezahlt der Besteller die pauschalierte Nachtragsforderung des Unternehmers nicht, wird dieser seinerseits zur Realisierung seines Anspruchs gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen müssen. Dafür kann er gemäß § 650d den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragen. Geht er diesen Weg, entsteht das Problem, dass III seinem Wortlaut nach nur die Berechnung vereinbarter oder gem § 632a geschuldeter Abschlagszahlungen erleichtert. Geschuldet sind die Abschläge allerdings nur für solche Leistungen, die der Unternehmer vertragsgerecht erbracht hat. Wendet der Besteller ein, die abgerechneten (Mehr-)Leistungen seien mangelhaft, so ist dieser Einwand gemäß § 632a I 2 materiell-rechtlich erheblich. Es lässt sich derzeit noch nicht absehen, wie die Gerichte mit diesem, vom beweispflichtigen Unternehmer zu widerlegenden Mangeleinwand im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens umgehen werden (allgemein zum einstweiligen Verfügungsverfahren in Bausachen: § 650d). Die Gesetzesbegründung verhält sich hierzu nicht.
Der Besteller kann der Verpflichtung zur Zahlung der 80 %igen Nachtragspauschale nur entgehen, indem er gem III 1 eine ›anderslautende gerichtliche Entscheidung‹ herbeiführt. Dazu kann auch er gemäß § 650d den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragen. Sein Antrag wird darauf gerichtet sein, dem Unternehmer die Durchsetzung seines pauschalierten Nachtrags als Abschlagsforderung zu verweigern. Diesem bleibt dann nur die Möglichkeit, seinen Mehrvergütungsanspruch aus Abs 1, 2 herzuleiten und geltend zu machen.
Rn 18
Der Unternehmer, der von der 80 %-Regel Gebrauch macht, ist bis zur Schlussabrechnung gehindert, den 80 % überschießenden Betrag seiner Nachtragsforderung geltend zu machen. Das folgt aus der freilich missverständlich formulierten Regelung in III 2, wonach ›die nach den Absätzen 1 und 2 geschuldete Mehrvergütung erst nach der Abnahme des Werks fällig wird‹. Das bedeutet – wie sich aus dem Sinn der Regelung ergibt – nicht, dass die Nachtragsforderung nicht als Abschlagsforderung geltend gemacht werden und insgesamt erst nach der Abnahme fällig wird.
Rn 19
III 3 ordnet an, dass der Unternehmer nach III 1 empfangene Zahlungen dem Besteller zurückgewähren muss, soweit sie die nach I und II tatsächlich geschuldete Mehrvergütung übersteigen. Darüber hinaus muss er den überschießenden Betrag ab Inempfangnahme mit dem sich aus § 288 I 2, II für Verzugszinsen ergebenden Zinssatz verzinsen. Das sind bei Geschäften zwischen Unternehmern neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Die harte Zinsforderung hat der Gesetzgeber eingeführt, um den Unternehmer davon abzuhalten, überhöhte Abschlagsforderungen gemäß Abs 3 S 1 abzurechnen. Der Besteller bleibt hinsichtlich seines Rückzahlungsanspruchs mit dem Risiko belastet, dass der Unternehmer zwischenzeitlich insolvent wird.