Prof. Dr. Petra Buck-Heeb
I. Einwendungen gegen das Schuldversprechen selbst.
Rn 13
Einwendungen sind aus den allg Vorschriften (zB §§ 104 ff, 119 ff, 125, 133, 134, 157, 242) möglich. Die Nichtigkeit kann sich auch aus § 138 ergeben (BGH NJW 87, 2014, 2015, Kobl NJW-RR 03, 1559, 1560 und Köln NJW-RR 95, 1197 f: Überforderung des Schuldners; Ddorf VersR 01, 590, 591: Zwangslage durch Anerkenntnis einer Auszubildenden bzgl Diebstahls; Köln NJW-RR 98, 1518, 1519: Prostituiertenfreikauf; Schleswig NJW 05, 225 [OLG Schleswig 13.05.2004 - 16 U 11/04]: Anerkenntnis in Nachtclub). Zur Möglichkeit eines Anerkenntnisses über die etwaige Gesetzes- oder Sittenwidrigkeit des Ausgangsverhältnisses BGH NJW 12, 61 [BGH 22.09.2011 - IX ZR 1/11], Rz 12. § 138 greift nicht bei Drohung mit einer Strafanzeige, wenn der Täter zur Wiedergutmachung des Schadens veranlasst werden soll (BAG NJW 11, 630). Das Anerkenntnis ist aber anfechtbar (Kobl VersR 14, 460). Aufgrund des Abstraktionsprinzips kann nach einer Ansicht die Gesetzes- oder Sittenwidrigkeit des Grundgeschäfts (§§ 134, 138) nicht in Bezug auf die abstrakte Obligation wirken (BGH WM 76, 907, 909; Grüneberg/Sprau Rz 9; aA MüKo/Habersack Rz 53; Staud/Marburger Rz 22). Anders ist das, wenn das Gesetz ausdrücklich etwas anderes vorsieht. So ist nach § 656 II ein Schuldanerkenntnis bzgl eines Ehemäklerlohns nicht unabhängig vom Lohnversprechen. Das Gleiche gilt nach § 762 II für Schuldanerkenntnisse bzgl Spiel- und Wettverträgen.
Rn 14
Bei einem formularmäßig erteilten Schuldversprechen kann ein Verstoß gegen § 307 gegeben sein (BGHZ 114, 9, 14 f, BAG DNotZ 06, 47: Verzicht auf Einwendungen jeder Art zu Grund und Höhe des Schuldversprechens; BAG NZA 05, 682 f [BAG 15.03.2005 - 9 AZR 502/03]; aA Ddorf WM 87, 717, 718; Hamm WM 87, 1064). Dagegen ist nach der Rspr und einem Teil der Lit § 309 Nr 12 nicht auf das Schuldversprechen anzuwenden (BGHZ 99, 274, 275; NJW 87, 2014, 2015; BGHZ 114, 9, 12), da das Anerkenntnis die materielle Rechtslage gestaltet und nicht die Beweislast in unzulässiger Weise verschiebt (vgl auch LAG Rheinland-Pfalz, 3 Sa 1008/06). Allerdings kommt die Anwendung von § 305c I in Betracht (BGH WM 06, 84 ff). Ob bei einem Schuldanerkenntnis oder Schuldversprechen § 312 (Haustürgeschäft) anzuwenden ist, ist noch offen (Kannowski VuR 09, 408).
II. Ungerechtfertigte Bereicherung.
Rn 15
Fällt aufgrund der Nichtigkeit des Grundgeschäfts der Rechtsgrund weg, ist das Schuldversprechen kondizierbar (BGH NJW-RR 99, 573, 574 f [BGH 30.11.1998 - II ZR 238/97]; NJW 00, 2501, 2502 [BGH 18.05.2000 - IX ZR 43/99]; Grüneberg/Sprau Rz 11; Staud/Marburger Rz 23; MüKo/Habersack Rz 47). Dasselbe gilt, wenn das Grundgeschäft nachträglich durch Tilgung oder Aufrechnung erloschen ist (BGH WM 70, 1457, 1459; Saarbr MDR 98, 828), einer dauernden (peremptorischen) Einrede ausgesetzt ist (Staud/Marburger Rz 25) oder sich der Schuldner irrig zur Erteilung der Erklärung verpflichtet glaubte (Staud/Marburger Rz 24). Keine Kondiktion bei einem nicht im Darlehensvertrag angegebenen vollstreckbaren Schuldversprechen (BGH NJW 08, 3208, 3209 [BGH 22.07.2008 - XI ZR 389/07]). § 812 I 2 Hs 2 gilt, wenn der mit dem Schuldversprechen oder -anerkenntnis bezweckte Erfolg nicht eintritt (BGH WM 63, 666, 667). So etwa, wenn ein Verzicht auf eine Strafanzeige (LG Bonn NJW-RR 99, 50 [LG Bonn 13.05.1998 - 5 S 43/98]) oder die Erwartung einer Darlehenszahlung fehlschlägt. Ein abstraktes Schuldversprechen soll aufgrund § 216 II 1 analog wegen Verjährung des gesicherten Anspruchs nicht nach § 812 II kondiziert werden können (Frankf WM 07, 2196; Cartano/Edelmann WM 2004, 775, 779), da das abstrakte Schuldanerkenntnis als ›Recht‹ iSd § 216 II zu sehen ist (BGH NJW 10, 1144: § 216 II 1 analog, da nur dinglich gesicherte Ansprüche erfasst; Fortführung in BGH WM 10, 308; s.a. Krepold/Achors BKR 07, 185, 189f).
Rn 16
Der Schuldner kann entweder Befreiung von der Schuld verlangen oder einredeweise die Erfüllung verweigern (§§ 812, 821); er trägt dann die Beweislast. Die Bereicherungseinrede des § 821 kann nach Abtretung der abstrakten Forderung auch ggü dem neuen Gläubiger geltend gemacht werden (RGZ 86, 301, 304; Staud/Marburger Rz 28). Ausscheiden muss ein Bereicherungsausgleich, wenn durch das Schuldversprechen oder -anerkenntnis ohne Rücksicht auf die wirkliche Rechtslage eine Verpflichtung begründet werden sollte, etwa um klare Verhältnisse zu schaffen (NJW 00, 2501f [BGH 18.05.2000 - IX ZR 43/99]). Eine Kondiktion scheidet auch in den Fällen der §§ 813 II, 814, 817 2 aus (BeckOKBGB/Gehrlein Rz 22).