Gesetzestext
(1) Mit der Auflösung der Gesellschaft erlischt die einem Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag übertragene Befugnis zur Geschäftsführung und Vertretung. Diese Befugnis steht von der Auflösung an allen Liquidatoren gemeinsam zu.
(2) Die bisherige Befugnis eines Gesellschafters zur Geschäftsführung und, sofern die Gesellschaft nicht im Gesellschaftsregister eingetragen ist, zur Vertretung gilt gleichwohl zu seinen Gunsten als fortbestehend, bis er von der Auflösung der Gesellschaft Kenntnis erlangt hat odre die Auflösung kennen muss.
A. Kompetenzordnung gem I ab der Auflösung.
Rn 1
Mit Eintritt ins Liquidationsstadium steht sämtlichen Gesellschaftern (geborene Liquidatoren, § 736 Rn 2) die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis grds wieder gemeinschaftlich zu. Das Gesetz geht davon aus, dass vor und nach dem Auflösungszeitpunkt keine Kontinuität der Ämter mit den an sie knüpfenden Handlungsbefugnissen herrscht (vgl auch BGH NJW 11, 3087 [BGH 05.07.2011 - II ZR 199/10] Rz 20). Gesellschaftsvertragliche Gestaltungen, die von §§ 715, 720 abweichen, enden zugunsten von § 736b. Die Regelungen für die werbende GbR sind also nicht ohne Weiteres auf die GbR in Liquidation anzuwenden. Auch erteilte Befreiungen von § 181 gelten nicht fort. Freilich ist § 736b seinerseits weitgehend dispositiv.
Rn 2
Der Gesellschaftsvertrag kann schon vor der Auflösung die Liquidatorenpersonen sowie die für sie geltende Kompetenzordnung festlegen; es muss hinreichend eindeutig sein, dass die betreffende gesellschaftsvertragliche Regelung auch oder gerade die Liquidation betrifft. Entscheidungen zu den Liquidatorenpersonen sowie zu der für sie geltenden Kompetenzordnung können die Gesellschafter auch nach Beginn der Auflösung treffen, allerdings nicht mit Mehrheit aufgrund einer lediglich allgMehrheitsklausel (arg § 736 V; Naumbg NZG 12, 1259, 1260 [OLG Naumburg 01.03.2012 - 9 U 151/11]).
B. Fortbestehen der Kompetenzordnung gem II.
Rn 3
Der Gesellschafter, der gutgläubig im Hinblick darauf ist, dass der zur Auflösung führende Umstand nicht eintrat, kann für sich in Anspruch nehmen, die vor der Auflösung geltende Kompetenzordnung sei für ihn noch anzuwenden. Ihm drohen daher keine Handlungspflichten oder Haftungsgefahren, die sich erst aus der für die Liquidation geltenden Kompetenzordnung gegen ihn herleiten.
Rn 4
Die Gutgläubigkeit setzt voraus, dass der Gesellschafter die tatsächlichen und rechtlichen Umstände des Auflösungsgrundes (§ 729) weder kannte noch kennen musste. Kannte der Gesellschafter maßgebliche Umstände früher und hat sie inzwischen nur vergessen, ist er bösgläubig.
Rn 5
Die Fiktion, dass die bisherige Kompetenzordnung nach II fortbesteht, ist im Innenverhältnis dispositiv. Im Außenverhältnis können die Gesellschafter durch eine abweichende Gestaltung nicht den Schutz Dritter beschränken. Der Rechtsverkehr kann grds von einer nach § 720 III (zwingend) unbeschränkten Vertretungsmacht ausgehen.