Prof. Dr. Oliver Fehrenbacher
Rn 4
Während §§ 677 ff Regeln für die echte GoA enthält, beschäftigt sich § 687 II mit der unechten GoA (Geschäftsanmaßung), bei der ein fremdes Geschäft in Kenntnis der Fremdheit als eigenes geführt wird. IRd echten GoA, bei der ein Geschäft für einen anderen geführt wird, lassen sich die berechtigte und die unberechtigte Geschäftsführung unterscheiden. Maßstab für die Abgrenzung ist das Interesse und der wirkliche oder mutmaßliche Wille des Geschäftsherrn (§ 683) in Bezug auf die Übernahme des Geschäfts durch den Geschäftsführer. Nicht vom Regelungsbereich der Normen umfasst sind die Fälle, in denen eigene Geschäfte besorgt werden, selbst wenn insoweit der Wille zur Besorgung eines fremden Geschäfts vorliegt. Ferner finden die Regelungen wegen § 687 I keine Anwendung, wenn ein fremdes Geschäft irrtümlich als eigenes besorgt wird. Besonderheiten gelten für geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Geschäftsführer (§ 682). Die Anwendung des deutschen Rechts bestimmt sich nach den Art 39, 41, 42 EGBGB bzw Art 11 ROM II.
I. Berechtigte GoA.
Rn 5
Die berechtigte GoA zeichnet sich dadurch aus, dass die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder hilfsweise dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspricht (§ 683). Eine berechtigte GoA liegt ferner unabhängig vom Willen des Geschäftsherrn vor, wenn die Geschäftsführung der Erfüllung einer im öffentlichen Interesse liegenden Pflicht des Geschäftsherrn dient oder einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch befriedigt (§ 679).
Rn 6
Der Geschäftsführer hat das Geschäft so auszuführen, wie es das Interesse des Geschäftsherrn erfordert (§ 677). Anknüpfungspunkt ist das objektive Interesse mit Rücksicht auf den wirklichen oder mutmaßlichen Willen. Der Geschäftsführer hat die Übernahme baldmöglichst anzuzeigen und Entschließungen des Geschäftsherrn grds abzuwarten (§ 681 1). Seine Rechtsstellung ist der eines Beauftragten vergleichbar (§§ 681, 683). Dabei kommt dem Geschäftsführer die Haftungsmilderung des § 680 zugute. Der Geschäftsherr hat die Stellung eines Auftraggebers (§§ 681, 683); ihm gebührt der Ertrag aus dem Geschäft.
II. Unberechtigte GoA.
Rn 7
Entspricht die Übernahme der Geschäftsführung nicht dem Interesse und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn, wird sie aber gleichwohl übernommen, ist sie unberechtigt. Der Geschäftsherr kann die unberechtigte GoA durch Genehmigung zur berechtigten GoA umwandeln (§ 684 2). Anderenfalls bestimmen sich die Pflichten des Geschäftsführers nach §§ 678, 677. Die Ausführung hat der Geschäftsführer nach dem Interesse und dem Willen des Geschäftsherrn auszurichten. Der unberechtigte Geschäftsführer soll auf diese Weise nicht besser stehen als ein berechtigter Geschäftsführer (hM MüKo/Schäfer § 677 Rz 9; Staud/Bergmann vor § 677 Rz 98). Aufwendungsersatz kann der Geschäftsführer nur nach Bereicherungsrecht verlangen. Der Geschäftsherr hat bei schuldhafter, unberechtigter Übernahme des Geschäfts Schadensersatzansprüche nach § 678 und nach Maßgabe der allgemeinen Vorschriften (§§ 989 ff, 823 ff, 812 ff). Auf die Ausführung kommt es dabei nicht an. Die Haftungsmilderung für den Geschäftsführer (§ 680) ist zu beachten. Vor der Übernahme kommt für den Geschäftsherrn ein Unterlassungsanspruch in Betracht (Grüneberg/Retzlaff vor § 677 Rz 6).
III. Unechte GoA.
Rn 8
Die Eigengeschäftsführung eines objektiv fremden Geschäfts ist nicht vom Willen getragen, ein Geschäft für einen anderen zu besorgen, und daher keine GoA. Besondere Regelungen gibt es insoweit nur für den Fall, dass sich jemand ein fremdes Geschäft als eigenes anmaßt. Bei einem Irrtum über die Fremdheit des Geschäfts finden die Regeln der GoA keine Anwendung. Störungen werden insoweit nach allgemeinen Regeln ausgeglichen (§§ 812 ff, 823 ff). Bei Kenntnis von der Fremdheit des Geschäfts ordnet § 687 II eine strenge Haftung des Geschäftsführers an. Der Geschäftsherr kann neben anderen Ansprüchen auch die Ansprüche aus GoA (Schadensersatz, Herausgabe des Erlangten) geltend machen (§§ 678, 681). Macht der Geschäftsherr die Ansprüche geltend, ist er dem Geschäftsführer zum Aufwendungsersatz nach Bereicherungsrecht verpflichtet.