1. Regelungsgehalt.
Rn 7
Die Zustandsfeststellung ersetzt nicht die Abnahme und erzeugt auch sonst nicht deren Wirkungen. Sie begründet lediglich die widerlegliche Vermutung, dass offenkundige Mängel, die in der Zustandsfeststellung nicht angegeben sind, erst danach entstanden und vom Besteller zu vertreten sind (Leupertz/Preussner/Sienz/Hummel § 650g Rz 59 ff). Dogmatisch handelt es sich damit um eine Regelung zur Gefahrtragung, mit der die allgemeine Bestimmung des § 644 modifiziert und der Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorverlegt wird. Sie soll darüber hinaus den Unternehmer davon entlasten, für Mängel einstehen zu müssen, die wahrscheinlich nicht von ihm verursacht worden sind (Gesetzesbegründung BTDrs 18/8486 S 61). Insoweit enthält III eine Beweislastregel (ebenso: D/L/O/P/S/Oberhauser, § 2 Rz 152; Langen/Berger/Dauner-Lieb/Dressel, § 650g Rz 40, dazu iE unten Rn 13).
2. Voraussetzungen.
Rn 8
Die Rechtswirkungen des III frühestens treten ein, wenn das Werk dem Besteller verschafft worden ist. ›Verschaffen‹ meint den Übergang der Sachherrschaft, idR also des Besitzes, weil das Werk dann in den Einflussbereich des Bestellers gelangt ist und er nun die Verantwortung für seinen Zustand trägt (s § 633 Rn 10; ebenso für § 650g: Leupertz/Preussner/Sienz/Hummel § 650g Rz 51; Langen/Berger/Dauner-Lieb/Dressel, § 650g Rz 44). Das setzt nicht voraus, dass die Vergütungsgefahr bereits übergegangen ist (so aber wohl MüKo/Busche, § 633 Rz 6); sie soll unter den Voraussetzungen des III abweichend von §§ 644, 645 gerade erst durch die Vermutungswirkung des III übergehen (s Rn 9). Erst recht muss das Werk nicht abgenommen sein, weil I an die Verweigerung der Abnahme anknüpft.
Rn 9
Die Vermutungswirkung des III betrifft nur offenkundige Mängel, die nicht in der wirksam gem I, II erstellten Zustandsfeststellung aufgeführt sind. Gemeint sind Mängel, die der fachkundige Besteller bei einer ordnungsgemäß durchgeführten Zustandsfeststellung ohne weiteres hätte entdecken müssen (vgl BTDrs 18/8486 S 60). Unerheblich ist, ob die gemeinsame Zustandsfeststellung den Formerfordernissen des I 2 und II genügt, die nur eingehalten werden sollen (BTDrs 18/8486, S 60). Anders für die einseitige Zustandsfeststellung des Unternehmers nach II, die datiert und unterschrieben sein muss. Ob sie darüber hinaus dem Besteller zur Verfügung gestellt worden sein muss, um die Vermutungswirkung des III zu entfalten, erscheint fraglich.
Rn 10
Die Vermutung nach III 1 gilt gem III 2 nicht, wenn der Mangel nach seiner Art nicht vom Besteller verursacht worden sein kann. Das ist nach der Vorstellung des Gesetzgebers insbesondere der Fall bei Materialfehlern oder erkennbaren Abweichungen von Planvorgaben des Bestellers (vgl BTDrs 18/8486 S 60). Die Regelung ist eigentlich überflüssig, weil die Vermutung des III regelmäßig ohnehin widerlegt sein dürfte, wenn der Mangel erkennbar durch Fehlleistungen des Unternehmers entstanden ist, deren Ursachen dann offenkundig von ihm gesetzt wurden, bevor er das Werk dem Besteller verschafft hat.
3. Rechtswirkungen.
Rn 11
Wenn die unter Rn 8 ff genannten Voraussetzungen erfüllt sind, begründet III eine widerlegliche Vermutung, dass in der Zustandsfeststellung nicht angegebene Mängel nach der Zustandsfeststellung entstanden und vom Besteller zu vertreten sind. Dadurch wird der Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorverlegt. Gem § 644 I trägt der Unternehmer die Vergütungsgefahr grds bis zur Abnahme, es sei denn, der Besteller befindet sich bereits Annahmeverzug, weil er das vertragsgerecht hergestellte und angebotene Werk nicht angenommen hat. Das führt dazu, dass der Unternehmer, dessen fertig gestellten Werkleistungen der Besteller zwar entgegengenommen, aber (noch) nicht abgenommen hat, Schäden am Werk selbst dann kostenlos beseitigen muss, wenn die Ursachen für die Beschädigung nicht aus seiner Sphäre stammen und das Werk auch nicht gem § 645 I 1 wegen eines Mangels eines vom Besteller beigestellten Stoffes oder aufgrund seiner Anweisungen verschlechtert worden oder untergegangen ist (s § 645 Rn 8). Unter den Voraussetzungen des III soll der Unternehmer nun durch eine Zustandsfeststellung dafür sorgen können, dass die Vergütungsgefahr bereits ab diesem Zeitpunkt auf den Besteller übergeht, und zwar unabhängig davon, aufgrund welcher Umstände nachträglich gerügte Mängel entstanden sind.
Rn 12
Die Begründung des Gesetzgebers für diese Vermutung lautet:
›Die Vermutung geht dahin, dass der offenkundige Mangel nach der Zustandsfeststellung entstanden und vom Besteller zu vertreten ist. Auf diesem Wege können dem Besteller auch von Dritten verursachte Schäden zugerechnet werden, wenn er die Vermutung nicht erschüttern kann.‹
Diese Erwägungen sind unpräzise (ebenso: Leupertz/Preussner/Sienz/Hummel § 650g Rz 60). Sie übersehen, dass Dritte – idR andere im Auftrag des Bestellers auf der Baustelle tätige Unternehmer – hinsichtlich der Erfüllung von Obhuts- und Sorgfaltspflichten keine Erfüllungsgehilfen (§ 278) des Bestellers im Verhältnis zum Unternehmer sein dürften. Der Besteller mus...