Prof. Dr. Oliver Fehrenbacher
Gesetzestext
Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber die erforderlichen Nachrichten zu geben, auf Verlangen über den Stand des Geschäfts Auskunft zu erteilen und nach der Ausführung des Auftrags Rechenschaft abzulegen.
A. Regelungsgehalt.
Rn 1
§ 666 enthält drei Informationspflichten, die der Beauftragte ggü dem Auftraggeber erfüllen muss. Neben der allgemeinen Benachrichtigungspflicht hat der Beauftragte auf Verlangen Auskunft zu erteilen und spätestens nach Beendigung des Auftrags Rechnung zu legen. Grundlage für die Ansprüche ist das Bedürfnis des Auftraggebers nach zeitnaher und vollständiger Information (BGHZ 107, 104; 109, 260). Der Auftraggeber soll denselben Informationsstand erreichen können wie der für ihn tätige Beauftragte. Die Informationsansprüche sind selbstständige Leistungspflichten (BGHZ 192, 1; aA Staud/Martinek/Omlor § 666 Rz 2), die nicht zwingend einen durchsetzbaren Anspruch auf die Besorgung eines Geschäfts voraussetzen (BGH NJW 01, 1486). Sie verjähren grundsätzlich nicht vor der Beendigung des Auftrags (BGHZ 192, 1; Kobl VersR 15, 326). Allerdings können die Ansprüche grds nicht ohne einen Anspruch, dessen Durchsetzung sie dienen, abgetreten oder gepfändet werden (hM RGZ 52, 35; BGHZ 107, 104; NJW 01, 1486; zur Pfändung bei Giroverträgen: BGHZ 165, 53; zur Wahrnehmung durch den Insolvenzverwalter; BGH DStR 18, 2723). §§ 101, 103 ff KAGB schließen die Ansprüche nicht grds aus (BGH NJW-RR 22, 984 [BGH 21.04.2022 - III ZR 268/20]).
Rn 2
Der Beauftragte ist vorleistungspflichtig (RGZ 102, 110). Zurückbehaltungsrechte (§ 273) kommen insoweit nicht in Betracht (BHG WM 76, 868). Die Vorschrift ist grds dispositiv. Parteivereinbarungen dürfen jedoch nicht dazu führen, dass die Informationspflicht vollständig ausgeschlossen ist (zB Verdacht der Schädigung; außergewöhnlich hohe Beträge; hM BGH NJW 01, 1131 [BGH 04.12.2000 - II ZR 230/99]; NJW 94, 1861 [BGH 29.03.1994 - XI ZR 31/93]: zur Auslegung; MüKo/Schäfer § 666 Rz 2). Maßstab für entspr Vereinbarungen ist § 138 und bei AGB-Klauseln § 307. Ein stillschweigender Verzicht kommt nur in engen Ausnahmefällen und bei ganz besonderen Umständen in Betracht. Selbst wenn von einem Verzicht des Auftraggebers auf Rechnungslegung auszugehen ist, lebt der Rechnungslegungsanspruch wieder auf, wenn das Verhalten des Beauftragten Zweifel an dessen Zuverlässigkeit erweckt (Brandbg FamRZ 19, 2033). Aus der Fremdnützigkeit ergibt sich der weitere Anwendungsbereich der Norm (§§ 27 III, 675, 681, 713, 2218). Die Pflicht hat aber auch über die gesetzlichen Verweisungen hinaus Bedeutung (BGHZ 97, 188; 126, 109; zu Vereinbarungen sui generis, Köln BeckRS 18, 10512; nicht aber für Darlehensverträge, Saarbr NJW-RR 15, 1005 [OLG Saarbrücken 02.10.2014 - 4 U 40/14]). §§ 259, 260 sind zu beachten.
B. Benachrichtigung.
Rn 3
Mit Vertragsschluss entsteht für den Beauftragten die Verpflichtung, den Auftraggeber über alle erheblichen Umstände der Besorgung des Geschäfts unaufgefordert zu informieren (BGH NJW 98, 680 [BGH 20.11.1997 - III ZR 310/95]: Hausverwalter über Baumängel). Auf diesem Wege soll dem Auftraggeber die sachgerechte Entscheidung im Hinblick auf Weisungen (§ 665), aber auch die Beendigung des Auftragsverhältnisses ermöglicht werden (etwa bei Zuwendungen Dritter). Mehrere Auftraggeber sind Gesamtgläubiger nach § 432 (BGH NJW 96, 656 [BGH 07.12.1995 - III ZR 81/95]). Die Benachrichtigung muss klar sowie verständlich sein und unverzüglich erfolgen. § 130 I 1 ist nicht anwendbar (BGHZ 151, 5). Grenzen der Benachrichtigungspflicht ergeben sich aus Erforderlichkeits- und Zumutbarkeitserwägungen (BGH WM 84, 1164; für Banken: Celle EWiR 08, 521). Unbeachtlich soll sein, dass sich der Beauftragte einer strafbaren Handlung bezichtigen muss (BGHZ 41, 318) oder der Auftraggeber die Information selbst beschaffen könnte (BGH NJW 98, 2969).
C. Auskunftserteilung.
Rn 4
Auf Verlangen des Auftraggebers hat der Beauftragte über den Stand des Geschäfts Auskunft zu erteilen. Der Anspruch besteht im Gegensatz zur Benachrichtigungspflicht auch, wenn keine neuen erheblichen Umstände eingetreten sind. Neben Einzelfragen (typischerweise Inhalt der Benachrichtigung) kann das Auskunftsbegehren auf die Abgabe eines Gesamtberichts gerichtet sein. Inhalt und Umfang bestimmen sich nach der Üblichkeit im Geschäftsverkehr und der Notwendigkeit für das Auftragsverhältnis (BGHZ 41, 318; 109, 260; 152, 339: wesentliche tatsächliche und rechtliche Umstände; Name von Mietern und Verträge: BGHZ 192, 1; NJW 07, 1528). Bei der Verfügung über Gegenstände ist die Auskunft nach § 260 I zu leisten (RGZ 90, 137). Missbräuchliche Verlangen (Anzahl und Inhalt) müssen nicht erfüllt werden (BGHZ 107, 104: noch zumutbar). Fehlendes rechtliches Interesse allein reicht dafür aber nicht aus (BeckOKBGB/Fischer § 666 Rz 7; aA Frankf MDR 66, 503). Gleiches gilt, wenn sich der Beauftragte ggü Dritten zur Verschwiegenheit verpflichtet hat (BGH NJW 97, 2528). Ferner sprechen datenschutzrechtliche Belange idR nicht gegen die Erfüllung des Anspruchs (BGH NJW 07, 1528). Der Auskunftsansp...