Prof. Dr. Eckart Brödermann
Rn 13
§ 767 I 3 ist Ausprägung des Verbots der Fremddisposition (BGHZ 130, 19, 33; 137, 153, 156; NJW 00, 2580, 2582); die Regelung gilt auch für Verwertungsvereinbarungen zwischen einem absonderungsberechtigten Gläubiger und dem Insolvenzverwalter des Hauptschuldners (BGH NJW 06, 228, 230: keine Verschärfung des Haftungsrisikos des Bürgen durch solch eine Absprache). Während nach Abschluss des Bürgschaftsvertrages vereinbarte Einschränkungen der Haftung des Bürgen ohne weiteres zulässig sind (BGH NJW 99, 3708, 3709 [BGH 30.09.1999 - IX ZR 287/98]), bedarf eine nach Übernahme der Bürgschaft getroffene, die Haftung erweiternde Vereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner einer einvernehmlichen Abänderung des Bürgschaftsvertrags (BGH BauR 2005, 873, 874; Staud/Stürner § 767 Rz 40; Schwenker BauR 08, 175, 178 ff; anders Grüneberg/Sprau § 767 Rz 3: einseitige Zustimmung durch Bürgen), die unter Beachtung der Formvorschriften in aus §§ 766 BGB, § 350 HGB zu erfolgen hat. Dies gilt nicht für unwesentliche Erweiterungen, wenn es dem Bürgen nach Treu und Glauben zugemutet werden kann, sich an seiner Verpflichtung festhalten zu lassen (BGH WM 62, 700, 701; s zB LG Münster BeckRS 17, 109394: der bürgende Geschäftsführer kann sich idR nicht auf den Schutz des § 767 I 3 berufen, wenn er die Verbindlichkeiten der Gesellschaft als Hauptschuldnerin steuern kann). Dies gilt aber für Erweiterungen nach § 1 III u IV VOB/B (BGH NZBau 2010, 167; kritisch Joussen BauR 12, 344, 351 ff).
Rn 14
Str ist, ob ein abstraktes Schuldversprechen oder -anerkenntnis nach §§ 780, 781 durch AGB des Bürgschaftsgläubigers wegen des damit einhergehenden Neubeginns der Verjährung (§ 212 I Nr 1) die Hauptschuld erweitern kann: Dann kann sie dem Bürgen nach § 767 I 3 nicht entgegengehalten werden (so Hamm BeckRS 14, 6220; dagegen München BeckRS 06, 01397: Bürge müsse mit Verjährungsverlängerung rechnen. Ohne Einschränkungen stellt eine solche Klausel in AGB die regelmäßige Verjährung des Bürgschaftsanspruchs – s Vor § 765 Rn 36 – zu Unrecht zur Disposition des Hauptschuldners; s.a. § 768 Rn 14).
Rn 15
Ebenso wenig erfasst die Bürgschaft eine Vereinbarung, welche die Tilgungsregelung zu Lasten des Bürgen verschlechtert (BGH NJW 80, 2412, 2413 [BGH 21.05.1980 - VIII ZR 201/79]; 00, 2580, 2581 [BGH 06.04.2000 - IX ZR 2/98]) oder einen schulderweiternden Vergleich nach § 779 (Erman/Zetzsche § 767 Rz 9). Wird eine Auswechslung des Hauptschuldners vorgenommen (BGH NJW 93, 1917, 1918 [BGH 06.05.1993 - IX ZR 73/92]; anders beim Formwechsel, s Rn 9) oder die Geschäftsverbindung zwischen Gläubiger und Hauptschuldner gekündigt (BGH NJW 89, 27, 28 [BGH 14.07.1988 - IX ZR 115/87]), haftet der Bürge nicht für die nach dem Schuldnerwechsel oder der Kündigung neu begründeten Verbindlichkeiten oder für eine Abweichung von der vertraglich vorgesehenen Vorgehensweise (Schlesw NJW-RR 14, 568, 569). Hingegen keine rechtsgeschäftliche Verschlechterung: Herbeiführung der Fälligkeit einer Forderung durch Widerruf eines Zuwendungsbescheids, BGH BKR 17, 328, 333 [BGH 23.05.2017 - XI ZR 219/16].