Prof. Dr. Petra Buck-Heeb
Rn 1
Ein selbstständiges Schuldversprechen oder -anerkenntnis ist ein einseitig verpflichtender, abstrakter Vertrag, durch den eine vom zugrunde liegenden Kausalverhältnis losgelöste Verpflichtung eingegangen wird. Er kann auch auf Grund der Schuld eines Dritten (BGH NJW 00, 2984f [BGH 04.04.2000 - XI ZR 152/99]) geschlossen bzw zu Gunsten eines Dritten erteilt werden (München OLGZ 66, 385, 386). Schuldversprechen (§ 780) und Schuldanerkenntnis (§ 781) sind beides abstrakte Schuldverträge. Sie unterscheiden sich sachlich/inhaltlich nicht, sondern lediglich in der äußeren Form des Vertrags bzw der Formulierung.
Rn 2
Durch Auslegung ist zu ermitteln, ob eine Erklärung mit Vertragscharakter (iSd §§ 780 oder 781) oder ohne gewollt ist. Liegt eine Erklärung mit Vertragscharakter vor, ist sie dahingehend auszulegen, ob ein abstrakter Vertrag geschlossen werden soll oder nur der Inhalt einer Verbindlichkeit festgestellt wird. Die Parteien müssen sich auch über die Selbstständigkeit der Verpflichtung geeinigt haben (BGH NJW 99, 574, 575 [BGH 14.10.1998 - XII ZR 66/97]). Lediglich ein nicht §§ 780, 781 unterfallender Schuldbestätigungsvertrag oder ein Vergleich iSd § 779 liegt vor, wenn die Parteien nur eine zweifelhafte Forderung bestätigen und gegen Einwendungen sichern wollen. Unter bestimmten Umständen kann eine Umdeutung eines formunwirksamen Wechsels in ein Schuldversprechen nach § 780 erfolgen. Ist die Verpflichtung lediglich auf Schadloshaltung gerichtet (Einstandspflicht) und nicht unmittelbar auf Leistung, besteht nur ein einseitig verpflichtender Garantievertrag (Schleswig NZG 11, 620 ff [OLG Schleswig 02.03.2011 - 9 U 22/10]). Gibt der Schuldner eine einseitige Erklärung ab, die vom Gläubiger nicht angenommen wird, ist keine vertragliche Verpflichtung iSd §§ 780, 781 gegeben. Die Erklärung kann aber eine Beweiserleichterung hinsichtlich des Bestehens der anerkannten Verpflichtung oder des Verjährungsneubeginns (§ 212 I Nr 1) bewirken (vgl § 781 Rn 13).
Rn 3
Beispiele für ein abstraktes Schuldversprechen sind etwa die Bestätigung eines Akkreditivs (hM s BGH NJW 94, 2018, 2019; 96, 1812, 1813; Frankf WM 10, 1405), eine akkreditivähnliche bankbestätigte Zahlungsanweisung (Schlesw WM 80, 48, 49). Auch die Zahlungspflicht des Kreditkartenunternehmens ggü dem Vertragsunternehmen wird als abstraktes Schuldversprechen gesehen (BGHZ 150, 286, 295; 152, 75, 80 f; aA noch BGH NJW 90, 2880, 2881). Ein abstraktes Schuldversprechen kann auch durch Buchung auf einem nachvertraglich fortgeführten Girokonto zustande kommen (BGH WM 06, 28, 30; NJW 07, 914, 916), durch Selbstverpflichtungserklärung eines Kreditinstituts (vgl LG Berlin EWiR 03, 963, 964) oder bei ›Sonderzahlungen‹ (LG Kiel 14 O 110/09, juris). Zur Frage, wann eine Finanzierungsbestätigung einer Bank ein abstraktes Schuldversprechen enthält, Brandbg WM 07, 1879; Schleswig GWR 14, 482. Abgelehnt wird das Vorliegen eines abstrakten Schuldversprechen etwa bei der Planung eines nicht verwirklichten Bauvorhabens hinsichtlich des Architektenhonorars (BGH NJW-RR 95, 1391 [BGH 18.05.1995 - VII ZR 11/94]) sowie bei der Vereinbarung einer Morgengabe (BGH NJW 99, 574, 575 [BGH 14.10.1998 - XII ZR 66/97]).