Rn 10
I 1 gewährt Gestaltungsfreiheit auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage. Mit einer Beschränkung der vermögenswerten Rechte des Ausgeschiedenen soll ein behutsamer Umgang angezeigt sein (BTDrs 19/276351, 175). Abfindungsausschlüsse für gezielt nur die Fälle von § 723 I Nr 3 und 4 geraten in Konflikt mit § 138. Nicht als gültig anzuerkennen ist es, wenn die mit der Klausel verbundene Sicherung des Erhalts von Gesellschaftskapital vollkommen außer Verhältnis zu dem steht, was erforderlich ist, um im Interesse der verbleibenden Gesellschafter für den Fortbestand und die Fortführung des Unternehmens zu sorgen (BTDrs aaO). Ist angesichts der vereinbarten (zu) geringen Abfindungshöhe der Gesellschafter aus ökonischer Vernunft faktisch gezwungen, sich nicht freiwillig für ein Ausscheiden zu entscheiden, verstößt die betreffende Klausel gegen § 725 VI (RGZ 162, 388, 393; BGH WM 79, 1064, 1065; NJW 54, 106; 85, 192, 193 [BGH 24.09.1984 - II ZR 256/83]; 93, 3193; 08, 1943, 1945 [BGH 07.04.2008 - II ZR 3/06]). Als Faustregel wird man – auch für ›bad leaver‹ – annehmen müssen, dass es wegen groben Missverhältnisses nichtig ist, als Abfindung weniger als 50 % des wahren Werts zu vereinbaren. Gem § 310 IV kein Prüfungsmaßstab sind die §§ 305 ff (BGH NJW 95, 192 [BGH 10.10.1994 - II ZR 32/94]), allenfalls könnte in der Publikums-GbR auf § 242 zurückgegriffen werden. Ist eine gesellschaftsvertragliche Abfindungsklausel für unwirksam zu erachten (insb §§ 138, 725 VI, 735 II 2), ist die ganze Regelung ungültig, ohne geltungserhaltende Reduktion (BGH NJW 93, 3193), jedoch hilft eine ergänzende Auslegung des Gesellschaftsvertrags (näher Servatius § 728 Rz 55, 56, 68). Kein Argument für eine Ausschließbarkeit der Abfindung ist es, dass der Gesellschafter seinen Anteil an der GbR ohne Gegenleistung (Schenkung; Erbschaft) erworben hat (BGH NJW 89, 2685, 2686 [BGH 09.01.1989 - II ZR 83/88]; Karlsr NZG 07, 423, 425 [OLG Karlsruhe 12.10.2006 - 9 U 34/06]).
Rn 11
Für die Frage der Wirksamkeit der Klausel ist grds auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem sie in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen wird. Allerdings zeigt die Praxis, dass auch bei anfänglich unbedenklichen Klauseln erst spätere eintretende Umstände zu einem groben Missverhältnis zwischen tatsächlicher und angemessener Abfindungshöhe führen können. Dann muss wiederum mit einer ergänzenden Vertragsauslegung operiert werden (BGH NJW 93, 2101, 2103; 93, 3193; 94, 2536, 2540; München DB 04, 2207, 2208) und es ist subsidiär zu prüfen, ob die Voraussetzungen von § 313 erfüllt sind.
Rn 12
Verfolgt die Gesellschaft einen rein ideellen Zweck, kann der Abfindungsanspruch ausgeschlossen werden, wenn der Ausscheidende immerhin seine Einlage wieder erhält (BGH NJW 97, 2592). Zulässig ist es auch, beim Ausscheiden durch Tod den Abfindungsanspruch der Erben auszuschließen, denn es stand ebenso in der Macht des Ausgeschiedenen, sie zu enterben (BGHZ 22, 187, 194; NJW 57, 180; vgl auch Lange/Kretschmann ZEV 21, 545, 548). Wirksam sind schließlich Klauseln, die zwar die Barabfindung ausschließen, aber dem Ausgeschiedenen anstelle dessen unbare Werte zuführen, wie etwa das Recht, Kundenbeziehungen auf eigene Rechnung fortführen zu dürfen (BGH NJW 95, 1551 [BGH 06.03.1995 - II ZR 97/94]; 00, 2584 [BGH 08.05.2000 - II ZR 308/98]; NZG 10, 901 [BGH 14.06.2010 - II ZR 135/09]). Auch kann der Gesellschaftsvertrag Ratenzahlung der Abfindung vorsehen (München NZG 04, 1055, 1057 [OLG München 01.09.2004 - 7 U 6152/99]: 5 Jahre), wenn nicht die dadurch erreichte Auszahlungsdauer überlang wird (BGH NJW 89, 2685, 2686 [BGH 09.01.1989 - II ZR 83/88]: 15 Jahre), wobei aber die ›lebenslange Rente‹ nach Ausscheiden aus einer GbR von Freiberuflern möglich sein soll (BGH NJW 04, 2449 [BGH 17.05.2004 - II ZR 261/01]).