Rn 87
Ausgangspunkt für die bereicherungsrechtliche Beurteilung von Anweisungslagen ist die sog Durchlieferung, bei der B seine – zumeist kaufvertragliche – Leistungsverpflichtung ggü C dadurch erfüllt, dass er den ihm ggü in gleicher Weise verpflichteten A anweist, die Kaufsache direkt an C zu liefern. Dinglich findet dann ein Geheißerwerb zwischen B und C statt, in den A als Geheißperson und Leistungsmittler eingeschaltet ist (AnwK/v Sachsen Gessaphe § 812 Rz 137; grds zum Geheißerwerb BGHZ 36, 56; NJW 74, 1132). Zugleich erweist sich die von B veranlasste Zuwendung des A an C als Leistung mit Tilgungswirkung im Kausalverhältnis zwischen A und B (BGH NJW 03, 582, 583 [BGH 05.11.2002 - XI ZR 381/01] mwN; Medicus BürgR Rz 671 – doppelter Geheißerwerb). Bereicherungsrechtlich entsteht damit die gleiche Situation wie bei der Leistungskette (hierzu: Medicus BürgR Rz 669 ff; vgl auch MüKo/Schwab § 812 Rz 68).
Rn 88
Ist das Kausalgeschäft im Deckungsverhältnis B/A unwirksam, kann A nicht direkt gegen C mit der Leistungskondiktion vorgehen, weil A mit der Zuwendung auf Geheiß des B keinen eigenen Leistungszweck ggü C verfolgt hat, sondern seine Leistungsverpflichtung ggü B tilgen wollte (Staud/Lorenz § 812 Rz 49; Reuter/Martinek 349 ff; Erman/Buck-Heeb § 812 Rz 19; AnwK/v Sachsen Gessaphe § 812 Rz 137; iE ebenso MüKo/Schwab § 812 Rz 67). Da der Bereicherungsausgleich grds innerhalb der bestehenden Leistungsbeziehungen stattzufinden hat (vgl Rn 78), muss A sich also an B halten, der ihm gem §§ 812 I 1 Alt 1, 818 II Wertersatz schuldet (BGH NJW 04, 1315, 1316 [BGH 03.02.2004 - XI ZR 125/03]; 03, 582, 583 [BGH 05.11.2002 - XI ZR 381/01]; 01, 2880, 2881 – jeweils mwN; Staud/Lorenz § 812 Rz 50; Reuter/Martinek 394 ff; Erman/Buck-Heeb § 812 Rz 19; iE ebenso MüKo/Schwab § 812 Rz 63 ff). Als einzige Ausnahme von diesem Grundsatz eröffnet § 822 dem A die Direktkondiktion bei C, wenn die Leistung im Valutaverhältnis unentgeltlich erfolgt ist und A mit seinem Kondiktionsanspruch gegen den redlichen unverklagten B ausfällt, weil dieser sich durch die Unentgeltlichkeit der Zuwendung an C gem § 818 III auf Entreicherung berufen kann (BGH NJW 01, 2880, 2881 [BGH 24.04.2001 - VI ZR 36/00]; NJW 84, 483 [BGH 22.09.1983 - VII ZR 47/83] – entspr Anwendung; iE zu den Voraussetzungen des § 822s dort).
Rn 89
Bei fehlerhaftem Valutaverhältnis muss B sich nach obigen Grundsätzen ebenfalls iRd bestehenden Leistungsbeziehungen mit der condictio indebiti an seinen Vertragspartner C wenden (BGHZ 144, 245, 247).
Rn 90
Auch wenn beide Kausalverhältnisse im Deckungs- und Valutaverhältnis unwirksam sind – sog Doppelmangel, hat der Bereicherungsausgleich vorbehaltlich einer durch § 822 gerechtfertigten Direktkondiktion innerhalb der (fehlerhaften) Kausalbeziehungen ›übers Dreieck‹ zu erfolgen (BGH NJW 08, 2331 [BGH 29.04.2008 - XI ZR 371/07] Rz 9 mwN). A ist mithin auf die Leistungskondiktion bei B verwiesen, der wiederum C gem § 812 I 1 Alt 1 in Anspruch nehmen kann (aA HP/Wendehorst § 812 Rz 192 ff mwN, wonach B mit Rücksicht auf die monetären Unwägbarkeiten der Rückabwicklung im Dreieck insb bei darlehensfinanzierten Geschäften analog der für verbundene Verbraucherverträge geschaffenen Regelung in § 358 IV 3 wählen dürfe, entweder direkt bei A zu kondizieren oder sich an C zu halten; ebenfalls für eine Direktkondiktion B – A iRd § 9 II 4 VerbrKrG aF: BGH NJW 04, 2736, 2740 [BGH 14.06.2004 - II ZR 393/02]). Streitig ist, worauf der Bereicherungsanspruch des A gegen B gerichtet ist, wenn B noch nicht bei C kondiziert hat. Auf erste Sicht besteht die kondizierbare Bereicherung des B dann in einem auf Herausgabe des Eigentums am Zuwendungsgegenstand gerichteten Bereicherungsanspruch gegen C. Es käme also zu einer Kondiktion der Kondiktion (so BGHZ 36, 30, 32; Koppensteiner/Kramer 28 f; Esser/Weyers Schuldrecht II/2, § 48 III 3c). Damit wären indes zwei wichtige Wertungskriterien für den Bereicherungsausgleich in Mehrpersonenverhältnissen ausgehebelt (s Rn 23, 78), weil A sich wegen § 404 nicht nur den Einwendungen seines Vertragspartners B, sondern auch denjenigen des C aus dem Kausalverhältnis mit B ausgesetzt sähe und er darüber hinaus das Insolvenzrisiko beider tragen müsste. Deshalb knüpft die hL für den Bereicherungsanspruch des A gegen B daran an, dass B den eigentlichen Leistungsgegenstand nicht herausgeben kann und deshalb gem § 818 II Wertersatz schuldet (Staud/Lorenz § 812 Rz 55; AnwK/v Sachsen Gessaphe § 812 Rz 141; MüKo/Schwab § 812 Rz 69; Larenz/Canaris Schuldrecht II/2, § 70 II 2b; Lorenz JuS 03, 732f). Diese für ihn uU unliebsame Rechtsfolge kann er idR dadurch abwenden, dass er seinerseits bei C kondiziert und sodann den Zuwendungsgegenstand an A herausgibt – § 818 I. Ist der Kondiktionsgegenstand bei C nicht mehr vorhanden, bleibt es allerdings auch dann beim Wertersatz, wenn B bei C weder ein Surrogat, noch andere kondizierbare Vermögenswerte vorfindet und er deshalb mit seinem Bereicherungsanspruch ganz ausfällt. Auf den Wegfall der B...