Prof. Dr. Oliver Fehrenbacher
I. Überblick.
Rn 3
§ 687 II ist eine eigene Anspruchsgrundlage mit Ansprüchen für den Geschäftsherrn, uU auch für den Geschäftsführer. § 687 II 1 gewährt dem Geschäftsherrn ein Wahlrecht: Falls der Geschäftsführer vorsätzlich in einen objektiv fremden Rechts- und Interessenkreis eingegriffen hat, kann der Geschäftsherr die Ansprüche aus GoA geltend machen, insb auf Herausgabe des Erlangten (§§ 667, 681) und auf Schadensersatz (§ 678). § 687 II 2 ermöglicht es dann dem Geschäftsführer, seine Aufwendungen nach Bereicherungsrecht zu erlangen. In beiden Fällen handelt es sich um Rechtsfolgenverweisungen. Im Anwendungsbereich des § 241a I ist die Regelung ausgeschlossen (Schwarz NJW 01, 1449, 1453).
II. Voraussetzungen.
Rn 4
Die Voraussetzungen entsprechen bis auf den Willen zur Fremdgeschäftsführung denen der GoA (§ 677), allerdings muss es sich um ein objektiv fremdes Geschäft handeln (BGH NJW 00, 72 [BGH 23.09.1999 - III ZR 322/98]; MüKo/Schäfer § 687 Rz 15). Der Anwendungsbereich der Norm bezieht sich insb auf Handlungen unter Verletzung fremder absoluter Rechte und gleichgestellter Rechtspositionen (BGHZ 39, 186: Benutzung eines fremden Grundstücks; München BeckRS 11, 1287: Vermietung von Gemeinschaftseigentum; BGHZ 57, 116: wettbewerbswidrige Nachahmung; Soergel/Beuthien § 687 Rz 17: Nutzung fremder Immaterialgüterrechte; zu Domainnamen: BGH 149, 191). Im Grundsatz kann auch die Verletzung fremder Persönlichkeitsrechte ausreichen, soweit sie im Einzelfall einer Kommerzialisierung zugänglich sind (Beuthien NJW 03, 1220). Schuldvertragliche Zuweisungen von Rechtspositionen sind dagegen zur Anmaßung nicht geeignet. Das gilt für die unberechtigte Untervermietung (BGHZ 131, 297), aber auch für den Geschäftsführer einer Gesellschaft, der sich über organschaftliche Befugnisse hinwegsetzt (BGH NJW-RR 89, 1255 [BGH 12.06.1989 - II ZR 334/87]) oder den Verstoß gegen eine Alleinvertretungsabrede (BGH NJW 84, 2411 [BGH 09.02.1984 - I ZR 226/81]) bzw ein Wettbewerbsverbot (MüKo/Schäfer § 687 Rz 23). Ein zunächst eigenes Geschäft kann zum fremden Geschäft werden, wenn die Rechtsposition durch Anfechtung rückwirkend entfällt (§ 142 I). § 687 II kommt in Betracht, wenn der Geschäftsführer von der Anfechtbarkeit Kenntnis hatte (§ 142 II).
Rn 5
Der Geschäftsführer muss Kenntnis von der Fremdheit des Geschäfts sowie der fehlenden Berechtigung haben und gleichwohl in der Absicht handeln, das Geschäft als eigenes zu führen (nicht, wenn ein Merkmal fehlt: BGHZ 119, 257: Strohmann-GmbH und wirtschaftlicher Alleingesellschafter). Fahrlässigkeit reicht nicht aus. Unbeachtlich ist, ob der Geschäftsherr selbst das Geschäft vorgenommen hätte oder nicht (Grüneberg/Retzlaff § 687 Rz 2b). Die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen liegt beim Geschäftsherrn.
III. Rechtsfolgen.
Rn 6
Der Geschäftsherr kann nach seiner Wahl auch die Ansprüche nach §§ 677, 678, 681, 682 geltend machen. Die Verweisung auf §§ 677 und 681 1 bleibt unklar und dürfte ohne praktische Relevanz sein (Grüneberg/Retzlaff § 687 Rz 3). Besondere Bedeutung haben neben der Auskunfts- und Rechenschaftspflicht va die Pflicht zur Herausgabe des Erlangten (§ 667) und der Schadensersatzanspruch nach § 678. Der Herausgabeanspruch erstreckt sich auf den gesamten erzielten Gewinn, unabhängig vom Beitrag des Geschäftsführers (dazu zählen auch Schmiergelder, die ein Arbeitnehmer empfangen hat, BGH NJW 14, 2299; LAG München ArbRB 12, 271). Der Schadensersatzanspruch setzt in Bezug auf die Ausführung kein weiteres Verschulden voraus (BeckOKBGB/Gehrlein § 687 Rz 4). Der Ausschluss zum Schutz Geschäftsunfähiger und beschränkt Geschäftsfähiger ist zu beachten. Der Geschäftsführer kann nach der Geltendmachung der Ansprüche durch den Geschäftsherrn seine Aufwendungen nach §§ 818, 684 1 ersetzt verlangen. Anderenfalls besteht kein Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen (BGHZ 39, 186). Die Verweisung bezieht sich nur auf Aufwendungen (MüKo/Schäfer § 687 Rz 43). Das Risiko des Erfolgs der Aufwendungen trägt der Geschäftsführer. Das Verlangen nach Auskunft reicht für die Geltendmachung noch nicht aus (BeckOKBGB/Gehrlein § 687 Rz 4). Die Ansprüche verjähren nach §§ 195, 199.