Gesetzestext
(1) Jeder Gesellschafter hat gegenüber der Gesellschaft das Recht, die Unterlagen der Gesellschaft einzusehen und sich aus ihnen Auszüge anzufertigen. Ergänzend kann er von der Gesellschaft Auskunft über die Gesellschaftsangelegenheiten verlangen. Eine Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag, welche diese Rechte ausschließt oder dieser Vorschrift zuwider beschränkt, steht ihrer Geltendmachung nicht entgegen, soweit dies zur Wahrnehmung eigener Mitgliedschaftsrechte erforderlich ist, insbesondere, wenn Grund zur Annahme unredlicher Geschäftsführung besteht.
(2) Die geschäftsführungsbefugten Gesellschafter haben der Gesellschaft von sich aus die erforderlichen Nachrichten zu geben, auf Verlangen über die Gesellschaftsangelegenheiten Auskunft zu erteilen und nach Beendigugn der Geschäftsführertätigkeit Rechenschaft abzulegen. Eine Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag, welche diese Verpflichtungen ausschließt, ist unwirksam.
A. Grundlagen.
Rn 1
§ 717 regelt in I das individuelle Informationsrecht jedes Gesellschafters, in II die Mitteilungs-, Auskunfts- und Rechenschaftspflicht der geschäftsführungsbefugten Gesellschafter. Über § 105 III HGB gilt das auch für die OHG. In der KG (§ 161 II HGB) gilt für die Kommanditisten die engere Regelung in § 166 HGB (krit Fleischer DStR 21, 483, 488). § 717 findet auch in der Auflösung Anwendung, wobei dann die Liquidatoren nach II verpflichtet sind. Ist die GbR vollbeendet und dadurch erloschen, hat § 717 keinen Bezugspunkt mehr. Anschließend kann ein Informationsrecht nach § 810 bestehen (hM; dagegen für § 717 iVm nachwirkender Treuepflicht Servatius § 717 Rz 16). Fällt der Gesellschafter in Insolvenz und gehört sein GbR-Anteil zur Masse, übt der Insolvenzverwalter das Recht nach I aus.
Rn 2
Das Recht nach I und die Pflicht nach II bestehen ggü der rechtsfähigen GbR. Für die nicht rechtsfähige GbR sieht § 740 II im Hinblick auf § 717 nur die enspr Anwendung von I, nicht von II vor. Das wird mit dem Argument kritisiert, dass § 740 II aber durch den Verweis auf § 715 sehr wohl eine Geschäftsführungsstruktur anerkennt (Servatius § 717 Rz 33).
B. Informationsrechte.
I. Einsichtsrecht, I 1.
1. Unterlagen.
Rn 3
Die in I 1 genannten Unterlagen sind das, was früher (§ 716 aF) als ›Geschäftsbücher‹ und ›Papiere‹ bezeichnet war. Erfasst sind alle vorhandenen Aufzeichnungen der GbR zur Geschäftsführung und zu Grundlagengeschäften. Es muss sich um eine Gesellschaftsangelegenheit, also um eine gesellschaftsbezogene Unterlage, handeln. Dazu gehören insb die Buchführung, Verträge, Korrespondenz und sonstige Dokumente des Geschäftsgangs, außerdem der Gesellschaftsvertrag, Niederschriften von Geschäftsführungs-, Beirats- und Gesellschafterversammlungen und -beschlüssen, Beitritts- oder Ausscheidenserklärungen, schließlich die Kontaktdaten der Mitgesellschafter (BGH WM 20, 458). Für I spielt es keine Rolle, ob die Unterlagen physisch verkörpert oder elektronisch vorhanden sind (BGH NZG 10, 61 [BGH 21.09.2009 - II ZR 264/08]). Das Einsichtsrecht bezieht sich auch auf bei der GbR befindliche Sachen (etwa Anlagevermögen), sodass sich der Gesellschafter von deren Existenz und Zustand überzeugen kann.
Rn 4
Keine Unterlagen der GbR sind Dokumente oder Daten zur dinglichen Belastung eines Gesellschaftsanteils (es sei denn, es betrifft die GbR selbst, zB Verpfändungsanzeige) und ebenso wenig schuldrechtliche Nebenvereinbarungen unter Gesellschaftern (zB zur Stimmbindung) oder zwischen Gesellschaftern und Dritten (zB wegen Treuhand). Nicht erfasst von § 717 sind überdies Privataufzeichnungen bei der GbR, aber angesichts des Vorhandenseins im Geschäftskreis der GbR wird sie im Fall der Einsichtsverweigerung den nicht gesellschaftsbezogenen Charakter beweisen müssen (RGZ 103, 71, 73; BGH BB 70, 187).
2. Einsichtnahme.
Rn 5
Dem Gesellschafter, der Einsicht begehrt, sind die Unterlagen zugänglich zu machen. Dazu ist ihm angemssener Zutritt zu den Geschäftsräumen zu gestatten. Sein Einsichtsanspruch ist jedenfalls auf Duldung der Kenntnisnahme gerichtet (hM, RGZ 170, 392, 395; Saarbr NZG 02, 669, 670), nach weitergehender Ansicht auch darauf, dass ihm die Unterlagen bereitgestellt werden (Servatius § 717 Rz 19). Letzteres ist zutreffend, wenn nur so eine sinnvolle Einsichtnahme ermöglicht wird.
Rn 6
Mitarbeiter der GbR kann der Einsichtswillige nur mit Zustimmung der GbR befragen. Die Kosten seiner Einsichtnahme trägt der Gesellschafter, aber Ausdrucke von nur eletronisch gespeicherten Unterlagen muss die GbR auf ihre Kosten herstellen (BGH NZG 10, 61 [BGH 21.09.2009 - II ZR 264/08]). Das Einsichtnahmerecht begründet keinen Anspruch auf Mitnahme oder Übermittlung von Unterlagen (Frankf BeckRS 08, 541), es sei denn, das Recht würde anderenfalls wesentlich erschwert (Treuepflicht der GbR) oder es geht nur um eine kurze Überlassung zum Kopieren (Zweibr NJOZ 05, 2600). Dritte kann der Gesellschafter zur Einsichtnahme hinzuziehen, wenn sie zur Verschwiegenheit verpflichtet sind. Von solchen Dritten kann sich der Gesellschafter auch unterstützen und beraten lassen bei der Auswertung der erlangten Informationen (...