Gesetzestext
(1) Macht ein Gesellschafter zum Zwecke der Geschäftsbesorgung für die Gesellschaft Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, oder erleidet er unmittelbar infolge der Geschäftsbesorgung Verluste, ist ihm die Gesellschaft zum Ersatz verpflichtet.
(2) Für die erforderlichen Aufwendungen hat die Gesellschaft dem Gesellschafter auf dessen Verlangen Vorschuss zu leisten.
(3) Der Gesellschafter ist verpflichtet, der Gesellschaft dasjenige, was er selbst aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben.
(4) Verwendet der Gesellschafter Geld für sich, das er der Gesellschaft nach Absatz 3 herauszugeben hat, ist er verpflichtet, es von der Zeit der Verwendung an zu verzinsen. Satz 1 gilt entsprechend für die Verzinsung des Anspruchs des Gesellschafters auf ersatzfähige Aufwendungen oder Verluste.
A. Grundlagen.
Rn 1
§ 716 ersetzt den gestrichenen § 110 HGB aF. Bei der rechtsfähigen GbR bestehen die Ansprüch aus § 716 ggü dieser, bei der nicht rechtsfähigen GbR (§ 740 II) bestehen sie im Verhältnis unter den Gesellschaftern. Vorausstzung ist eine Tätigkeit im Interessenkreis der Gesellschaft. Die Funktion des § 716 ist ähnlich den Regelungen in §§ 677 ff, aber ggü diesen ebenso wie ggü §§ 665 ff ist § 716 spezieller (BTDrs 19/27635, 156f). § 716 erfasst nicht Tätigkeiten eines Gesellschafters, mit denen er in seiner Privatsphäre oder in der Wahrnehmung eigennütziger Gesellschafterrechte betroffen ist oder soweit es um seine Teilhabe an Grundlagenentscheidungen geht. § 716 ist dispositiv (§ 708; BGH NJW 80, 339, 340 [BGH 02.07.1979 - II ZR 132/78]; Kobl NJW-RR 87, 24 [OLG Koblenz 14.02.1986 - 2 U 1603/84]). Hierfür kann eine schlüssige Vereinbarung genügen (BGH NJW 66, 826 [BGH 17.01.1966 - II ZR 8/64]). Auch pauschale Ersatzregelungen sind möglich.
B. Aufwendungsersatz, Vorschuss und Verlustausgleich.
I. Aufwendungen.
Rn 2
Aufwendungen nach I Fall 1 sind freiwillige Vermögensopfer des Gesellschafters, die er den Umständen nach bei sorgfältiger Prüfung für erforderlich halten durfte, wenn er Geschäfte für die GbR besorgt. Der Gesellschafter muss objektiv und subjektiv (zielgerichtet) im Geschäftskreis der Gesellschaft tätig geworden sein (BTDrs 19/27635, 156). Eigennützige Aufwendungen sind nicht nach I erstattungsfähig, auch nicht etwa Kosten durch das Ausüben des Auskunftsanspruchs oder zur Teilnahme an Beschlussfassungen. Überschneiden sich eigennützige und gesellschaftsnützige Bereiche, muss für eine Anwendung von I das Gesellschaftsinteresse klar überwiegen (Fleischer BB 20, 2114, 2117). In I geht es bspw um Reisekosten (RGZ 75, 208, 213) oder das Übernehmen von Betriebssteuern (vgl BGH WM 78, 114). Aufwendungsersatz ist nicht gleichbedeutend mit angemessener Vergütung (Köln BeckRS 07, 10766; Kobl WM 86, 590). Die reine Arbeitsleitung, etwa als Geschäftsführungstätigkeit, ist keine unter I fallende Aufwendung (BGH NJW-RR 05, 794 [BGH 17.02.2005 - IX ZR 159/03]).
II. Vorschuss.
Rn 3
Das Vorschussrecht nach II steht jedem Gesellschafter zu, auch wenn er keine Geschäftsführungsbefugnis hat. Das Recht besteht auf Verlangen, ist also ein sog verhaltener Anspruch, der vor Ausübung des Verlangens nicht abtretbar und nicht pfändbar ist. Für den Vorschuss nach II gilt, anders als für den Ersatz nach I Fall 1, kein objektiver und subjektiver Maßstab, sondern insofern kommt es nur auf die objektive Erforderlichkeit an (BTDrs 19/27635, 157), weil zum Zeitpunkt des Vorschusses noch keine Eile geobten ist.
III. Verluste.
Rn 4
Verluste nach I Fall 2 sind unfreiwillige Vermögensopfer oder Schäden beim Gesellschafter. Es geht um risikotypische Begleiteinbußen, die ihm bei seiner in den Interessenkreis der GbR fallenden Tätigkeit widerfahren. Es muss objektiv ein unmittelbarer Zusammenhang mit der Tätigkeit für die GbR bestehen (BTDrs 19/27635, 157; das ist nicht deckungsgleich mit § 110 I Fall 2 HGB aF). Zugrunde liegt der Gedanke der Selbstaufopferung. Auch hier – wie bei I Fall 1 – ist abzugrenzen zur Privatsphäre.
IV. Augeschiedener Gesellschafter.
Rn 5
Scheidet ein Gesellschafter aus, geht ein bislang unerfüllter Anspruch aus § 716 als Wertposten in die Auseinandersetzung nach §§ 728, 728a mit ein (vgl BGH NJW 05, 2618 [BGH 07.03.2005 - II ZR 194/03]: Durchsetzungssperre).
C. Herausgabepflicht
Rn 6
Jeder Gesellschafter hat nach III die Pflicht, dasjenige an die GbR herauszugeben, was er aus der Geschäftsbesorgung für die GbR erlangt hat. Die Regelung ist nicht auf geschäftsführungsbefugte Gesellschafter beschränkt. Die Herausgabepflicht umfasst ebenso Vermögenswerte wie ideelle Gegenstände. Nicht erfasst wird, was in der Privatsphäre erlangt wurde. Herauszugeben sein können auch Provisionen und andere Leistungen Dritter auf Rechnung der GbR (BTDrs 19/27635, 157, BGH NJW-RR 92, 560 [BGH 17.10.1991 - III ZR 352/89]), ebenso wie Vorteile oder andere konkrete Chancen, die beim Gesellschafter im Gesellschaftsinteresse begründet wurden (Brandbg NZG 14, 577 [BGH 20.02.2014 - V ZB 116/13]), zB Erfindungen.
Rn 7
Scheidet ein Gesellschafter aus, muss er insb Geschäftsunterlagen (§ 717) und Betriebsmittel zurückgeben. Ein Zurückbehaltungsrecht wegen seines Abfindungsanspruchs steht ihm...