I. Einstweiliges Verfügungsverfahren.
Rn 3
Die Vorschrift betrifft das in §§ 935 ff ZPO vorgesehene einstweilige Verfügungsverfahren und regelt für ihren sachlichen Anwendungsbereich lediglich eine Voraussetzung abweichend dahin, dass auf die nach den für dieses Verfahren geltenden Regeln notwendige Glaubhaftmachung eines Verfügungsgrundes verzichtet wird. Im Übrigen gelten alle Regeln des einstweiligen Verfügungsverfahrens (vgl §§ 935 ff ZPO).
II. Streitigkeit über das Anordnungsrecht gem § 650b.
Rn 4
Eine Streitigkeit iS der Vorschrift setzt keinen konkreten Anspruch voraus. Vielmehr sollte der Begriff unter den des ›streitigen Rechtsverhältnisses‹ iSv § 940 ZPO subsumiert und wie dort üblich weit ausgelegt werden (vgl PG/Fischer § 940 Rz 2 mwN). Das entspricht auch der Vorstellung des Gesetzgebers (vgl BTDrs 18/11437, S 44: auch mit dem Anordnungsrecht im Zusammenhang stehende Vorfragen, wie zB die Frage, ob der Vertrag geändert wurde). Deshalb können hierunter auch Meinungsverschiedenheiten über Verantwortlichkeiten im Rahmen des Einigungsprozesses nach § 650b Abs 1 gefasst werden (iErg ebenso: Langen/Berger/Dauner-Lieb/Langen, Kommentar zum neuen Bauvertragsrecht, § 650d Rz 13 ff) sowie über die Zumutbarkeit der Anordnung zur Änderung des Werkerfolgs (Leupertz/Preussner/Sienz/Leupertz § 650d Rz 12 ff; Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher/Sacher 12. Teil Rz 104); dieses uU auch schon nach einem entsprechenden Begehren des Bestellers, vor allem, weil hiervon auch die Verpflichtung des Unternehmers zur Erstellung eines Angebots abhängt (s § 650b Rn 3). Gleiches gilt für die Frage, ob der Besteller eine Planung zur Verfügung stellen muss (s § 650b Rn 3).
Rn 5
Generell ist der Streit über die Wirksamkeit einer erteilten Anordnung sowie über hierzu streitige Vorfragen erfasst (zB verfrühte Anordnung, ausreichende Bestimmtheit). Eine im obigen Sinne klärungsbedürftige Vorfrage kann darin bestehen, ob überhaupt ein Änderungsverlangen des Bestellers vorliegt, das Gegenstand einer Anordnung iSd § 650b II sein könnte (ebenso Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher/Sacher 12. Teil Rz 104). So sieht das auch die 32. ZK des LG Berlin, die in einer der ersten Entscheidungen zu § 650d einen dahingehenden Feststellungsantrag für zulässig erachtet hat (IBRRS 20, 1969; BeckRS 19, 43825). Anders die 28. ZK des LG Berlin, die ein Feststellungsbegehren im Verfahren nach § 650d für unzulässig gehalten hat, mit dem der Besteller festgestellt wissen wollte, dass der Unternehmer nicht berechtigt gewesen sei, seine Leistungen mit der Begründung einzustellen, der Besteller habe die Bezahlung der im Zusammenhang mit einer Änderung des Bauzeitenplans anfallenden Mehrkosten verweigert (LG Berlin IBRRS 20, 2213). Besteht auf Seiten des Bestellers berechtigter Anlass für die Annahme, dass der Unternehmer eine erteilte Anordnung nicht befolgen wird, etwa weil er erkennbar nach dem ursprünglichen Bauplan weiterbaut, dürfte der Besteller unter den durch § 650d erleichterten Bedingungen eine einstweilige Verfügung mit dem Ziel erwirken können, dem Unternehmer die Fortführung der nicht vertragsgerechten Bauausführung zu untersagen. Fraglich ist allerdings, ob sogar eine Leistungsverfügung auf Verurteilung zur Durchführung der Anordnung möglich ist (so D/L/O/P/Oberhauser § 2 Rz 134; Langen/Berger/Dauner-Lieb/Langen, Kommentar zum neuen Bauvertragsrecht, § 650d Rz 48 – mit unzutreffendem Hinweis auf S 55 der Regierungsbegründung). Dagegen spricht vor allem, dass es nur einen allg Erfüllungsanspruch des Bestellers, nicht jedoch einen solchen auf Durchführung bestimmter Einzelleistungen gibt.
III. Streitigkeit über die Vergütungsanpassung gemäß § 650c.
Rn 6
Zum Begriff der Streitigkeit allgemein s Rn 4. Der Gesetzgeber wollte mit dieser Fallgruppe einstweilige Verfügungen zur Durchsetzung von Forderungen des Unternehmers auf Abschlagszahlungen oder Sicherheitsleistungen, die sich wegen Anordnungen des Bestellers geändert haben, erleichtern. Die grds vorleistungspflichtigen Unternehmer seien in besonderem Maße auf Liquidität – etwa durch an den neuen Leistungsumfang angepasste Abschlagszahlungen – angewiesen. Dies gelte vor allem dann, wenn es aufgrund der Änderungsanordnung zu erheblichen Kostensteigerungen komme. Daher solle den Unternehmern ermöglicht werden, im einstweiligen Verfügungsverfahren schnell einen Titel über den geänderten Abschlagszahlungsanspruch oder die nunmehr zu gewährende Sicherheit zu erlangen. Mache der Unternehmer von seiner vorläufigen Pauschalisierungsmöglichkeit der Mehrvergütung nach § 650c III 1 Gebrauch, diene die erleichterte einstweilige Verfügung auch den Interessen des Bestellers. Er könne so überhöhten Ansprüchen schnell entgegentreten. Wegen der erhöhten Anforderungen der Rspr an das Bestehen eines Verfügungsgrundes bei Leistungsverfügungen solle die Vorschrift die Voraussetzungen, unter denen der Unternehmer eine auf Zahlung gerichtete einstweilige Verfügung erlangen könne, nach Beginn der Bauausführung absenken (vgl BTDrs 18/8486 S 57f).
Rn 7
Damit dürften grds Leistungsverfügungen über Abschlagszahlungen oder die Gewährung einer Sicherheit gem § 650f dem Anwendungsbereich d...