Prof. Dr. Petra Buck-Heeb
I. Voraussetzungen.
Rn 13
Ein Anerkenntnis kann auch lediglich als einseitige tatsächliche Erklärung des Schuldners ohne rechtsgeschäftlichen Verpflichtungswillen erfolgen. Dann soll es von seinem Zweck her nur dem Gläubiger Erfüllungsbereitschaft anzeigen, damit dieser von Zwangsmaßnahmen Abstand nimmt bzw ihm der Beweis erleichtert wird (München 8.5.19 – 20 U 4223/18, juris Rz 4). Der Schuldner gibt ein Zeugnis gegen sich selbst ab, das insofern der Beweiserleichterung dient, als es bei der Beweiswürdigung nach § 286 ZPO zumindest als Indiz angesehen werden (BGH DB 74, 1013f) oder eine Umkehr der Beweislast zur Folge haben kann (BGHZ 66, 250, 255; NJW 02, 1340). Daher führt eine als ›Zeugnis gegen sich selbst‹ zu wertende Bestätigungserklärung zu einer Beweislastumkehr (München 8.5.19 – 20 U 4223/18, juris Rz 5). Die einseitige Erklärung ist jederzeit widerrufbar. Wird also eine Forderung bestätigt, ist der Bestätigende ggf beweispflichtig dafür, dass der Gläubiger keinen oder nur einen geringeren Anspruch hat (BGH WM 03, 1421, 1422; Kratz RNotZ 21, 1, 2). Durch ein einseitiges Schuldanerkenntnis beginnt die Verjährung neu (§ 212 I Nr 1).
II. Beispiele.
Rn 14
Eine einseitige Abrechnung wird regelmäßig als einseitiges tatsächliches Anerkenntnis zu werten sein (LAG Rheinland-Pfalz MDR 03, 159 [LAG Rheinland-Pfalz 09.10.2002 - 9 Sa 654/02]; LAG Köln 11 Sa 1329/06: Gehaltsabrechnung; BGH NJW-RR 04, 92, 94 f [BGH 24.07.2003 - VII ZR 79/02] Bauleistungen), ebenso eine Aufrechnungserklärung (LArbG Berlin-Brandenburg 13 Sa 832/10, juris). Eine Drittschuldnererklärung nach § 840 I Nr 1 ZPO ist nach heute hM kein abstraktes (früher hM) oder deklaratorisches Schuldanerkenntnis (so etwa München NJW 75, 174; Braunschw NJW 77, 1888), sondern als Wissenserklärung ohne rechtsgeschäftlichen Erklärungswert (BGHZ 69, 328, 330; WM 82, 1364) und führt zur Umkehr der Beweislast (BGHZ 69, 328, 332; aA MüKo/Smid § 840 ZPO Rz 17). Ist die Auskunft unrichtig oder unvollständig, besteht eine Schadensersatzpflicht ggü dem Pfändungsgläubiger nach § 840 II 2 ZPO (BGHZ 91, 126, 129 ff; WM 82, 1364). Allerdings begründet eine vorangehende freiwillige Auskunft des Drittschuldners keine Haftung. Die bejahende Erklärung des Drittschuldners führt nach hM zum Neubeginn der Verjährung nach § 212 I Nr 1 (BGH NJW 78, 1914 [BGH 27.04.1978 - VII ZR 219/77]; aA Staud/Marburger Rz 31). Eine widerspruchslose Hinnahme von Rechnungen und Kontoauszügen ist idR kein Anerkenntnis, kann aber ein Indiz sein und der Beweiserleichterung dienen (Frankf WM 87, 355). Der Prüfvermerk des Architekten auf der Schlussrechnung ist kein Anerkenntnis (BGH NJW-RR 02, 661), evtl aber der Prüfvermerk des Bestellers (Karlsr BauR 98, 403; Nürnbg NJW-RR 99, 1036), ebenso der Vorschlag zur Behebung eines Mangels einer Mietsache iRe Vergleichsangebots, wenn er ausdr, ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und Präjudiz erfolgt (BGH NZM 21, 273, 275 [BGH 23.09.2020 - XII ZR 86/18]).
Rn 15
Das in den AGB der Versicherungen häufig enthaltene Anerkenntnis ihrer Leistungspflicht nach Eintritt des Versicherungsfalls bewirkt, abgesehen von vertraglichen Folgen, zumeist lediglich eine tatsächliche Auskunft über die Zahlungsbereitschaft (BGHZ 66, 250, 255 ff) bzw eine Beweiserleichterung (Zweibr NJW-RR 97, 1316, 1317). Regelmäßig liegt ein einseitiges, nicht rechtsgeschäftliches Anerkenntnis vor. Auslegungsfrage ist, ob darin auch ein gegen den Versicherten wirkendes (Hamm BauR 00, 1363) deklaratorisches (Ddorf VersR 85, 728) oder ausnahmsweise auch ein konstitutives Anerkenntnis gesehen werden kann (BGHZ 66, 250, 254). Eine Auskunft über die Auszahlungssumme stellt idR noch kein Anerkenntnis dar (Köln VersR 03, 95). Verwendet die Haftpflichtversicherung dagegen das Wort ›anerkennen‹, soll regelmäßig ein deklaratorisches Anerkenntnis vorliegen (Karlsr DAR 19, 571 Rz 37). Der Vorbehalt in einer Abfindungserklärung führt nicht zwingend zur Annahme einer Befreiung von der Verjährungseinrede oder eines konstitutiven Schuldanerkenntnisses (BGH NJW 92, 2228 [BGH 26.05.1992 - VI ZR 253/91]; 02, 1878, 1879 [BGH 29.01.2002 - VI ZR 230/01]).
Rn 16
Bei Erklärungen des Schädigers nach einem Unfall kommt es auf den Einzelfall an (Kobl NJW-RR 01, 1109 f [OLG Koblenz 26.05.2000 - 10 U 927/99]; Saarbr NJW 11, 1820 [BGH 03.02.2011 - V ZB 54/10]). Zumeist wird ein einseitiges tatsächliches Anerkenntnis vorliegen, das lediglich zur Beweiserleichterung führt (BGH NJW 82, 996, 998 f; 84, 799; 02, 1340: keine Anwendbarkeit auf vertragliche Ansprüche). Erklärt der Schädiger nicht nur, er habe den Unfall verschuldet, sondern übernimmt er ausdrücklich die Ersatzpflicht, so wird darin ein deklaratorisches Anerkenntnis zu sehen sein (Ddorf VersR 73, 719; 79, 626; Schlesw VersR 75, 673; aA Karlsr VersR 65, 1183 f: lediglich einseitiges Anerkenntnis). Ein Anerkenntnis durch AGB an der Unfallstelle soll wegen Verstoßes gegen § 307 unwirksam sein (Karlsr NJW 91, 112 [OLG Karlsruhe 24.10.1990 - 1 U 101/90]). Auch wenn die Direktklage gegen die Versicherung ...