Gesetzestext
(1) 1Nach Vorlage von Unterlagen gemäß § 650p Absatz 2 kann der Besteller den Vertrag kündigen. 2Das Kündigungsrecht erlischt zwei Wochen nach Vorlage der Unterlagen, bei einem Verbraucher jedoch nur dann, wenn der Unternehmer ihn bei der Vorlage der Unterlagen in Textform über das Kündigungsrecht, die Frist, in der es ausgeübt werden kann, und die Rechtsfolgen der Kündigung unterrichtet hat.
(2) 1Der Unternehmer kann dem Besteller eine angemessene Frist für die Zustimmung nach § 650p Absatz 2 Satz 2 setzen. 2Er kann den Vertrag kündigen, wenn der Besteller die Zustimmung verweigert oder innerhalb der Frist nach Satz 1 keine Erklärung zu den Unterlagen abgibt.
(3) Wird der Vertrag nach Absatz 1 oder 2 gekündigt, ist der Unternehmer nur berechtigt, die Vergütung zu verlangen, die auf die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen entfällt.
A. Überblick.
Rn 1
Mit den neuen Vorschriften des Untertitels 2 zum Titel 9 des BGB hat der Gesetzgeber einen neuen Vertragstyp ›Architekten- und Ingenieurvertrag‹ geschaffen, der entgegen der bis zum 1.1.18 ganz herrschenden Auffassung kein Werkvertrag mehr ist. Allerdings wollte der Gesetzgeber nicht die werkvertragstypische Erfolgsbezogenheit des Architekten- und Ingenieurvertrages aufgeben oder aufweichen, sondern durch eine differenzierte Neujustierung der vertragstypischen Leistungspflichten der Architekten und Ingenieure dem zutreffenden Gedanken Rechnung tragen, dass diese überaus vielschichtig sind und sich nicht in Leistungen erschöpfen, die für die Herstellung eines funktionstauglichen Bauwerks erforderlich sind (BTDrs 18/8486 S 67).
Rn 2
Um den Regelungsgehalt und den Aussagewert der neu geschaffenen Vorschriften zum Architekten- und Ingenieurrecht angemessen zu erläutern, bedarf es einer vertieften Auseinandersetzung mit den rechtsgeschäftlichen Strukturen des Architektenvertrages, die an dieser Stelle schlechterdings nicht geleistet werden kann. Deshalb können im Folgenden nur die äußeren Strukturen der gesetzlichen Regelungen in knapper Form zusammengefasst und kursorisch erläutert werden (sehr ausf zum Ganzen: Leupertz/Preussner/Sienz/Fuchs §§ 650p–650t).
B. Vertragstypische Pflichten – § 650p.
Rn 3
Von § 650p erfasst werden Verträge über Planungs- und Überwachungsleistungen, die Architekten und Ingenieure für die Herstellung eines Bauwerks oder einer Außenanlage erbringen. Für die Begriffe ›Bauwerk‹ und ›Außenanlage‹ kann auf die Definitionen in § 650a zurückgegriffen werden (s dort) Daraus folgt, dass nicht jede Leistung der Architekten und Ingenieure an einem Grundstück Gegenstand eines Architekten- oder Ingenieurvertrages iSd § 650p ist. Es muss sich vielmehr um Leistungen handeln, welche die Herstellung, die Wiederherstellung, die Beseitigung oder den Umbau eines Bauwerks oder einer Außenanlage betreffen. Das ist bei Arbeiten im Zusammenhang mit einer Außenanlage nach der Vorstellung des Gesetzgebers nur dann der Fall, wenn die geschuldeten Leistungen auf gestalterische Arbeiten gerichtet ist (BTDrs 18/8486 S 67f). Der Gesetzgeber geht weiter davon aus, dass bei einem auf ein Bauwerk oder eine Außenanlage gerichteten Architekten- oder Ingenieurvertrag regelmäßig komplexe und umfangreiche Tätigkeiten erbracht werden müssen, auf die die Regelungen des Untertitels 2. zugeschnitten sind.
Rn 4
§ 650p I soll, mit freilich nicht in dieser Weise eindeutigen Formulierungen, klarstellen, dass der Architekt nicht nur das Ergebnis seiner Planungs- und Überwachungstätigkeit, also die Herbeiführung des finalen Bauerfolg schuldet, sondern auch die sonstigen vereinbarten Leistungen, die diesen Erfolg herbeiführen sollen. Dabei kann es sich auch um solche Leistungen handeln, die keinen unmittelbaren Bezug zur Verwirklichung des funktionalen Bauerfolgs haben, wie bspw. die zeitgerechte Kostenermittlung (Kostenschätzung und Kostenberechnung) oder die Durchführung einer besonders bestellten Bauvoranfrage. Auch derartige Leistungen sind geschuldet, wenn sie beauftragt sind und dienen dazu, die zwischen den Vertragsparteien vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele zu erreichen. Diese Ziele wiederum sind gekennzeichnet durch das Ergebnis der Tätigkeiten der Architekten und Ingenieure, also die Verwirklichung eines bestimmten Bauerfolgs. Welche Leistungen der Architekt oder Ingenieur hierfür erbringen muss, legen die Parteien durch ihre vertraglichen Abreden fest.
Rn 5
Dieses Verständnis wird bekräftigt durch II, dessen Regelungen die für den Architekten- und Ingenieurvertrag in den frühen Leistungsphasen typischen Konstellationen betreffen, in denen wesentliche Planungs- und Überwachungsziele noch nicht vereinbart sind. Dann ist es die Aufgabe des auch insoweit erfolgsverpflichteten Architekten, diese Planungs- und Überwachungsziele gemeinsam mit dem Besteller zu entwickeln, indem er die Planungsgrundlagen für die Ermittlung jener Ziele schafft. Ganz im Zentrum dieses vom Gesetzgeber als Zielfindungsphase (in Abgrenzung zur sog Planungs- und Überwachungsphase, BTDrs 18/8486) bezeichneten Stadiums der Tätigkeit des Architekten und Ing...