Gesetzestext
(1) 1Verweigert der Besteller die Abnahme unter Angabe von Mängeln, hat er auf Verlangen des Unternehmers an einer gemeinsamen Feststellung des Zustands des Werks mitzuwirken. 2Die gemeinsame Zustandsfeststellung soll mit der Angabe des Tages der Anfertigung versehen werden und ist von beiden Vertragsparteien zu unterschreiben.
(2) 1Bleibt der Besteller einem vereinbarten oder einem von dem Unternehmer innerhalb einer angemessenen Frist bestimmten Termin zur Zustandsfeststellung fern, so kann der Unternehmer die Zustandsfeststellung auch einseitig vornehmen. 2Dies gilt nicht, wenn der Besteller infolge eines Umstands fernbleibt, den er nicht zu vertreten hat und den er dem Unternehmer unverzüglich mitgeteilt hat. 3Der Unternehmer hat die einseitige Zustandsfeststellung mit der Angabe des Tages der Anfertigung zu versehen und sie zu unterschreiben sowie dem Besteller eine Abschrift der einseitigen Zustandsfeststellung zur Verfügung stellen.
(3) 1Ist das Werk dem Besteller verschafft worden und ist in der Zustandsfeststellung nach Absatz 1 oder 2 ein offenkundiger Mangel nicht angegeben, wird vermutet, dass dieser nach der Zustandsfeststellung entstanden und vom Besteller zu vertreten ist. 2Die Vermutung gilt nicht, wenn der Mangel nach seiner Art nicht vom Besteller verursacht worden sein kann.
(4) 1Die Vergütung ist zu entrichten, wenn
1. |
der Besteller das Werk abgenommen hat oder die Abnahme nach § 641 Absatz 2 entbehrlich ist, und |
2. |
der Unternehmer dem Besteller eine prüffähige Schlussrechnung erteilt hat. |
2Die Schlussrechnung ist prüffähig, wenn sie eine übersichtliche Aufstellung der erbrachten Leistungen enthält und für den Besteller nachvollziehbar ist. 3Sie gilt als prüffähig, wenn der Besteller nicht innerhalb von 30 Tagen nach Zugang der Schlussrechnung begründete Einwendungen gegen ihre Prüffähigkeit erhoben hat.
A. Allgemeines.
Rn 1
Die vom Gesetzgeber mit dem neuen Bauvertragsrecht eingeführte Zustandsfeststellung ergänzt die Regelungen zu fiktiven Abnahme in § 640 II (s dort), indem sie dem Unternehmer einen Anspruch verschafft, Feststellungen zu den vom Besteller zur Begründung seiner Abnahmeverweigerung bezeichneten Mängeln treffen zu können. Rechtstechnisch begründet sie eine Obliegenheit für den Besteller, bei der Zustandsfeststellung mitzuwirken (vgl Gesetzesbegründung BTDrs 18/8486 S 60). Damit bezweckt der Gesetzgeber zweierlei: Zu Einen soll der Zustand des Bauwerks oder der Außenanlage verlässlich dokumentiert werden, insbesondere um in einem späteren Prozess die Sachaufklärung zu erleichtern. Zum anderen beschränkt III die Leistungsgefahr, von der der Unternehmer abweichend von § 644 unter den genannten Voraussetzungen schon vor der Abnahme freigestellt wird (vgl Gesetzesbegründung BTDrs 18/8486 S 60). Darüber hinaus enthält IV eine § 14 I VOB/B nachgebildete Fälligkeitsregel, wonach der Besteller die Vergütung erst zu entrichten hat, wenn die Bauleistung abgenommen ist und der Unternehmer dem Besteller eine prüffähige Schlussrechnung erteilt hat.
B. Regelungsgehalt.
I. Gemeinsame Zustandsfeststellung (Abs 1).
Rn 2
Weil der Besteller die Abnahmefiktion gem § 640 II relativ leicht zerstören kann, indem er die Abnahme verweigert und mindestens einen Mangel bezeichnet, muss er dem Unternehmer gem I auf Verlangen Gelegenheit geben, den Grund für die Abnahmeverweigerung zu überprüfen. Dabei ist dem Gesetzgeber ein redaktionelles Missgeschick passiert. Denn während der Besteller gem § 640 II nur mindestens einen Mangel bezeichnen muss, um die Abnahmefiktion zu zerstören, soll die Obliegenheit des Bestellers, an einer Zustandsfeststellung teilzunehmen, nach dem Wortlaut von I 1 nur entstehen, wenn der Besteller die Abnahme unter Angabe von Mängeln verweigert hat. Die Divergenz ist unbeabsichtigt dadurch entstanden, dass der Gesetzgeber noch im ersten Regierungsentwurf auch für § 640 II vorgesehen hatte, dass der Besteller die Verweigerung der Abnahme unter Angabe von Mängeln erklären muss (vgl Begründung des Regierungsentwurfs vom 18.5.16, BTDrs 18/8486 S 12) und den Wortlaut erst im Verlaufe des Gesetzgebungsverfahrens angepasst hat. Er hat dabei versäumt, auch den Wortlaut des § 650g I anzupassen. Für die Anwendung der Vorschrift wird man gleichwohl davon ausgehen können, dass es auch für das Verlangen nach einer Zustandsfeststellung ausreicht, dass der Besteller die Abnahme unter Angabe mindestens eines Mangels verweigert hat (Leupertz/Preussner/Sienz/Hummel § 650g Rz 11).
Rn 3
Der Besteller muss auf Verlangen des Unternehmers an der gemeinsamen Feststellung des Zustands des Werks mitwirken. Darin liegt eine Obliegenheit des Bestellers (Gesetzesbegründung BTDrs 18/8486 S 60), deren Nichtbefolgung den Unternehmer gem II berechtigt, die Zustandsfeststellung alleine vorzunehmen, wenn der Besteller einem hierfür vereinbarten oder vom Unternehmer innerhalb angemessener Frist bestimmten Termin fernbleibt (ebenso D/L/O/P/S/Oberhauser, § 2 Rz 147).
Rn 4
Festgestellt wird der Zustand des Werks, wobei das Gesetz in I 2 lediglich vorgibt, dass die Feststellung mit der Angabe des Tage...