Prof. Dr. Oliver Fehrenbacher
I. Heiratsvermittlung.
Rn 3
Grds ist ein Vertrag, der auf den Nachweis der Gelegenheit zur Eingehung einer Ehe gerichtet ist, nicht unwirksam, insb nicht nichtig. Vielmehr wird durch die gewählte Rechtskonstruktion eine unvollkommene Verbindlichkeit geschaffen (FamRZ 83, 987). Dies bedeutet, dass der Vertrag als solcher wirksam ist und grds gezahlte Vergütungen nicht zurückgefordert werden können. Dies schließt im Einzelfall jedoch die Rückzahlung nicht aus, insb wenn der Vertrag als solcher wegen Verstoß gegen die guten Sitten (§ 138) nichtig ist. Für eine solche Annahme ist jedoch nicht ausreichend, dass die Vergütung einerseits und die Leistungen des Vermittlers andererseits in einem Missverhältnis stehen. Das OLG Nürnberg hat einen Lohn von rund 500 EUR pro Partnervermittlung als nicht in einem groben Missverhältnis stehend angesehen, da ein marktübliches Honorar nicht festgestellt werden könne (NJW-RR 18, 1390). 1.000 EUR pro Vorschlag erfüllen das erforderliche Maß des Missverhältnisses, da Vorschläge bei Nichtgefallen praktisch wertlos sind (BGH NJW-RR 17, 1261 [BGH 14.06.2017 - III ZR 487/16]). Unwirksamkeit ist auch nicht gegeben, wenn der Partnervermittlungsvertrag aufgrund eines Lockvogelangebotes erfolgt (NJW 08, 982 m abl Anm Wichert ZMR 08, 638). Insoweit fehlt es auch an einer (anfechtbaren) Täuschung, wenn eine Partnervermittlung in einer Zeitungsannonce mit einer Privatperson wirbt (Nürnbg NJW-RR 18, 1390). Eine Nichtigkeit des Vertrages kann auch nicht daraus hergeleitet werden, dass im Regelfall eine Vorausleistung des Auftraggebers in demselben geregelt wird. Der BGH (FamRZ 83, 987) führt hierzu aus, dass das Gesetz durch den Ausschluss der Klagbarkeit des Ehemaklerlohns den Vermittler zur Vorauskasse zwingt. Eine Klage ist daher als unbegründet, nicht aber als unzulässig abzuweisen. Nicht zu beanstanden ist nach BGH der Ausschluss der Rückforderung wegen Nichterreichung des Erfolges (Eheschließung), die Vereinbarung einer erfolgsunabhängigen Vergütung sei ebenfalls nicht zu beanstanden (FamRZ 09, 1575). Unwirksam ist eine Klausel, die keinerlei Rückzahlung der gezahlten Vergütung vorsieht, selbst für den Fall, dass der Auftraggeber von seinem vertraglichen Kündigungsrecht Gebrauch macht.
Rn 4
Erfasst von der gesetzlichen Regelung werden alle Arten von Verträgen, gleichgültig, wie sie benannt werden. Beim Partnerschaftsvermittlungsvertrag (FamRZ 05, 181 Anm Finger; Kobl FamRZ 06, 1200) lässt die Schlechterfüllung die vorab bezahlte Vergütung grds unberührt (krit Wichert ZMR 07, 241 zugleich Anm zu LG Hamburg ZMR 06, 866). Ist die Leistung jedoch völlig unbrauchbar, kann die Einrede des nicht erfüllten Vertrags greifen. Ein Rückzahlungsanspruch wegen teilweiser Nichterfüllung ist gegeben, wenn innerhalb der vereinbarten Vertragslaufzeit nur ein Teil der zugesagten Partnervorschläge unterbreitet wurden (FamRZ 09, 1575).
Rn 5
Die Rspr der Instanzgerichte wendet die Vorschrift auch auf alle Verträge an, die mit einer Partnerschaftsvermittlung zusammenhängen, wenn nicht nur ein kurzzeitiger Kontakt Gegenstand der Tätigkeit sein soll (Freizeitkontakt: FamRZ 2004, 775–777). Nach AG Berlin-Lichtenberg (MMR 12, 66–67; zustimmend Albrecht in jurisPR-ITR 2/2012 Anm 5) ist ein Auskunftsdienstvertrag, der die Vermittlung telefonischer Verbindungen mit Telefonsexanbietern zum Gegenstand hat, nach § 138 nichtig. Der BGH hat entschieden, dass § 656 I auf einen Online-Partnervermittlungsvertrag nicht entspr anwendbar ist. Im Gegensatz zu einem herkömmlichen Partnerschaftsvermittlungsvertrag besteht die Leistungspflicht des Betreibers einer Online-Partnervermittlung va darin, den Kunden einen unbeschränkten Zugang zu der von ihm betriebenen Plattform zu gewähren, auf der diese aus eigener Initiative einen Kontakt zu möglichen Partnern herstellen können. Die Partnervorschläge beruhen allein auf einem elektronischen Abgleich der nicht näher überprüften eigenen Angaben der Kunden (BGH NJW-RR 21, 1141 [BGH 17.06.2021 - III ZR 125/19]).
Rn 6
Die Vorschrift ist auch anwendbar auf sog Depotverträge, bei denen der Kunde eine bestimmte Zahl von Adressen aus einem Adressendepot erhalten soll und keine weitere Verpflichtung des Vermittlers vereinbart wird (LG Dresd NJW-RR 04, 346 [OLG Koblenz 27.10.2003 - 12 U 1119/02]).
Rn 7
Nach BGH (NJW-RR 88, 114) ist der Ehemaklervertrag gerichtet auf eine Leistung höheren Dienstes (ebenso bei Partnervermittlungsportalen) und deshalb nach § 627 I für den Auftraggeber jederzeit, für den Auftragnehmer nur nach Maßgabe des II kündbar.
Rn 8
Auf einen Dienstleistungsvertrag, der die Aufnahme in einen Freizeitclub zum Gegenstand hat, dessen Aktivitäten ausschließlich auf Singles ausgerichtet sind, weil diese Gelegenheit haben sollen, andere Singles für eine dauerhafte Beziehung kennenzulernen, findet die Klagbarkeitssperre des § 656 entspr Anwendung, da das Diskretionsbedürfnis der Mitglieder dieses Clubs dem der Kunden eines Ehe- oder Partnerschaftsvermittlers vergleichbar ist (LG Magdeburg BeckRS 13, 18223, a...