1. Regelungsgehalt und Wirkungsweise.
Rn 11
Die Regelung in II 1 gestattet es dem Unternehmer, zur Berechnung der Nachtragsvergütung auf die Ansätze in seiner Urkalkulation zurückzugreifen. Die Vorschrift wird ergänzt durch die Regelung in II 2, wonach eine widerlegbare Vermutung besteht, dass die gem II 1 auf Basis der Urkalkulation fortgeschriebene Vergütung derjenigen nach I entspricht. Der Unternehmer kann – für jeden Nachtrag gesondert – zwischen den Abrechnungsvarianten nach Abs 1 und Abs 2 wählen (BTDrs 18/8486 S 57; ausf zum Ganzen: Leupertz/Preussner/Sienz/Althaus/Kattenbusch § 650c Rz 69 ff). Damit kann er faktisch bei dem Prinzip der vorkalkulatorischen Preisfortschreibung (vgl dazu eingehend: Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher/Kniffka 4. Teil Rz 182 ff mwN) bleiben. Allerdings kann der Besteller seinerseits die tatsächlich erforderlichen Kosten ermittelten und auf diese Weise die Vermutung widerlegen, dass die nach II ermittelte Nachtragsvergütung derjenigen nach I entspricht. Die widerlegliche Vermutung erfasst auch die vom Unternehmer in Ansatz gebrachten Zuschläge für AGK, Wagnis und Gewinn.
Rn 12
Der Unternehmer kann sich nur dann auf die Vermutungswirkung nach II 2 berufen, wenn die dieser Nachtragsberechnung zugrunde liegende Urkalkulation vereinbarungsgemäß hinterlegt wurde. Voraussetzung dafür ist eine entsprechende rechtsgeschäftliche Vereinbarung der Vertragsparteien, die nicht notwendig bereits bei Vertragsschluss getroffen worden sein muss. Nicht angesprochen wird in der Gesetzesbegründung die Beantwortung der naheliegenden Frage, was geschieht, wenn der Besteller sich weigert, die vom Unternehmer verlangte Hinterlegungsvereinbarung zu treffen. Das kann dazu führen, dass der Unternehmer nicht auf die Berechnungsmethode nach II zurückgreifen kann. Allerdings wird man über eine Anwendung der allgemeinen Rechtsgrundsätze des Gebots von Treu und Glauben (§ 242) auch zu der Auffassung gelangen können, dass die Weigerung des Bestellers je nach den Umständen des Einzelfalles als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist, wenn sie ohne hinreichenden sachlichen Grund, insbesondere allein zu dem Zweck erfolgt, eine Nachtragsberechnung nach Abs 2 zu verhindern.
Rn 13
Weil die Vermutung nach II 2 an die Preis- und Kostenansätze der Urkalkulation geknüpft ist, muss diese ausreichend, dass heißt bis zur Kostenelementebene, aufgeschlüsselt sein. Eine nachträgliche weitere Aufschlüsselung ist nicht möglich.
Rn 14
II begründet ein Wahlrecht des Unternehmers, ob er Nachträge auf Basis seiner Kalkulation oder nach tatsächlich erforderlichen Kosten abrechnen will. Im Zusammenspiel mit der Vermutung nach II 2 ist auf diese Weise gewährleistet, dass er die Berechnung der Nachtragspreise in vielen unproblematischen Fällen weiterhin ohne großen Aufwand aus seiner Kalkulation entwickeln kann. Der Besteller kann seinerseits die Vermutung gem II 2 widerlegen und einer nachweislich überhöhten Nachtragsberechnung niedrigere tatsächlich erforderliche Kosten nach I entgegenhalten. Insoweit ist er darlegungs- und beweispflichtig. Der Unternehmer kann sein Wahlrecht nur insgesamt für jeden Nachtrag ausüben.