Prof. Dr. Juliana Mörsdorf
I. Zuständigkeit.
Rn 20
Gewinnzusagen werden ganz überwiegend aus dem Ausland versandt (Jauernig/Mansel Rz 2). Kommt es zum Abschluss des mit der Gewinnzusage angebahnten Verbrauchervertrages und hängt der Gewinn nach der Mitteilung von diesem ab, so kann der Verbraucher hinsichtlich der internationalen Zuständigkeit wählen zwischen seinem Wohnsitzstaat und demjenigen des Unternehmers (EuGH Rs C-96/00 Gabriel EuGHE 2002, I-6367 akzessorische Anknüpfung nach Art 13 f EuGVÜ bzw 15 f EuGVO). Für isolierte Gewinnzusagen nimmt der EuGH einen Gerichtsstand am Verbraucherwohnsitz nach Art 15 I Buchst c EuGVO an, soweit der Unternehmer sich mit der Gewinnzusage rechtlich gebunden hat (EuGH C-180/06 Ilsinger EU:C:2009, 303), was bei § 661a der Fall ist (offengelassen noch v BGH NJW 06, 231 [BGH 01.12.2005 - III ZR 191/03]; dafür Lorenz IPRax 06, 475 [OLG Stuttgart 24.03.2004 - 14 U 21/03]; 02, 194; Wagner/Potsch JURA 06, 408 f; Schäfer JZ 06, 524 [BGH 19.01.2006 - III ZR 105/05]; Mörsdorf-Schulte JZ 05, 779 f; Dörner Kollhosser-FS [04] Bd II S 83; Häcker ZVglRWiss 103 (04) 491). Der BGH stützt die Zuständigkeit im Wohnsitzstaat des Verbrauchers jedenfalls auf Art 5 Nr 1 EuGVÜ/EuGVO (vertragl Gerichtsstand, ebenso EuGH Rs 27/02 Engler EuGHE 2002, 27 m Aufs Mörsdorf-Schulte JZ 05, 770; zur EuGVO Braunschw NJW 06, 162 [AG Hamburg-Sankt-Georg 16.06.2005 - 921 C 37/05]), indem er einen dortigen Erfüllungsort (Rn 14) annimmt, der nach der deutschen (Rn 21) lex causae zu bestimmen sei (BGH NJW 06, 230 [BGH 01.12.2005 - III ZR 191/03]). Die örtliche Zuständigkeit kann mangels deliktsrechtlicher Qualifikation nicht aus § 32 ZPO folgen (Dresd MDR 05, 591; aA Karlsr v 28.11.03 – 15 AR 49/03), aber aus § 29 ZPO (Staud/Bergmann Rz 63). Im Anwendungsbereich der EuGVO ergibt sich neben der internationalen auch die örtliche Zuständigkeit aus deren Vorschriften (vgl Lorenz IPRax 06, 475 [OLG Stuttgart 24.03.2004 - 14 U 21/03] m Nachw).
II. Anwendbares Recht.
Rn 21
Kollisionsrechtlich anwendbar ist zwar nach Art 3 ROM I das durch Zugrundelegung im Prozess von den Parteien stillschweigend gewählte Recht (BGH NJW 04, 1653 [BGH 19.02.2004 - III ZR 226/03] und 3040 [BGH 15.07.2004 - III ZR 315/03]; 03, 3620 [BGH 16.10.2003 - III ZR 106/03]; aA BGH NJW 06, 232), sonst das objektive Vertragsstatut des Art 4 ROM I (Braunschw NJW 06, 162 [AG Hamburg-Sankt-Georg 16.06.2005 - 921 C 37/05]; Staud/Bergmann Rz 64), wobei vorrangig Art 6 ROM I zu beachten wäre. Vor deutschen Gerichten findet § 661a jedenfalls nach Art 9 I ROM I als Eingriffsnorm Anwendung (BGH NJW 06, 233 [BGH 01.12.2005 - III ZR 191/03] mwN; Rauscher NJW 07, 3546; aA Staud/Bergmann Rz 64); vor den Gerichten anderer EU-Mitgliedstaaten ließe sich das ggf mit einer analogen Heranziehung des Art 9 III ROM I über seinen auf erfüllungshindernde Einwendungen beschränkten Wortlaut hinaus erreichen. S ausf zum Meinungsstand Anh Art 4 ROM I Rn 30; Art 3 ROM II Rn 1; Art 6 ROM II Rn 2.
III. Durchsetzbarkeit.
Rn 22
Die Realisierung der Forderung aus § 661a ist regelmäßig schwierig: Versender sind meist vermögenslose ausl Briefkastenfirmen. PKH darf aber allein deshalb nicht verweigert werden (BGH NJW 03, 1192; Köln, Beschl v 7.10.04, 16 W 25/03; Hamm NJW-RR 05, 723; Karlsr v 22.10.03 – 14 W 59/03; aA vorbehaltl Darlegung ausnw Realisierungsmglk Kobl VersR 09, 1427; Hamm OLGR 05, 409; Dresd NJW-RR 04, 1079; LG Wuppertal Beschl v 1.6.04 – 1 O 118/04 nach Insolvenzantrag der Bekl). Nach den aktuellen Bedingungen für Rechtsschutzversicherungen (ARB 2000) muss eine Deckung für Prozesse aus § 661a nicht mehr übernommen werden (Hoffmann aaO 139 ff; Streck NJW 03, 3680; Felke/Jordans IPRax 04, 412), anders noch unter ARB 1994 (LG Görlitz NJW-RR 03, 1388 [LG Görlitz 17.06.2003 - 2 T 37/03]). Von der Ausschlussklausel des § 3 II Buchst f ARB 2002 werden Ansprüche aus § 661a nicht erfasst (BGH NJW 06, 2549 [BGH 15.03.2006 - IV ZR 4/05]). Ggf empfiehlt sich Abtretung an einen Verbraucherverband zur gerichtlichen Geltendmachung (Meller-Hannich NJW 06, 2519f).
Rn 23
Einzig verwertbarer Vermögenswert kann der Anspruch gegen den Telekommunikationsdienstleister auf einen Anteil der aus der Nutzung der 0190-Nummern durch die Gewinnmitteilungsempfänger erzielten Gebühren sein, der pfändbar und mit einem dinglichen Arrestverfahren nach §§ 916 ff ZPO sicherbar ist (AG Waren Müritz IPRax 06, 606 [AG Waren (Müritz) 02.02.2005 - 31 C 58/05] m zust Aufs Tamm/Gaedtke ebda 484 ff). In der Insolvenz (Rn 2) ist der Anspruch aus § 661a BGB wegen Unentgeltlichkeit gem § 39 I Nr 4 InsO nachrangig (BGH WM 09, 126, NZI 08, 369). Eine Nichtigkeit des mit Gewinnzusage angebahnten Vertrages (§ 138) lässt sich nach rechtskräftiger Titulierung der Zahlungsforderung (Mahnbescheid) nicht mehr nach § 826 gegen die Entgeltforderung einwenden (BGH NJW 05, 2991 [BGH 29.06.2005 - VIII ZR 299/04]).