Prof. Dr. Oliver Fehrenbacher
Rn 1
Der Zahler hat bei Verlust, Diebstahl oder sonstigem Abhandenkommen eines Zahlungsinstruments im Original (BGH NJW 12, 1277 [BGH 29.11.2011 - XI ZR 370/10]) eine verschuldensunabhängige Beteiligung von bis zu 50 Euro am Schaden des Zahlungsdienstleisters zu tragen. Gleiches gilt bei einer sonstigen missbräuchlichen Verwendung. Für den Zahler günstigere Vereinbarungen sind möglich. Nach II kann sich der Zahler jedoch von dieser Haftung mit dem Einwand entlasten, es sei ihm nicht möglich gewesen, den Verlust, den Diebstahl, das Abhandenkommen oder eine sonstige missbräuchliche Verwendung des Zahlungsinstruments vor dem nicht autorisierten Zahlungsvorgang zu bemerken. Gleiches gilt, wenn der Verlust des Zahlungsinstruments durch Handlungen oder Unterlassungen eines Angestellten, eines Agenten, einer Zweigniederlassung des Zahlungsdienstleisters oder einer Stelle verursacht wurde. III normiert dann eine verschuldensabhängige Haftung für den gesamten Schaden, falls Pflichtverletzungen in Bezug auf ein Zahlungsinstrument vorliegen. Die Haftung ist auf Fälle des Vorsatzes und der groben Fahrlässigkeit begrenzt. Nach IV ist die Haftung des Zahlers auf Schadensersatz gegenüber seinem Zahlungsdienstleister auch im Fall von grober Fahrlässigkeit ausgeschlossen, wenn der Zahlungsdienstleister eine starke Kundenauthentifizierung (§ 1 XXIV ZAG) nicht verlangt oder der Zahlungsempfänger oder sein Zahlungsdienstleister eine starke Kundenauthentifizierung nicht akzeptiert hat. V enthält einen Haftungsausschluss für nach der Anzeige des Ereignisses durch den Zahler entstandene Schäden. Für die Selbstbeteiligung greift der Haftungsausschluss, wenn der Zahlungsdienstleister seiner Verpflichtung nicht nachgekommen ist, geeignete Mittel zur Anzeige zur Verfügung zu stellen. Der Haftungsausschluss greift nicht ein, wenn der Zahler in betrügerischer Absicht gehandelt hat. Die Regelung ist in erster Linie auf Zahlungskarten zugeschnitten, erfasst aber alle Zahlungsinstrumente. Die Regelung ist abschließend. Raum für Schadensersatzansprüche aus § 280 I besteht im Zusammenhang mit der missbräuchlichen Verwendung nicht, auch nicht in Bezug auf die Verletzung anderer spezifischer Pflichten des Zahlers. Die Grundsätze der Anscheinsvollmacht sind insoweit ebenfalls nicht anwendbar. Die Norm setzt Art 74 der Zahlungsdiensterichtlinie um.
I. Verschuldensunabhängige Haftung.
Rn 2
I enthält die Grundregelung zur Haftung für Schäden des Zahlungsdienstleisters, die durch Verlust, Diebstahl oder das sonstige Abhandenkommen bzw. eine sonstige missbräuchliche Verwendung eines Zahlungsinstruments entstehen. Die sonstige missbräuchliche Verwendung liegt vor, wenn in Bezug auf nicht körperliche Gegenstände (zB PIN, TAN) eine Fremdnutzung ermöglicht wird. Der Missbrauch muss aber personalisierte Sicherheitsmerkmale betreffen. Auf den Zahler können in all den Fällen Schäden bis zur Höhe von 50 Euro abgewälzt werden, auch wenn kein Verschulden vorliegt. Ein Zahlungsinstrument ist jedes personalisierte Instrument oder Verfahren, das zwischen dem Zahlungsdienstnutzer (Zahler) und dem Zahlungsdienstleister für die Erteilung von Zahlungsaufträgen vereinbart wird und das vom Zahlungsdienstnutzer eingesetzt wird, um einen Zahlungsauftrag zu erteilen (§ 1 XX ZAG). Für die verschuldensunabhängige Haftung sind in erster Linie Zahlungskarten von Bedeutung. Insoweit relevanter Schaden des Zahlungsdienstleisters ist der Schaden, der aufgrund eines nicht autorisierten Zahlungsvorgangs zeitlich vor der Verlust- bzw Missbrauchsanzeige entsteht (III). Die verschuldensunabhängige Beteiligung des Zahlers am vor der Anzeige entstehenden Schaden soll Anreiz für den Zahler zur schnellstmöglichen Reaktion (Anzeige) sein.
II. Exkulpation.
Rn 3
II sieht vor, dass der Zahler auch den Haftungshöchstbetrag von 50 Euro nicht zu tragen hat, wenn er nicht in der Lage war, den Verlust, den Diebstahl oder die missbräuchliche Verwendung des Zahlungsinstruments vor einer Zahlung zu bemerken. Durch diesen Einwand hängt die Haftung des Zahlers für nicht autorisierte Zahlungsvorgänge künftig in allen Fällen von einem Verschuldenselement ab. Für dessen Vorliegen kommt es jeweils darauf an, ob die Bemerkbarkeit vor dem einzelnen nicht autorisierten Zahlungsvorgang gegeben war. Werden mit dem Zahlungsinstrument mehrere nicht autorisierte Zahlungsvorgänge getätigt, muss die Bemerkbarkeit deshalb in jedem Einzelfall gesondert festgestellt werden (BTDrs 158/15, 193). Eine Haftung des Zahlers besteht darüber hinaus dann nicht, wenn der Verlust des Zahlungsinstruments durch Handlungen oder Unterlassungen eines Angestellten, eines Agenten, einer Zweigniederlassung des Zahlungsdienstleisters oder einer Stelle verursacht wurde, auf die Tätigkeiten des Zahlungsdienstleisters ausgelagert wurden.
III. Grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz.
Rn 4
III erweitert die Haftung des Zahlers auf den gesamten Schaden des Zahlungsdienstleisters, der infolge eines nicht autorisierten Zahlungsvorgangs entstanden ist. Voraussetzung ist aber entweder die betrügerische Absicht des Zahlers oder die grob fahrlässi...