Prof. Dr. Oliver Fehrenbacher
Rn 52
Bei Pflichtverletzungen ist unter den Voraussetzungen des § 280 I ein Schadensersatzanspruch denkbar (§§ 276, 278). Ersatzfähig ist der Schaden, der kausal durch das Vertrauen auf die Richtigkeit der Auskunft entstanden ist. Der Anleger ist bereits durch Erwerb einer Kapitalanlage geschädigt (BGH GWR 14, 107 [BGH 28.01.2014 - III ZR 423/12]). Der Geschädigte ist so zu stellen, wie er ohne das pflichtwidrige Verhalten stehen würde (BGH WM 95, 941 [BGH 16.02.1995 - IX ZR 15/94]). Hat der Geschädigte aufgrund eines Zweitgutachtens erkannt, dass ein eingeholtes erstes Gutachten möglicherweise unrichtig ist und kommt es danach gleichwohl zu einem Schaden, steht ihm ein Ersatzanspruch gegen den Erstgutachter nicht zu (BGH NJW 01, 512 [BGH 17.10.2000 - X ZR 169/99]). Der Zurechnungszusammenhang kann ferner bei einer erkennbar unvollständigen Kreditauskunft fehlen, wenn vom Angebot der erg Unterrichtung kein Gebrauch gemacht wird (BGH NJW 89, 2882 [BGH 27.06.1989 - XI ZR 52/88]). Keine Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs ergibt sich grds durch den Fehler eines neu zugezogenen Anwalts (BGH NJW 02, 1117). Die Grenze im Hinblick auf den Umfang der Haftung bildet das Garantieinteresse des Geschädigten (BGHZ 116, 209). Dabei ist der Schutzzweck der verletzten Pflicht zu ermitteln, der sich aus der Vereinbarung ergibt (BGH NJW 98, 982). Hätten die Eltern bei richtiger und vollständiger genetischer Beratung durch einen Arzt von der Zeugung eines Kindes abgesehen, ist der volle Unterhaltsbedarf als ersatzfähig anzusehen (BGHZ 124, 128). Den Schaden eines Dritten (Drittschadensliquidation) kann der Vertragspartner nicht geltend machen (BGHZ 133, 36). Der Auskunftsvertrag kann allerdings Schutzwirkung für Dritte entfalten und einen Anspruch des Dritten begründen (BGHZ 127, 378; 138, 257).
Rn 53
Mitverschulden des Geschädigten ist nach § 254 zu berücksichtigen. Das gilt insb, wenn die Auskunft offensichtlich Anlass zur Rückfrage gibt (zurückhaltend: BGH NJW 82, 1095 [BGH 25.11.1981 - IVa ZR 286/80]; 84, 921 [BGH 06.12.1983 - VI ZR 60/82]). Prüfungspflichten oder Obliegenheiten des Auskunftsempfängers bestehen regelmäßig nicht. Eine Freizeichnung durch Individualvereinbarung hat ihre Grenzen in § 276 III, durch AGB in § 309 Nr 7; das gilt nicht, soweit der Inhalt der vertraglichen Verpflichtung reicht (BGH WM 00, 426; 01, 134).
Rn 54
Die Verjährung richtet sich nach §§ 195, 199 (BGH NJW 99, 1540; Grob fahrlässige Unkenntnis des Beratungsfehlers: BGH WM 10, 1493; 10, 1690). Die Verteilung der Beweislast bestimmt sich nach allgemeinen Regeln. Der Geschädigte muss neben dem Vertragsschluss und der Pflichtverletzung auch die Ursächlichkeit zwischen Pflichtverletzung und Schaden nachweisen (BGH WM 08, 112). Dabei gilt der Grundsatz, dass bei richtiger Aufklärung der Geschädigte ein einzig mögliches, vernünftiges Verhalten auch gewählt hätte (BGHZ 124, 151). Die Beweislastumkehr greift bei feststehender Aufklärungspflichtverletzung ein. In Kapitalanlagefällen ist dabei nicht entscheidend, ob ein Kapitalanleger bei gehöriger Aufklärung vernünftigerweise nur eine Handlungsalternative gehabt hätte. Das Erfordernis des Fehlens eines Entscheidungskonflikts wird dem Schutzzweck der Beweislastumkehr nicht gerecht (BGH NJW 12, 2427 [BGH 08.05.2012 - XI ZR 262/10]). Verlangt der Anleger den Ersatz entgangener Anlagezinsen, so muss er darlegen, für welche konkrete Form der Kapitalanlage er sich alternativ entschieden hätte (BGH NZG 19, 1267 [BGH 15.08.2019 - III ZR 205/17]). Fehlendes Verschulden oder anrechenbare Vorteile hat der Auskunftsgeber zu beweisen.