Prof. Dr. Petra Buck-Heeb
I. Einordnung.
Rn 7
Die Besonderheit des Sparbuchs als Namenspapier mit Inhaberklausel ist, dass sich der Gläubiger allein aus dem bei Kontoeröffnung geschlossenen Sparvertrag ergibt. Der Sparvertrag ist nach hM ein Darlehensvertrag iSd § 488 und kein Verwahrungsvertrag iSd § 700 (BGHZ 64, 278, 284; aA München WM 83, 1294, 1295).
II. Berechtigter.
Rn 8
Regelmäßig wird der Gläubiger der Einlageforderung (Berechtigter) auch Kontoinhaber sein. Das ist jedoch nicht zwingend. Entscheidend kommt es auf die vertragliche Vereinbarung an. Berechtigter ist jedenfalls derjenige, der nach dem (erkennbaren) Willen des die Kontoeröffnung vornehmenden Kunden der Bank ggü Gläubiger sein soll (BGH NJW 94, 931; Saarbrücken MDR 03, 1003). Legt jemand ein Sparbuch auf den Namen eines anderen an, ohne es aus der Hand zu geben, wird er sich idR die Verfügung über das Sparguthaben bis zu seinem Tod vorbehalten (BGH WM 05, 462; Frankf 15.4.16 – 5 UF 55/15 Rz 30 f; Frankf 29.8.18 – 2 UF 66/18, juris, Rz 38 ff; s aber Bremen NJW 15, 564). Haben jedoch Eltern ein Sparbuch auf den Namen ihres Kindes für Einzahlungen Dritter angelegt, soll das Kind selbst dann Forderungsinhaber sein, wenn das Buch in Besitz der Eltern ist (Bremen NJW 15, 564 Rz 8). Ein eigenes Leistungsrecht des im Sparbuch Genannten kann sich im Einzelfall aus den Umständen (zB Besitzverhältnisse am Sparbuch) ergeben (BGHZ 46, 199, 201; NJW 94, 931). Wird an einen Minderjährigen geleistet, kann § 1812 zu beachten sein (Karlsr NJW-RR 99, 230 [OLG Karlsruhe 03.09.1998 - 9 U 177/97]: Auszahlung einer Versicherungssumme an Vormund). Zum Erbfall Bredemeyer ZEV 13, 483.
Rn 9
Nichtig sind Abreden im Sparvertrag, wonach der Aussteller jede das Sparbuch vorlegende Person als berechtigt ansehen kann, die ungekündigte Spareinlage entgegen zu nehmen. Zahlt die Bank an den wahren Berechtigten, ohne sich das Sparbuch vorlegen zu lassen, wirkt das nicht schuldbefreiend, wenn der Berechtigte dem Zessionar das Sparbuch übergeben hat und der Zessionar aufgrund der Sparbedingungen davon ausgehen durfte, dass die Bank nur dann eine Leistung vornimmt, wenn das Sparbuch vorgelegt wird (Hamm WM 84, 801, 802; Ddorf NJW-RR 91, 1337 [OLG Düsseldorf 27.06.1991 - 6 U 275/90]).
III. Legitimationswirkung und deren Einschränkungen.
Rn 10
Damit die Legitimationswirkung eintreten kann, ist die Vorlage des Sparbuchs erforderlich. Nicht ausreichend ist das einzelne Kontoblatt, da dieses keine Urkunde iSd § 808 darstellt (Hamm WM 85, 1290: Vorlage von Sparbuchhülle und Kontoblättern als einheitliche Urkunde). Der Sparbuchinhaber kann iRd § 808 für den Sparguthabensgläubiger lediglich solche Willenserklärungen abgeben, die erforderlich sind, die versprochene Leistung in Empfang zu nehmen (BGHZ 64, 278; aA Ddorf NJW 87, 654 mwN). Er kann aber den Sparvertrag nicht ändern (s BGH NJW 86, 2104, 2106). Ein Sperrvermerk kann deshalb allein durch den wahren Gläubiger aufgehoben werden. Auch bei Vorlage seines Reisepasses ist der Inhaber des Sparbuchs nicht legitimiert, den Sperrvermerk aufzuheben (BGH NJW 88, 2100 [BGH 14.01.1988 - III ZR 4/87]).
Rn 11
Eine Einschränkung der Legitimationswirkung des Sparbuchs kann aus verschiedenen Gründen vorliegen. Dies ist etwa der Fall bei Bösgläubigkeit: Leistet der Aussteller an einen nichtberechtigten Vorleger, tritt als Ausn von § 808 I 1 keine Befreiung ein, wenn ihm die Nichtberechtigung des Vorlegers bekannt ist (BGH NJW-RR 09, 1327; 10, 904 [BGH 10.03.2010 - IV ZR 207/08]: Versicherungsschein). Nach hM reicht es auch, wenn er diese grob fahrlässig nicht kennt (MüKo/Habersack Rz 15; Staud/Marburger Rz 24: Analogie zu Art 40 III WG; Köln VersR 90, 1338, 1339; s aber BGH NJW-RR 09, 1327). Letzteres rechtfertigt sich va daraus, dass nicht ohne Legitimationsnachweis geleistet zu werden braucht (§ 808 I 2). Eine Einschränkung der Legitimationswirkung tritt zudem bei vorzeitiger Leistung ein. Eine Befreiung erfolgt lediglich im Umfang der rechtswirksam versprochenen Leistung (§ 808 I 1). Wird daher an einen Nichtberechtigten ohne Beachtung der vereinbarten Kündigungs- oder Auszahlungsfrist geleistet, besteht kein Schutz durch die Legitimationswirkung (str, BGHZ 64, 278, 283; NJW 91, 420, 421).
Rn 12
Eingeschränkt wird die Legitimationswirkung zudem durch besondere vertragliche Vereinbarungen wie etwa Sperrvermerke (BGH NJW 76, 2211; 88, 2100, 2101). Sie umfasst grds nur Leistungen, zu denen der Aussteller vertraglich oder gesetzlich verpflichtet ist. Bei einer Zahlung vor Fälligkeit besteht daher ebenso keine Legitimationswirkung (BGHZ 28, 368, 372; 42, 302; NJW 76, 2211, 2212: Sperrung bis zur Volljährigkeit des Dritten) wie bei Missachtung des gesetzlich zulässigen Höchstbetrags (BeckOKBGB/Gehrlein Rz 4; MüKo/Habersack Rz 31 f; aA Staud/Marburger Rz 51).
IV. Abtretung, Verpfändung.
Rn 13
Die Übertragung eines Sparguthabens an einen Dritten kann formlos durch Abtretung nach § 398 erfolgen (Karlsr 8.1.19 – 9 U 5/17, juris Rz 32; NJW-RR 19, 494, 496). IdR ist die Übergabe des Sparbuchs ein wesentlicher Anhaltspunkt für die Abtretung der Forderung (BGH WM 72, 383). Das Eigentum am Sparbuch geht...