Rn 93
Die bisherigen Erwägungen gehen davon aus, dass der Zuwendung A–C eine wirksame Anweisung des B zugrunde liegt. Fehlt hingegen eine solche Anweisung oder ist sie von Anfang an unwirksam, so fehlt auch eine dem B zuzurechnende Tilgungsbestimmung (s Rn 91 f), die sich bei näherer Betrachtung als entscheidendes Kriterium dafür erweist, die Zuwendung A–C als Leistung des B dem Valutaverhältnis zuordnen zu können (so insb MüKo/Schwab § 812 Rz 48, 63 ff, 75 ff; AnwK/v Sachsen Gessaphe § 812 Rz 148; vgl auch BGH NJW 03, 582, 583; 04, 1315, 1316 – trotz bestehender Valutaschuld; Stuttg ZIP 23, 74). Für einen Bereicherungsausgleich ›übers Eck‹ besteht dann keine Grundlage, weil B die Vermögensverschiebung nicht veranlasst hat und ihn die eigenmächtig ohne Tilgungswirkung von A erbrachte Zahlung nichts angeht. Für die Zeit vor der Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie konnte er deshalb von A gem § 812 I 1 Alt 2 verlangen, dass die mangels Auftrags ohne Rechtsgrund vorgenommene Kontobelastung durch eine berichtigende Wiedergutschrift korrigiert wird. Jetzt bestimmt § 675u, dass der Zahlungsdienstleister A dem B jede nicht autorisierte Zahlung erstatten muss und selbst keinen Anspruch auf Erstattung seiner Aufwendungen gegen B hat. Eines bereicherungsrechtlichen Ausgleichsanspruchs B-A bedarf es nicht, er ist durch § 675u ausgeschlossen (ebenso Belling JZ 10, 708, 710 f; Winkelhaus BKR 10, 441; Grundmann WM 09, 1109, 1116f). Demgegenüber muss A den gezahlten Betrag weiterhin mit der Aufwendungskondiktion (§ 812 I 1 Alt 2 – vgl Rn 66 ff; keine Leistungskondiktion, weil A ggü C keinen eigenen Leistungszweck verfolgt, sondern eine vermeintliche Weisung ausführt – s Rn 91 f) direkt von C herausverlangen, der durch § 818 III ausreichend geschützt ist (BGHZ 152, 307, 312; zuletzt BGH NJW 08, 2331, Rn 10; ebenso für den Kondiktionsanspruch der eine Kapitalanlage finanzierenden Bank, wenn der Darlehensvertrag mit dem von einem Treuhänder vertretenen Kapitalanleger wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz unwirksam ist BGH MDR 08, 1050 Rz 19). Allerdings soll C nach Auffassung des BGH jedenfalls um den mangels Tilgungswirkung der Zuwendung fortbestehenden Anspruch aus dem Valutaverhältnis bereichert sein, den A dann kondizieren und im Wege der Aufrechnung dem Anspruch des B auf Kontoberichtigung entgegenhalten kann (BGHZ 147, 145, 152).
Rn 94
Dass in derartigen Fällen der Bereicherungsausgleich bei einer Direktkondiktion A–C ansetzen muss, steht trotz mancher Differenzen über die dogmatische Herleitung dieses Ergebnisses außer Streit (zum Meinungsstand MüKo/Schwab § 812 Rz 80 ff). Richtig ist es, mit der Rspr und dem überwiegenden Teil der Lit an das im Leistungsbegriff verortete Kriterium der Zurechenbarkeit der Vermögensverschiebung anzuknüpfen (BGH NJOZ 09, 2672, 2675 Rz 21; NJW 08, 2331 Rz 10; 05, 3213, 3214; 04, 1315, 1316; 03, 582, 583; BGHZ 147, 145, 151; Ddorf ZIP 03, 897, 898; Stuttg NJW-RR 02, 1579, 1580; Staud/Lorenz § 812 Rz 51; Larenz/Canaris Schuldrecht II/2, § 70 IV 2; Reuter/Martinek 427 ff; jeweils mwN – vgl auch Rn 26). So lassen sich insb diejenigen Fälle lösen, in denen C das Fehlen der Weisung nach den Umständen nicht erkennen kann und sich die Zuwendung deshalb aus seiner Sicht als Leistung des B auf die Valutaschuld darstellt (vgl Rn 92 f). Tatsächlich liegt jedenfalls bei anfänglich fehlender Weisung (zum Widerruf einer bereits erteilten Weisung Rn 95 ff) keine Leistung des B vor, weil er keine entspr Tilgungsbestimmung getroffen hat, die A dem C als Bote hätte überbringen können (s Rn 91; BGH NJW 14, 547, 549 [BGH 21.11.2013 - IX ZR 52/13]). Die gegenteilige Erwartung des C beruht also auf einem nur durch den gleichwohl weisungsbezogenen Zuwendungsakt begründeten Rechtsschein, den B sich nach allg Grundsätzen der Rechtsscheinlehre indes nur insoweit entgegenhalten lassen muss, wie er ihn zurechenbar veranlasst hat (BGH NZI 21, 197 [BGH 29.10.2020 - IX ZR 212/19] Rn 24, 25; BGH NJW 12, 3294, 3298 Rz 42; NJOZ 09, 2672, 2675 Rz 21; NJW 08, 2331 Rz 10; 07, 3127, 3129 Rz 27; 06, 1965, 1966; 05, 3213, 3214 mwN; 04, 1315, 1316; BGHZ 147, 145, 151; vgl auch BGH NJW 06, 1731 – für Zahlungen an den Zessionar auf tatsächlich nicht von der Abtretung umfasste Forderungen; mit beachtlichen Erwägungen allgemein krit zum Kriterium des zurechenbaren Rechtsscheins: v Olshausen FS Eisenhardt, 277, 293 ff – unter Bezugnahme auf BGH NJW 06, 1731 [BGH 26.01.2006 - I ZR 89/03]; ders JR 09, 280 – Anm zu BGH NJW 09, 2331; ebenso Hager FS 50 Jahre BGH, 277, 805 ff, 819 ff – sachenrechtlicher Verkehrsschutz; ders JA 06, 738, 739f [BGH 11.04.2006 - XI ZR 220/05]). Das ist nicht der Fall, wenn er A keine Weisung erteilt hat, seine Verbindlichkeit ggü C zu tilgen. In der gerichtlichen Praxis hat sich die Rspr oft mit derartigen Fallkonstellationen befassen müssen und eine Direktkondiktion mit obigen Erwägungen bspw zugelassen bei doppelter Ausführung eines Überweisungsauftrages (BGH WM 19, 1218; Hamm ZIP 03, 662) o...