Prof. Dr. Petra Buck-Heeb
I. Valuta- und Deckungsverhältnis.
Rn 4
Kommt der Angewiesene der Aufforderung des Anweisenden nach, eine Zuwendung an den Dritten als Anweisungsempfänger zu erbringen, werden zwei Leistungen erbracht: Im Valutaverhältnis eine Leistung des Anweisenden an den Anweisungsempfänger und im Deckungsverhältnis eine Leistung des Angewiesenen an den Anweisenden (Simultanleistung). In dem zwischen Anweisendem und Anweisungsempfänger bestehenden Valutaverhältnis kann die Anweisung ein Schuldverhältnis (zB Darlehen, Schenkung) begründen oder der Tilgung einer bereits bestehenden Schuld dienen. Rechtlich liegt eine Leistung des Anweisenden vor. Der Rechtsgrund der Leistung iSd § 812 ergibt sich aus dem Zuwendungsverhältnis.
Rn 5
Dem Deckungsverhältnis zwischen Anweisendem und Angewiesenen kann ein Auftrag oder ein Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675) zugrunde liegen. Es kann den Angewiesenen zur Annahme der Anweisung (§ 784 I) und zur Leistung an den Anweisungsempfänger verpflichten. Ist der Angewiesene Schuldner des Anweisenden, wirkt die Leistung an den Anweisungsempfänger schuldbefreiend (§ 787). Rechtlich liegt eine Leistung des Angewiesenen an den Anweisenden vor. Der Angewiesene kann durch die Leistung auch Gläubiger des Anweisenden werden (Anweisung auf Kredit), wenn er etwa einen Aufwandsersatzanspruch gegen den Anweisenden hat (§ 670).
Rn 6
Zwischen Angewiesenem und Anweisungsempfänger besteht kein Schuldverhältnis. Ein solches wird auch nicht durch die Aushändigung der Anweisung begründet, sondern erst durch die Annahme der Anweisung, die eine abstrakte Verpflichtung des Angewiesenen ggü dem Anweisungsempfänger entstehen lässt, und durch die Leistung der angewiesenen Sachen an den Anweisungsempfänger.
II. Unabhängigkeit der Grundverhältnisse.
Rn 7
Die Anweisung ist ein abstraktes Rechtsgeschäft, dh ihre Wirksamkeit hängt nicht vom Deckungs- oder Valutaverhältnis und deren Wirksamkeit ab. Allerdings können Mängel in den Grundverhältnissen bereicherungsrechtliche Ausgleichsansprüche (§§ 812 ff) in Bezug auf diejenigen Leistungen auslösen, die in Vollzug der Anweisung erbracht wurden. Bei mangelhaftem Valutaverhältnis hat der Anweisende einen Bereicherungsanspruch gegen den Anweisungsempfänger. Ist das Deckungsverhältnis mangelhaft, steht die Kondiktion dem Angewiesenen gegen den Anweisenden zu. Liegt ein Doppelmangel (Mangel im Valuta- und im Deckungsverhältnis) vor, wird überwiegend ein Durchgriff, dh ein unmittelbarer Kondiktionsanspruch des Angewiesenen gegen den Empfänger abgelehnt und eine Rückabwicklung unter den Parteien des fehlgeschlagenen Grundverhältnisses vorgenommen (BGHZ 88, 232, 234 f; 113, 62, 65 ff; BGH NJW 01, 2880, 2881).
Rn 8
Leistet der Angewiesene aufgrund einer nichtigen oder gefälschten Anweisung hat er neben deliktischen Ansprüchen nach hM auch einen direkten bereicherungsrechtlichen Anspruch (Durchgriff) gegen den Empfänger (BGH NJW 01, 1855, 1856: vollmachtloser Vertreter; BGHZ 111, 382, 384 ff: Geschäftsunfähigkeit des Anweisenden).