Prof. Dr. Oliver Fehrenbacher
Rn 1
Mit Einführung der §§ 675c–676c haben Teile des Bankvertragsrechts eine Regelung im BGB erhalten. Um der wirtschaftlichen Bedeutung der Zahlungsdienste Rechnung zu tragen, aber auch um den von der Zahlungsdiensterichtlinie (2015/2366, ABl Nr L 337, 35, ber. 2016 Nr L 169, 18) vorgegebenen Detailregelungen gerecht zu werden, wurden die Regelungen für Zahlungsdienste schon zur Umsetzung der Ersten Zahlungsdiensterichtlinie (2007/64/EG, ABl Nr L 319, 1) in einen eigenen Untertitel als spezielle Geschäftsbesorgungsverträge in die besonderen Schuldverträge aufgenommen. Mit der Umsetzung der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie ist ein weiterer großer Schritt in Richtung auf einen einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraum (SEPA) getan. Mit der Ersten Zahlungsdiensterichtlinie wurden neben der Überweisung auch alle anderen bargeldlosen Zahlungsverfahren (zB Lastschrift, Kreditkarte) geregelt. Seit Februar 2014 werden die Einzugsermächtigungslastschriften und das Abbuchungsverfahren vollständig von der SEPA-Basislastschrift und der SEPA-Firmenlastschrift ersetzt (vgl VO (EU) Nr 260/2012, die eine zwingende und einheitliche Regelung vorsieht). Mit der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie sind mit dem Mittel der Vollharmonisierung die Erweiterung des Kreises der Zahlungsdienste um sog Zahlungsauslösedienste und Kontoinformationsdienste, die Neukonturierung der Ausnahmetatbestände der Richtlinie und die Verbesserung der Sicherheit bei der Zahlungsabwicklung (insb durch die starke Kundenauthentifizierung) eingeführt worden (zu Kartellrechtsverstößen, Ddorf BeckRS 19, 13427). Darüber hinaus enthält die Richtlinie zahlreiche Vorgaben, deren Ziel es ist, den Schutz der Zahlungsdienstnutzer insb bei nicht autorisierten Zahlungsvorgängen weiter zu verbessern. Die Regelungen gelten vollständig ab dem 13.1.18 (Art 229 EGBGB).
Rn 2
Die Regelungen über Zahlungsdienste im Untertitel 3 sind in drei Kapitel eingeteilt (Allgemeine Regelungen, Zahlungsdienstevertrag, Erbringung und Nutzung von Zahlungsdiensten). Die Erbringung und Nutzung von Zahlungsdiensten ist unterteilt in die Autorisierung von Zahlungsvorgängen, die Ausführung der Zahlungsvorgänge und die Haftung bei Fehlern. Die Regelungen sind für folgende Bankgeschäfte heranzuziehen: Ein- und Auszahlungsgeschäft, Lastschrift-, Überweisungs- und Zahlungskartengeschäft, Zahlungsgeschäfte mit Kreditgewährung, Zahlungsauthentifizierungsgeschäft, digitalisiertes Zahlungsgeschäft und Finanztransfergeschäft. Ferner zählen Zahlungsauslösedienste und Kontoinformationsdienste dazu. Ergänzend ist die Regelung in II zu beachten (E-Geld). Andere Bankgeschäfte sind vom Regelungsbereich nicht erfasst. Handelt es sich bei anderen Bankgeschäften um Geschäftsbesorgungen, kommt § 675 zur Anwendung (s § 675 Rn 23 ff). Die Regeln sind im Grundsatz zuungunsten des Zahlungsdienstleisters zwingend. Nur soweit § 675e in Bezug auf Unternehmer (nicht Verbraucher) als Zahlungsdienstnutzer Abweichungen zulässt, sind abweichende Vereinbarungen wirksam. Die Bestimmung in IV enthält eine beschränkende Ausnahme für die auf einen Vertrag über die Erbringung von Kontoinformationsdiensten anzuwendenden Regelungen.
I. Ziel.
Rn 3
Ziel der einheitlichen Regeln für Zahlungsdienste ist es, den Nutzern mehr Sicherheit bei der Ausführung von bargeldlosen Zahlungen zu gewährleisten. Das gilt insb im Hinblick auf die zur Verfügung stehenden Verfahren, die Dauer und Kosten (§§ 675f ff) der bargeldlosen Zahlung, deren fristgerechter Aus- und ungekürzter Durchführung sowie den Ersatz bei Fehlschlägen. Die Regelungen haben nicht nur den Verbraucherschutz beim bargeldlosen Zahlungsverkehr im Blick, vielmehr sind kleine und mittlere Unternehmen ebenfalls Schutzadressaten. Die Regelungen des Untertitels beziehen alle Zahlungsdienste mit ein.
Rn 4
Neben vertraglichen und vorvertraglichen Informationspflichten (§ 676d) finden sich in dem Untertitel detaillierte Vorgaben über die Verfahren der bargeldlosen Zahlung. Über die Regelungen zum Zahlungsdienstevertrag (§ 675f) hinaus werden Entgelte, die Autorisierung und der Widerruf von Zahlungsvorgängen, der Zahlungsauftrag und dessen Widerruf, die Ausführungsfristen, die Wertstellung und die Leistungsstörungen sowie die Haftung normiert. In Bezug auf dieselben Rechtsfolgen sind diese Haftungsregeln spezieller und schließen andere Regelungen aus.
II. Geltungsbereich.
Rn 5
Die Regelungen für die Zahlungsdienste gelten grds für alle Sachverhalte, auf die deutsches Recht Anwendung findet (Art 3 I, 4 ROM I bzw Art 27 ff EGBGB). Die Zahlungsdiensterichtlinie regelt die Frage des anwendbaren Rechts nicht. Der Anwendungsbereich der Zahlungsdiensterichtlinie selbst ist nicht auf grenzüberschreitende Sachverhalte beschränkt, sondern erfasst auch den innerstaatlichen Zahlungsverkehr. Im Hinblick auf den räumlichen Anwendungsbereich hat der deutsche Gesetzgeber mit den Umsetzungsregeln ein gesetzliches Leitbild geschaffen, das grds auf alle Zahlungsvorgänge anwendbar ist, also auch auf solche mit Drittstaatenbezug (nicht EU oder E...