Gesetzestext
(1) Ist im Gesellschaftsvertrag vereinbart, dass die Gesellschaft durch den Tod eines Gesellschafters aufgelöst wird, hat der Erbe des verstorbenen Gesellschafters den anderen Gesellschaftern dessen Tod unverzüglich anzuzeigen. Wenn mit dem Aufschub Gefahr für die Gesellschaft oder das Gesellschaftsvermögen verbunden ist, hat der Erbe außerdem die laufenden Geschäfte fortzuführen, bis die anderen Gesellschafter in Gemeinschaft mit ihm anderweitig Fürsorge treffen können. Abweichend von § 736b Absatz 1 gilt für die einstweilige Fortführung der laufenden Geschäfte die dem Erblasser durch den Gesellschaftsvertrag übertragene Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis als fortbestehend. Die anderen Gesellschafter sind in gleicher Weise zur einstweiligen Fortführung der laufenden Geschäfte berechtigt und verpflichtet.
(2) Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend, wenn im Gesellschaftsvertrag vereinbart ist, dass die Gesellschaft durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters aufgelöst wird.
A. Grundlagen.
Rn 1
§ 730 gilt für die (eingetragene oder nicht eingetragene) rechtsfähige GbR. Gibt es nur zwei Gesellschafter, von denen einer stirbt oder in Insolvenz fällt, ist vorrangig § 712a anzuwenden, wenn der andere bereit ist, das Gesellschaftsvermögen zu übernehmen, mit der Folge, dass liquidationslos die sofortige Vollbeendigung eintritt.
Rn 2
Für die nicht rechtsfähige GbR enthält § 740 keinen Verweis auf § 730. Dennoch ist die Anwendung von § 730 im Hinblick auf die Anzeigepflicht und die Notgeschäftsführungsbefugnis (nicht aber bzgl Vertretungsmacht) bei der nicht rechtsfähigen GbR sachgerecht, weil Tod oder Insovenz eines Gesellschafters nach § 740 I Nr 2 u 5 sogar grds ein Auflösungsgrund sind und bzgl der Geschäftsführungsbefugnis im Innenverhältnis keine relevanten Unterschiede zur rechtsfähigen GbR auszumachen sind.
B. Auflösung bei Tod eines Gesellschafters.
Rn 3
Nach I 1 hat der Erbe die Pflicht zur unverzüglichen (§ 121 I) Anzeige ggü allen Mitgesellschaftern. Das gilt ab Anfall der Erbschaft (§ 1942), nicht erst dann, wenn die Ausschlagungsfrist abgelaufen ist. Die Pflicht trifft auch den Testamentsvollstrecker oder Nachlassverwalter. Die erfolgreiche Ausschlagung (§ 1945) oder Anfechtung (§ 1955) lässt für den (zunächst) Betroffenen die Anzeigepflicht rückwirkend entfallen.
Rn 4
Das Recht zur Notgeschäftsführung nach I 2, samt Vertretungsmacht, setzt eine Gefahr für das Gesellschaftsvermögen voraus und es steht dem Erben nur zu, wenn die Geschäftsführung dem Erblasser allein oder gemeinsam mit anderen Gesellschaftern übertragen war, nicht aber bei Gesamtgeschäftsführung nach § 715 I oder Ausschluss des Erblassers von der Geschäftsführung. Denn I 3 zeigt, dass keine originäre Befugnis des Erben bewirkt, sondern nur die dem verstorbenen Gesellschafter (Erblasser) zustehende Einzelgeschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis fortgesetzt fingiert wird. Das Notgeschäftsführungsrecht entsteht mit Anfall der Erbschaft und entfällt mit ihrer Ausschlagung rückwirkend. Das Notgeschäftsführungsrecht bedeutet eine Abweichung von der Rechtslage, wie sie nach §§ 736 I, 736b gälte (alle Gesellschafter gemeinschaftlich). Die Notgeschäftsführung ist in der Weise befristet, dass kein Recht hierzu mehr besteht, sobald die Mitgesellschafter nach §§ 736 I, 736b zur Durchührung der Liquidation in der Lage sind.
Rn 5
Das Recht und die Pflicht der übrigen Gesellschafter, die laufenden Geschäfte einstweilen weiterzuführen, bleiben gem I 4 unberührt.
C. Auflösung bei Insolvenz eines Gesellschafters.
Rn 6
Über II wird eine Notgeschäftsführungsbefugnis der anderen Gesellschafter (I 4) auch dann geschaffen, wenn über das Vermögen eines Gesellschafters das Insolvenzverfahren eröffnet wird und der Gesellschaftsvertrag gem § 723 I Nr 3 deshalb die Auflösung bestimmt. Besteht hier eine Gefahr für die Gesellschaft oder ihr Gesellschaftsvermögen und sind, weil weder die geschäftsführenden Gesellschafter noch der Insolvenzverwalter anderweitige Fürsorge treffen, entspr Maßnahmen geboten, besteht für den Einzelnen das Notgeschäftsführungsrecht, samt organschaftlicher Vertretungsmacht. Will der Insolvenzverwalter die Gefahr bannen, handelt er aufgrund § 715a, nicht aufgrund II.