Gesetzestext
Hat ein Privatgläubiger eines Gesellschafters, nachdem innerhalb der letzten sechs Monate eine Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen des Gesellschafters ohne Erfolg versucht wurde, aufgrund eines nicht bloß vorläufig vollstreckbaren Schuldtitels die Pfändung des Anteils des Gesellschafters an der Gesellschaft erwirkt, kann er dessen Mitgliedschaft gegenüber der Gesellschaft unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten zum Ablauf des Kalenderjahrs kündigen.
A. Grundlagen; Anwendungsbereich.
Rn 1
§ 726 (Parallelnorm zu § 133 HGB) gilt für die rechtsfähige GbR. Für die nicht rechtsfähige GbR gilt § 726 über § 740a I Nr 6, III.
Rn 2
§ 726 gibt Gläubigern eines Gesellschafters einen mittelbaren Zugriff auf das in der GbR gebundene Vermögen ihres Schuldners, nachdem der unmittelbare Zugriff nach § 722 I außer Betracht bleibt. So können diese Gläubiger das Abfindungsguthaben des Gesellschafters für ihre Befriedigung nutzen (BTDrs 19/27635, 173). § 726 ergänzt die sonstigen Befriedigungsmöglichkeiten, sodass es dem Gläubiger unbenommen ist, in die bestehenden einzelnen Rechte des Gesellschafters zu vollstreken, zB in einen Gewinnauszahlungsanspruch. Es kommt für § 726 nicht darauf an, ob der Gesellschaftsanteil übertragbar (§ 711 I) ist (ggf auch §§ 844, 857 V ZPO). Ist die Mitgliedschaft zugunsten eines Dritten dinglich belastet, setzt sich das analog §§ 1258 III, 1273 II am Abfindungsguthaben fort, und der kündigende Prviatgläubiger muss es gegen sich gelten lassen.
Rn 3
Das Kündigungsrecht setzt voraus, dass es sich um eine Geldforderung handelt. Nicht anzuwenden ist § 726, wenn der Gläubiger den Anspruch zugleich gegen die GbR hat, also insb dann, wenn seine Forderung gegen den Gesellschafter aus § 721 herrührt (BTDrs 19/27635, 173). Privatgläubiger kann auch ein Mitgesellschafter sein, aber nicht wegen einer Sozialverbindlichkeiten des Gesellschafters.
B. Voraussetzungen.
I. Schuldtitel.
Rn 4
Der erforderliche Schuldtitel ist dann nicht vorläufig, wenn gegen ihn kein ordentliches Rechtsmittel mehr statthaft ist. Ausreichend sind auch vollstreckbare Urkunden, gerichtliche Vergleiche, bestandskräftige Verwaltungsakte. Nicht genügend sind Vorbehaltsurteile, Vollstreckungsbescheide, Arrestanordnungen oder eine Vorpfändung.
II. Pfändung.
Rn 5
Die Pfändung muss wirksam sein. Ihr Gegenstand muss die Mitgliedschaft sein. Auch der Überweisung bedarf es (§§ 829, 835, 857 ZPO; zwar genauer formuliert in § 133 HGB, aber kein Umkehrschluss zu § 726). Ob die Mitgesellschafter zustimmen, ist unerheblich (Köln NJW-RR 94, 1517, 1518 [OLG Köln 25.05.1993 - 24 U 216/91]).
III. Erfolglose vorausgehende Vollstreckung.
Rn 6
Nachgewiesen wird die Erfolglosigkeit durch das entspr Pfändungsprotokoll des Gerichtsvollziehers. Die erfolglose Vollstreckung muss nur überhaupt stattgefunden haben, aber nicht gerade wegen der der Pfändung zugrunde liegenden Forderung dieses Privatgläubigers. Es muss sich um einen Vollstreckungsversuch ins bewegliche Vermögen gehandelt haben, sodass vorhandene andere Vermögenswerte insofern unberücksichtigt bleiben. Die 6-Monatsfrist beginnt mit dem im Protokoll der erfolglosen Pfändung vermerkten Pfändungszeitpunkt.
C. Kündigungsfrist und -erkärung; Rechtsfolgen.
Rn 7
Die Kündigungsfrist beträgt drei Monaten zum Kalenderjahresende. Mit Fristablauf scheidet der Gesellschafter aus (§ 723 I Nr 4; ggf einzutragen gem § 707 III 2). Wird der Privatgläubiger nach seiner Kündigungserklärung befriedigt, bevor durch Ablauf der dreimonatigen Kündigungsfrist das Ausscheiden des Gesellschafters eintritt, soll die Kündigung dennoch wirksam bleiben (BGH ZIP 22, 1695, 1696). § 726 legt nun ausdrücklich fest, dass Adressat der Kündigungserklärung die GbR ist (abw vormals hM: ggü allen Gesellschaftern). Erklärt werden darf die Kündigung, sobald die Pfändung (nicht notwendig auch die Überweisung) bewirkt ist. Eine Kündigungserklärung vor Pfändung geht ins Leere und muss dann wiederholt werden. Hat der kündigende Privatgläubiger keinen unbefriedigten Anspruch gegen den Gesellschafter (vgl 173), macht das nicht die Kündigung unwirksam, sondern mit diesem Argument muss sich der Gesellschafter als Schuldner gegen die Pfändung verteidigen.
Rn 8
Die Pfändung räumt dem Gläubiger keine Verwaltungsrechte ein (§ 711a), aber aufgrund des pfändungsbedingten Verfügungsverbots (§§ 135 I, 136) kann der Schuldner das Pfändungspfandrecht des Gläubigers nicht beeinträchtigen. Die Veräußerung der Mitgliedschaft (§ 711 I 1) bleibt möglich, ändert am Bestehen des Pfändungspfandrechts aber nichts. Beim Ausscheiden (Rn 7) setzt sich das Pfändungspfandrecht am Abfindungsguthaben fort (BGH NZG 16, 1307 [BGH 15.09.2016 - V ZB 183/14] Rz 17). Der Gläubiger hat einen Anspruch auf Vorlage von Geschäftsunterlagen nach §§ 810, 242 (Servatius § 726 Rz 24) und ihm steht das Auskunftsrecht nach § 836 III ZPO gegen den Gesellschafter zu (Roth ZGR 00, 189, 208).
D. Gestaltungsmöglichkeiten.
Rn 9
§ 726 ist zum Schutz des Gläubigers unabdingbar. Auch Erschwerungen zulasten des Gläubigers sind unwirksam. Der Gesellschaftsvertrag kann aber vorsehen, dass die iSv § 726 erklärte Kündigung nicht zum Ausscheiden des von der Pfändung betroffenen Gesellschafters, sondern ...