Gesetzestext
(1) Verbleibt nur noch ein Gesellschafter, so erlischt die Gesellschaft ohne Liquidation. Das Gesellschaftsvermögen geht zum Zeitpunkt des Ausscheidens des vorletzten Gesellschafters im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den verbleibenden Gesellschafter über.
(2) In Bezug auf die Rechte und Pflichten des vorletzten Gesellschafters sind anlässlich seines Ausscheidens die §§ 728 bis 728b entsprechend anzuwenden.
A. Liquidationsloses Erlöschen der Gesellschaft (I 1).
Rn 1
I verdeutlicht, dass es eine Einmann-Personengesellschaft nicht gibt. Mit Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters ist die GbR nicht mehr existent. Die Anwendung von § 712a setzt keine eingetragene GbR voraus. Maßgeblich ist, dass ein Gesellschafter übrig bleibt, nicht aber, dass es sich von vornherein um eine Zweimann-Gesellschaft gehandelt hat. Unbenommen bleibt es, im Gesellschaftsvertrag zu regeln, dass das Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters ein Auflösungsgrund ist und sich dadurch die zwei letzten Gesellschafter im Weg der §§ 735 ff auseinandersetzen. Scheidet während der (egal, warum eingeleiteten) Liquidation der vorletzte Gesellschafter aus, gilt § 712a aber auch noch dann. § 712a erfasst auch den Fall, dass alle übrigen Gesellschafter ihren Anteil an denselben Mitgesellschafter übertragen. Sieht das Gesetz oder der Gesellschaftsvertrag vor, dass für den betreffenden ausscheidenden Gesellschafter eine andere Person nachrückt, liegt kein Fall von § 712a vor. Für die Frage, ob und wann der vorletzte Gesellschafter ausgeschieden ist, kommt es auf die materiell-rechtliche Lage, nicht die (bei der eGbR zu vollziehende) Eintragung im Gesellschaftsregister an. Scheiden sämtliche Gesellschafter gleichzeitig aus, ist das als Auflösung entspr § 729 II Fall 2 zu behandeln, da keiner übrig bleibt. Ob das auch dann anzunehmen ist, wenn binnen kurzer Zeit, aber hintereinander bei sämtlichen Gesellschaftern ein Ausscheidenstatbestand eintritt (so Servatius § 712a Rz 7), erscheint zweifelhaft.
Rn 2
§ 712a führt ungeachtet dessen zum sofortigen Ende der GbR, dass am Gesellschaftsanteil des Ausgeschiedenen dingliche Drittrechte bestehen mögen (str; offen Schlesw DNotZ 2006, 374, 376 f [OLG Schleswig 02.12.2005 - 2 W 141/05]; wie hier Servatius § 712a Rz 10). Ausnw soll es nicht zur Rechtswirkung des § 712a kommen, wenn es sich um einen Vor-/Nacherbschaftsfall handelt (BGH NJW 86, 2431 [BGH 14.05.1986 - IVa ZR 155/84]) oder Testamentsvollstreckung angeordnet ist (BGH NJW 96, 1284 [BGH 10.01.1996 - IV ZB 21/94]).
B. Gesamtrechtsnachfolge durch den Alleinverbleibenden (I 2).
Rn 3
Kraft Gesetzes geht gem I 2 im Zeitpunkt des materiell-rechtlichen Ausscheidens das gesamte GbR-Vermögen (Aktiva und Passiva) auf den Alleinverbleibenden über. Damit gilt, was schon vor dem MoPeG für die OHG galt (RGZ 65, 227, 235 ff; 68, 410, 414 ff; BGH NZG 04, 611, 00, 474 [BGH 15.03.2004 - II ZR 247/01]).
C. Rechtsstellung des Ausgeschiedenen (II).
Rn 4
Für den Ausgeschiedenen bestimmt II als Rechtsfolge die Anwendung von §§ 728–728b, also nicht die Anwendung der §§ 735 ff. Anders als in den übrigen Fällen des Ausscheidens erlischt hier – sofort – auch die GbR. I ist über § 105 III für die OHG anzuwenden, während gegenüber II die §§ 135–137 HGB vorrangig sind.
Rn 5
Der Ausgeschiedene hat Anspruch auf Haftungsbefreiung und eine Abfindung (§ 728 I 1). Ob ihm Gegenstände zurückzugeben sind, die er der GbR zur Nutzung überlassen hatte, lässt das Gesetz offen. Kann insoweit ein bestimmter Parteiwille nicht festgestellt werden, bietet sich eine analoge Anwendung von § 736d V an (Servatius § 712a Rz 28). IÜ sieht sich der Ausgeschiedene einer Pflicht zur Verlusttragung (§ 728a) und dem Risiko einer Nachhaftung (§ 728b; nicht § 739) ausgesetzt.