Prof. Dr. Juliana Mörsdorf
Rn 8
Im Ausgangspunkt bestimmt sich der Inhalt der Gewinnzusage nach den allg Auslegungsgrundsätzen der §§ 133, 157 (BGH NJW 04, 1652 [BGH 19.02.2004 - III ZR 226/03]; Wagner/Potsch JURA 06, 402). Maßgeblich ist der objektive Erklärungsgehalt, mit zwei Besonderheiten:
Rn 9
1. Zum einen gilt nicht der Empfängerhorizont des verständigen Dritten (dazu Grüneberg/Ellenberger § 133 Rz 9), sondern des durchschnittlichen Verbrauchers (BGH NJW 06, 2549 f [BGH 15.03.2006 - IV ZR 4/05]; 04, 1653 [BGH 19.02.2004 - III ZR 226/03]; Stuttg NJW-RR 04, 1063 [OLG Stuttgart 21.01.2004 - 4 U 171/03]; MDR 03, 350 [OLG Stuttgart 25.11.2002 - 6 U 135/02]; Saarbr OLGR 03, 55; Frankf MDR 02, 1023; dazu s 3. Aufl), den geringere Aufmerksamkeit sowie eben diejenige Leichtgläubigkeit charakterisiert, auf die der Versender gesetzt hat. Dass der aufgeklärte Normalverbraucher Gewinnmitteilungen niemals für seriös hielte (so MüKo/Seiler Rz 10; Schäfer JZ 05, 984; Erman/Ehmann Rz 2), wird von der ungebrochenen Praxis der Versendung von Gewinnzusagen widerlegt; nicht ernst zu nehmen allerdings die Zusage von 1,5 Mio EUR auf der Innenseite eines Kronkorkens, vgl Hamm BeckRS 17, 134683. Der Maßstab der im Massenverkehr der Werbepost üblichen flüchtigen Kenntnisnahme schließt auch ausdrückliche Vorbehalte, Klarstellungen der Unverbindlichkeit oder Hinweise auf diese begründende Normen wie § 762 (Kobl VersR 03, 378), Einschränkungen (zB Aufteilung des Gewinns unter allen Antwortenden) u Bedingungen des Unternehmers von der Berücksichtigung aus, solange sie – wie Kleingedrucktes oder Bemerkungen auf der Innenseite des Kuverts – in ihrer objektiven Erscheinungsform oder auch Verständlichkeit (München NJW 04, 1672 – nicht Empfängerhorizont des krit Juristen) deutlich hinter der Gewinnmitteilung zurücktreten (Köln Hinweisbeschl BeckRS 2010, 11388; Bremen NJW RR 04, 348 [OLG Bremen 12.11.2003 - 1 U 50/03 a]; Jauernig/Mansel Rz 4; HP/Kotzian-Marggraf Rz 2; Lorenz NJW 00, 3306); der Unternehmer wird nur beim ›lauten Wort‹ genommen (BGH NJW 04, 3556 [BGH 07.10.2004 - III ZR 158/04]; 03, 3621 [BGH 19.09.2003 - V ZR 360/02]; Mankowski EWiR 02, 874). Dieser Maßstab des oberflächlichen ersten Eindrucks ist gröber als der der §§ 305 ff, so dass diese daneben ohne Bedeutung sind (Staud/Bergmann Rz 33; Lorenz IPRax 02, 196; Schneider BB 02, 1655), auch wenn sie teilw zur Rechtfertigung herangezogen werden (Rostock NJW-RR 06, 210; München NJW 04, 1672; Stuttg NJW-RR 04, 1064; Celle MDR 04, 867; Oldbg NJW-RR 03, 1654; Kobl MDR 02, 1359; LG Potsdam VersR 03, 378; LG Braunschweig IPRax 02, 215; AG Cloppenburg NJW-RR 01, 1275). Unwirksame AGB sind jdf nicht denkbar (S 3. Aufl). Bei Vereiteln des Bedingungseintritts gilt § 162 I (iE Oldbg OLGR 04, 227 m abw Begr – ausgefallene Busfahrt zur Preisaushändigung an unbekanntem Ort).
Rn 10
2. Zum anderen geht es nicht um den wirklich beim Empfänger hervorgerufenen Eindruck, sondern um die abstrakte Eignung einen Eindruck zu erwecken (BGH NJW 06, 2549 f [BGH 15.03.2006 - IV ZR 4/05]; 04, 1653), so dass weder Eigenschaften (Frankf NJW-RR 05, 1366 [BGH 23.06.2005 - III ZR 4/04] – Rechtsanwalt) noch tatsächliche Vorstellungen (Ge- oder Misslingen der Täuschung, Köln VuR 03, 474; Schneider VuR 03, 476 [OLG Köln 24.02.2003 - 16 U 93/02]) des konkreten Empfängers Berücksichtigung finden u auch bei Kenntnis des wirklichen Willens des Senders diesem die Einrede des § 116 S 2 verwehrt ist (BGH NJW 06, 232 [OLG Celle 17.05.2005 - 16 U 232/04]; 04, 1653 [BGH 19.02.2004 - III ZR 226/03]). Bei alledem ist nicht nur auf den unmittelbaren sprachlichen Inhalt abzustellen, sondern auch auf mitgeteilte Begleitumstände u optische Gestaltungsmerkmale, die, wie etwa offiziöse Siegel und Stempel, geeignet sind, eine Vorstellung zu beeinflussen (Stuttg MDR 03, 350 [OLG Stuttgart 25.11.2002 - 6 U 135/02]: Vorspiegelung von Sicherheitstresor und weiteren Sicherheitsmaßnahmen relevant für die Höhe; umgekehrt Hamm BeckRS 17, 134683: Beschriftung der Innenseite eines Kronkorkens bei 1,5 Mio EUR).