Prof. Dr. Petra Buck-Heeb
Rn 9
Das gesetzlich nicht geregelte deklaratorische Anerkenntnis ist ein Schuldbestätigungsvertrag. Zweck ist, das Schuldverhältnis als solches oder einzelne Punkte dessen dem Streit oder der Ungewissheit der Parteien zu entziehen und darüber eine endgültige Festlegung zu treffen (BGH NJW 95, 1978 [BVerwG 25.01.1995 - BVerwG 11 C 29.93]; 01, 2096, 2099 [BGH 03.04.2001 - XI ZR 120/00]; BAG BB 16, 2427 [BAG 21.04.2016 - 8 AZR 474/14] Rz 26; BeckOKBGB/Gehrlein, Rz 9). Anders als bei einem Vergleich iSd § 779 ist kein gegenseitiges Nachgeben erforderlich, sondern es genügt ein einseitiges Nachgeben des Schuldners (BGH NJW 11, 630 [BAG 22.07.2010 - 8 AZR 144/09]). Ausreichend ist, wenn die Ersatzpflicht dem Grunde oder dem Verschulden nach anerkannt wird, sie muss sich nicht auf einen ziffernmäßigen Betrag beziehen (Hamm NJW-RR 23, 736 Rz 5 – Unfall). Ein entsprechender Rechtsbindungswille des Erklärenden kann nur unter engen Voraussetzungen bejaht werden (Zweibr ZIP 15, 1740 Rz 39; Hamm NJW-RR 23, 736 Rn. 5 f). Es gibt keine generelle Vermutung dafür, dass ein deklaratorisches Anerkenntnis vereinbart werden sollte (Jena 12.3.12 – 9 U 470/11, juris Rz 33). Da keine neue Schuld begründet wird, hat dieses Anerkenntnis vergleichsähnlichen Charakter, nur dass es auf einem einseitigen Nachgeben des Schuldners basiert (BGH NJW 12, 61 f [BGH 22.09.2011 - IX ZR 1/11]: trotz Widerspruchs zu zwingendem Recht). Überwiegend gilt die bloße Erklärung des Schuldners zur Prüfung und Zahlung der Forderung nicht als für die Annahme eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses ausreichend (BGH NJW-RR 07, 530 [BGH 11.01.2007 - VII ZR 165/05]; aA BeckOKBGB/Gehrlein Rz 9 mwN), auch nicht die vorbehaltlose Zahlung einer Rechnung (BGH NJW 09, 580 [BGH 11.11.2008 - VIII ZR 265/07] Rz 12 nach juris; Stuttg 26.10.22 – 3 U 384/20, juris). Ein Vertragsschluss kann noch nicht in Äußerungen zu Bestand und Höhe eines Anspruchs iRv (gescheiterten) Vergleichsverhandlungen gesehen werden (BGH NJW 98, 306f [BGH 09.10.1997 - IX ZR 269/96]). Sie sind idR nicht bindend, außer es soll nicht nur eine vorbereitende Klarstellung erfolgen, sondern gerade der in Frage stehende Punkt außer Streit gestellt werden (BGH NJW 98, 1492 [BGH 09.02.1998 - II ZR 374/96]). Der schuldbestätigende Vertrag kann jedoch selbst einen Vergleich darstellen (BGH NJW 63, 2316, 2317). Der für den Abschluss eines Schuldbestätigungsvertrags erforderliche besondere Anlass liegt im Streit oder der (subjektiven) Ungewissheit über das Bestehen der Schuld (BGH NJW 08, 3426; Zweibrücken ZIP 15, 1740 Rz 39). Irrt der Anerkennende über das Bestehen seiner Schuld, gilt das als unbeachtlicher Motivirrtum. Bei beiderseitigem Irrtum zieht die hM die Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage heran (BGH NJW 63, 2316 f [BGH 19.09.1963 - III ZR 121/62]; BeckOKBGB/Gehrlein, Rz 11; Erman/Wilhelmi Rz 11; aA Staud/Marburger § 779 Rz 18). Ansprüche durch Schuldanerkenntnis zu sichern, ist nicht rechtswidrig, solange der Gläubiger vom Bestehen der Schuld ausgehen darf (BAG BB 16, 2427 Rz 40). Haben sich bei einem vorformulierten deklaratorischen Schuldanerkenntnis beide Seiten durch gegenseitiges Nachgeben darauf verständigt, soll das Anerkenntnis einen Verbraucher nicht deswegen unangemessen benachteiligen, weil er auf Einwendungen gegen die anerkannten Ansprüche verzichtet (BGH NJW 03, 2386). Zur AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle kausaler Schuldanerkenntnisse einerseits BAG NJW 05, 3164, 3165 f (dazu Fornasier/Werner RdA 07, 235 ff; Ehmann WM 07, 329, 333; s auch BAG BB 16, 2427 Rz 42 sowie Leitmeier NZG 17, 227 ff) und andererseits BGH NJW 03, 2386 [BGH 03.04.2003 - IX ZR 113/02] (zu § 307 II Nr 1). Ein kausales Anerkenntnis ist nach hM wegen seines vergleichsähnlichen Charakters grds formfrei möglich, dh keine Schriftform erforderlich (Lotz NJW 22, 1705). § 781 findet nicht, auch nicht analog Anwendung (Staud/Marburger Rz 22; MüKo/Habersack Rz 3, 6; Grüneberg/Sprau Rz 4; aA Pawlowski JZ 68, 401, 404). Formbedürftigkeit besteht jedoch, wenn die Schuldbegründung oder -änderung nur unter Einhaltung einer bestimmten Form (zB § 311b I) möglich ist. Der Zugang der Annahmeerklärung ist idR nach § 151 1 entbehrlich (BGH NJW 00, 276f).