Prof. Dr. Petra Buck-Heeb
Gesetzestext
(1) 1Die Vorlegung hat in den Fällen der §§ 809, 810 an dem Orte zu erfolgen, an welchem sich die vorzulegende Sache befindet. 2Jeder Teil kann die Vorlegung an einem anderen Orte verlangen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.
(2) 1Die Gefahr und die Kosten hat derjenige zu tragen, welcher die Vorlegung verlangt. 2Der Besitzer kann die Vorlegung verweigern, bis ihm der andere Teil die Kosten vorschießt und wegen der Gefahr Sicherheit leistet.
Rn 1
Vorzulegen ist die Sache nach dem dispositiven § 811, wie in § 269, in der politischen Gemeinde, in der sich die Sache befindet (BGHZ 87, 104, 110). Wo innerhalb dieser räumlichen Grenzen (zB in den Wohn- oder Geschäftsräumen des Verpflichteten) und unter welchen Bedingungen die Vorlegung stattfindet, kann der Vorlegungsverpflichtete unter Beachtung von Treu und Glauben und der Verkehrssitte frei festlegen. Nach § 811 I 2 kann jede Partei aus wichtigem Grund Vorlegung an einem anderen Ort verlangen (Krankheit, Feindschaft, Beschaffenheit der Sache). Im Einzelfall kann bei Vorliegen eines wichtigen Grunds (zB umfangreiche Unterlagen) auch eine Pflicht zur zeitweisen Aushändigung der Sache bestehen (München NJW 01, 2806, 2807, Köln VersR 10, 1504: umfangreiche Röntgenaufnahmen; Köln NJW-RR 96, 382: Unterlagen bzgl Baumaßnahmen). Allerdings muss das dem Vorlegungspflichtigen zumutbar sein und von einer ordnungsgemäßen Rückgabe ausgegangen werden können (Köln NJW-RR 96, 382; München NJW 01, 2806, 2807; LG Kiel GesR 07, 318 f: Überlassung zur Einsichtnahme an Rechtsanwalt). Im Prozess erfolgt die Vorlegung ggü dem Gericht.
Rn 2
Die Gefahr und die Kosten (zB Verpackung, Transport, Porto, Sachverständiger) trägt der Anspruchsteller (Hamm NJW 13, 1167 [OLG München 18.12.2012 - 9 U 3932/11 Bau] Rz 69). Er hat für den Verlust oder die Beschädigung auch ohne Verschulden zu haften (Grüneberg/Sprau Rz 2). Dies erstreckt sich jedoch nicht auf andere Gefahren, wie etwa Gebrauchsentziehungskosten des Besitzers für die Dauer der Vorlegung der Sache (Erman/Wilhelmi Rz 2). Aus § 811 II analog soll sich die Vorleistungspflicht desjenigen ergeben, der Kopien verlangt (BGH NJW-RR 04, 1090, 1091). Die Kosten für die Besichtigung hat der Vorlegungsberechtigte zu tragen (München GRUR 87, 33, 34). Das soll auch für elektronische Abschriften gelten (Saarbr GesR 17, 101 Rz 57, auch zur aA). Die Erstattung der Kosten durch den Vorlegungsschuldner kann nicht iRd prozessualen Kostenerstattung erfolgen, sondern ist iRe materiell-rechtlichen Schadensersatzanspruchs geltend zu machen (München GRUR 87, 33, 34). Der Vorlegungsverpflichtete kann die Vorlegung verweigern, bis ein Vorschuss oder Sicherheitsleistung erbracht ist (§§ 232 ff). Das gilt allerdings nur, wenn Unkosten oder Gefahren zu erwarten sind.